Auf dem Panoramaweg Taubertal geht das. Und als Dreingabe gibt es herrliche Naturerlebnisse.

Eigentlich ist der Panoramaweg Taubertal als Fünf-Tages-Tour mit 135 Kilometern zwischen Rothenburg ob der Tauber und Freudenberg ganz schön sportlich angelegt. Bei den Etappen zwischen 21 und 31 Kilometer Länge muss man schon stramm marschieren – gilt es doch, im Schnitt 27 Kilometer pro Tag zu absolvieren. Da bleibt kaum Zeit für die zahlreichen Sehenswürdigkeiten oder kulinarischen Glanzlichter. Gottlob gibt es Alternativen: Zwischen den „offiziellen“ Etappenorten gibt es auch Quartiere, und so kann man auch Teilstücke als Wochenendtour absolvieren. Zum Beispiel zwischen Weikersheim und Königshofen. Auch da findet der Wanderer zahlreiche Höhepunkte.

Rittersaal und Zwergengarten

Schon bevor es richtig losgeht, sollte man sich zum Beispiel Zeit für das Schloss Weikersheim und seinen Park nehmen. Sie sind nämlich etwas ganz Besonderes. Der Renaissancebau schlägt Besucher heute noch in seinen Bann. Auch und gerade, weil man ihn an einem (heute) fast vergessenen Fleck findet: Heute führen die großen Magistralen weit daran vorbei, aber einst residierte dort ein veritabler Fürst. Der fühlte sich gewiss in seinem 40 Meter langen und zwölf Meter breiten Rittersaal wohl – nicht zuletzt, weil er dort lebensgroße Tierplastiken und eine freitragende Decke mit Jagdszenen installieren ließ. Doch Graf Wolfgang II. von Hohenlohe war nicht nur ein Fan des edlen Waidwerks. Er huldigte auch der Alchemie und versuchte, aus Steinen und unedlen Metallen Gold zu erzeugen – und er scheiterte dran, wie alle anderen. Wie dem auch sei, auch Scheitern kann faszinierend sein. Deswegen sollte man auf keinen Fall versäumen, das kleine, höchst feine Alchemiemuseum zu besuchen, das im Untergeschoss des Schlosses noch heute das Bestreben des Fürsten und auch seiner Gemahlin Magdalena von Nassau-Katzenelnbogen dokumentiert und seine Korrespondenz mit seinem Bruder im Geiste, Herzog Friedrich von Württemberg. Es sind ja oft gerade die kleinen Randerscheinungen der großen Geschichte, die ein Schmunzeln auslösen, weil sie alles menschlich machen.

Zwergengalerie Schloss Weikersheim

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Witzige Details sieht man in der Zwergengalerie von Schloss Weikersheim

Draußen im Park gibt es eine weitere derartige Randerscheinung, die zu einem der Höhepunkte des Taubertals avancierte: die Zwergengalerie. Sie stammt aus einer Epoche, die Wolfgang nicht mehr erlebte, dem Barock. Gnome waren im frühen 18. Jahrhundert in Mitteleuropa schwer in Mode, aber in Weikersheim findet sich das einzige noch komplett erhaltene Ensemble eines solchen Zwergengartens. Auch er wurde übrigens von einem Hohenloher geschaffen: Johann Jakob Sommer, der allerdings nicht den Bezug zur Antike suchte, die damals (auch in anderen Teilen des Parks) ebenfalls „in“ war, sondern zu den Menschen im Taubertal. Die Hirtin ist da ebenso vertreten wie der Hofjägermeister, die kokette Hofgärtnerin, der Faulpelz, der Trommler, die Hofköchin oder der Braumeister. Und natürlich der Kassier. Übrigens mit halb leerem Beutel. Daran hat sich bis heute bundesweit nichts geändert.

Kaiser, König, Mörike

Während Weikersheim trotz aller Schönheit und früherer und jetziger Pracht doch ein Beispiel deutscher Kleinstaaterei ist, weht nur vier Stunden zu Fuß entfernt der Wind der Weltgeschichte: Mergentheim war von 1527 bis 1809 Sitz des Deutschen Ordens. Kaiser und Fürsten waren dort zu Gast, und das mächtige und prächtige Schloss, das – wie sein Pendant in Weikersheim – aus einer Wasserburg entstand, lässt noch heute die Bedeutung spüren, die es damals besaß. Auch dank des Deutschordensmuseums, das viele Zeugnisse aus diesen Glanzzeiten parat hält und zu den Dingen zählt, für die man sich auf dieser Wanderung schon ein bissle Zeit lassen sollte.

Das gilt auch für Freunde der Ländle-Literatur: Eduard Mörike lebte von 1844 bis 1851 mit seiner Schwester Klara in Mergentheim und schrieb dort die „Idylle vom Bodensee“ (obwohl der ja weit entfernt liegt). Und er heiratete in der Schlosskirche die Offizierstochter Margarethe Speeth. Auch daran erinnert das Museum.

Luftbild Deutschordensschloss Bad Mergentheim

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Seine einstige Bedeutung spürt man noch heute: das Deutschordensschloss von Bad Mergentheim.
Wappen Deutschordensschloss Bad Mergentheim

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Dank Napoleon prangt das Wappen des Königreichs Württemberg auch am Deutschordensschloss in Bad Mergentheim.
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Napoleon war es, der den Deutschen Orden auflöste und Mergentheim („Märchedol“ sagen die Hohenloher) dem Königreich Württemberg „schenkte“. Dessen Herrscher waren so stolz darauf, dass sie ihr Wappen an prominenter Stelle am Schloss verewigten. Mergentheim bleibt übrigens die nördlichste Stadt Altwürttembergs. Manche schmerzt es daher noch heute, dass es im Zuge der Verwaltungsreform in den 1970er-Jahren den Kreissitz verlor – an (das badische) Tauberbischofsheim. Weltgeschichte im Kleinen halt. Der Panoramaweg verbindet beides.

