Ganz ehrlich? Ich persönlich wundere mich, dass der Weißburgunder erst jetzt im Kommen ist! Er ist eine wunderbare Rebsorte, bringt er doch elegante florale Weine mit Schmelz hervor. Verglichen mit dem Grauburgunder besitzt der Weißburgunder die feinere Säurestruktur. Also alles, was ich mir von einem guten Weißwein wünsche.

Weißburgunder ist schon fast ein Alleskönner

Es gibt ihn als leichte Variante für jeden Tag, aber auch im Barrique gereift oder als Großes Gewächs, gedacht als Essensbegleiter. Aus ihm kann man Sekt machen und leichte, mittelkräftige oder schwere Weine. Man kann ihn sogar als Süßwein reifen lassen. Spitzenwinzer Joachim Heger aus Ihringen am Kaiserstuhl schwärmt von diesem „Alleskönner“ und ist überzeugt, dass in naher Zukunft durchaus noch mehr Augenmerk auf Weißburgunder und Chardonnay gelegt wird. Früher gab es am Kaiserstuhl wirklich große Mengen an Silvaner. Die wurden nach und nach durch vorwiegend Weiß- und Grauburgunder ersetzt.

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Heimlicher Star

International ist der Weißburgunder aber noch nicht so häufig anzutreffen. Mit seiner langen Reifezeit und seiner Vorliebe für eher kühles Klima findet er ideale Bedingungen in Deutschland – vorzugsweise in Baden-Württemberg, aber natürlich auch in der Pfalz, an der Nahe und in der Saale-Unstrut-Region.

Weißburgunder Traube

Mein Ländle/Weingut Rainer Schlumberger

Die Beeren der Weißburgundertraube können einen hohen Zuckergehalt erreichen.

Warum wird er noch so unterschätzt?

Weil er seit jeher im Schatten des viel berühmteren Chardonnay steht. Die beiden Rebsorten gleichen sich in vielerlei Hinsicht; vor allem im Weinberg. Geschmacklich kommt der Weißburgunder oft etwas feiner und eleganter daher. Aber beide haben den Vorteil der dickeren Beerenschalen, sodass sie auch in schwierigeren, feuchten Herbsten relativ lange stabil und gesund bleiben. Als Ende der 1990er-Jahre viele Winzer in Baden verbotenerweise schon Chardonnay gepflanzt hatten, wurde der offiziell als Weißburgunder verkauft (die Profis wussten Bescheid). Der Fachmann unterscheidet die beiden Burgundersorten im Wengert an den Blättern: Bei denen des Weißburgunders begrenzt die Stielbucht das Blattgewebe. Beim Chardonnay hingegen überlappt das Blatt die Stielbucht.

Ein Wein, viele Namen

Wie der Name schon sagt, kommt er aus dem Burgund. Aber nur in manchen Rebbergen in der französischen Weinregion findet man heute noch vereinzelt Weißburgunder zwischen den Chardon­nay-Reben. Weil Experten inzwischen den gentechnischen Fingerabdruck entnehmen können, ist bewiesen, dass ganz am Anfang der Spätburgunder stand. Er ist aber sehr mutationsfreudig. So entstand im Mittelalter der Grauburgunder.

Im 19. Jahrhundert gab’s dann eine weitere Mutation, den „Weißen Burgunder“. Von dem wieder­um existieren ganz unterschiedliche Varianten. Der echte „Pinot blanc“, wie er in Frankreich heißt, bringt wenig Ertrag, dafür aber sehr hochwertige Weine. Im Elsass hingegen pflanzen die Winzer eher den „Gros Pinot blanc“; der höheren Ernte entsprechend wird er dort eher als einfacher Schoppenwein betrachtet. Eine weitere Variante vom Weißburgunder wird zwei Wochen früher reif als andere. Manche Winzer schätzen das, da so nicht alle Trauben zur gleichen Zeit in den Keller kommen und das die Erntezeit etwas entzerrt.

Terrassen Weinberge

Mein Ländle/Weingut Dautel

Ein stoffig-mineralischer Weißburgunder gedeiht auf Muschelkalk und Keuperformationen wie rund um Bönnigheim:

Von Clevner bis Traminer

Gerade im Elsass wird der Weißburgunder manchmal Clevner oder Klev­ner genannt. Das sorgt insofern für Verwirrung, als es auch einen „Klevener de Heiligenstein“ gibt, der wiederum aus der Savagnin-Traube stammt, einer Spielart des Traminers. Und auch in Baden steht die Bezeichnung Klevner für Traminer-Weine. Um das Durcheinander perfekt zu machen, versteht man in Württemberg unter dem Clevner einen Rotwein, der wiederum eine früh reifende Spielart des Spätburgunders ist. Das Ganze ist unübersichtlich.

Ein Symposium für den Pinot blanc

In Italien findet man wieder ganz andere Bezeichnungen. Der „Pinot bianco“ wächst fast nur im Norden, vor allem in Südtirol. In Eppan wurde sogar eigens ein Symposium für ihn eingerichtet: „Spatium Pinot Blanc“. Winzer aus der ganzen Welt kommen, diskutieren und probieren rund um diese eine Sorte. Viel Potenzial zeigt der Weißburgunder auch in Luxemburg, Österreich und in der Schweiz, aber auch in Slowenien und Kroatien weiß man ihn zu schätzen. Mit einer Anbaufläche von 4500 Hektar verzeichnet der Weißburgunder in Deutschland aber immer noch die größte Bedeutung. Bleibt zu hoffen, dass er sich etabliert. Verdient hätte er es.