Mit dem linken Fuß in Baden

Seinen Titel als Bad bekam Mergentheim erst vor 90 Jahren. Obwohl es als Kurort schon viel länger bekannt war und mittlerweile der größte seiner Art im ganzen Ländle ist. Für Diabetes, Essstörungen, Herz- und Kreislauferkrankungen, Krebsnachsorge, Übergewicht, Stoffwechselschwierigkeiten – für all das gibt es dort Spezialisten. Und darüber hinaus einen herrlichen Kurpark (inklusive Japanischem Garten). Den darf man auch als Wanderer bestaunen, der nur kurz und nicht zur Kur hier weilt, da der Panoramaweg mitten hindurch führt.

Dieser Weg ist etwas für Grenzgänger: Auf der Etappe nach Mergentheim sieht man kilometerlang nämlich immer noch die alten Grenzsteine, die Baden von Württemberg trennten. Man läuft quasi immer „auf der Kante“, im Extremfall mit dem linken Fuß in Baden, mit dem rechten in Württemberg. Dass das heutzutage keine Rolle mehr spielt, macht Hoffnung. Nicht nur fürs Ländle, sondern für ganz Europa.

Panoramaweg Taubertal komplett

Insgesamt 135 km in fünf Etappen:
Etappe 1: Rothenburg ob der Tauber – Tauberzell – Creglingen (22 km / 7 Std. / 384 m Aufstieg, 546 m Abstieg)
Etappe 2: Creglingen – Weikers­heim – Bad Mergentheim (32 km / 9 Std. / 620 m Aufstieg, 680 m Abstieg)
Etappe 3: Bad Mergentheim – Lauda – Tauberbischofsheim (28 km / 9 Std. / je 600 m Auf- und Abstieg)
Etappe 4: Tauberbischofsheim – Gamburg – Wertheim (26 km / 8 Std. / je 600 m Auf- und Abstieg)
Etappe 5: Wertheim – Boxtal – Freudenberg (26 km / 8 Std. / je 760 m Auf- und Abstieg)

Wer nicht hetzen will, kann die Etappen beliebig aufteilen und variieren. Unterwegs gibt es genügend Übernachtungsmöglichkeiten. Detaillierte Informationen unter: www.liebliches-taubertal.de

Die Natur kennt sowieso keine Grenzen. Entlang dieses Wanderwegs spürt man das besonders. Da führen schmale Pfade durch Wald und Wiesen, da gibt es tatsächlich noch Hecken, die in Ballungsräumen dank der „Flurbereinigung“ schon ausgerottet sind. Da hoppeln noch Hasen über die Wege, Rehe springen durchs Getreide und Vögel zwitschern in Weißdorn und Schlehen, all das, was man in den Städten vermisst. Und wohl jeder Wanderer weiß: Wenn ein Vogel in hellsten Tönen singt, dann geht das Herz auf.

Bei der Aufzählung der Landschafts-Höhepunkte fehlt freilich noch eins. Und nicht das Unwichtigste: die Weinberge. Die erfreuen tagsüber das Auge und am Abend den Gaumen, und zwar entlang des kompletten Panoramawegs – noch ein Grund, sich Zeit zu lassen und nicht durchzuhetzen. Die Winzer und Weingärtner (man beachte den sprachlichen Unterschied zwischen Baden und Württemberg) bauen dort auf 1100 Hektar fantastische Tropfen an, statistisch: zwei Drittel weiß, ein Drittel rot. Müller-Thurgau und Silvaner dominieren, aber man findet auch Kerner, Bacchus, Riesling, Ruländer und Gewürztraminer unter den Weißen und Schwarzriesling und Spätburgunder unter den Roten. Damit ist die Liste aber noch lange nicht vollständig.

Orchideen

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Auch Orchideen gedeihen an den halbtrockenen Hängen des Taubertals.

Kurzum: Auch wenn die Autobahnen am Taubertal vorbeiführen und es manchem Großstädter als das „letzte Eckle des Ländles“ vorkommen mag, lohnt es sich dennoch, dorthin zu fahren. Oder besser noch: es zu durchwandern. Mainfranken bleibt auch in der Hightech-Zeit ein Paradies. Ein von vielen vergessenes vielleicht, aber kein verlorenes. Gerde auf dem zweiten Teilstück warten noch viele romantische Plätze. Zum Beispiel die Linde oberhalb von Sachsenflur, in deren Nähe man auch Orchideen bewundern kann. Ein Stündle später ist man dann in Königshofen mit seiner Fachwerkpracht im Ortskern. Und seinem Bahnhof, in dem man in den Zug einsteigen kann, der einen binnem Kurzem zurück zum Ausgangspunkt nach Weikersheim bringt.

Teilstrecke des Panoramawegs Taubertal    

Start: Weikersheim
Ziel: Königshofen
Strecke: insgesamt 28 km (pro Tag 14 km)
Gehzeit: ohne Besichtigungen 10 Std. (pro Tag 5 Std.)
Höhenunterschiede:
1. Tag je 320 m Auf- und Abstieg,
2. Tag je 220 m Auf- und Abstieg

Von Schloss zu Schloss - Weikersheim und Bad Mergentheim

Mein Ländle

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