In deinen Tälern wachte das Herz mir auf zum Leben ...“ – kein geringerer als Friedrich Hölderlin sang in seiner berühmten Neckar-Ode ein Loblied auf den Fluss. Seiner Begeisterung kann man buchstäblich nachgehen, auf dem Neckarsteig. Er zählt ganz sicher zu den attraktivsten Fernwanderwegen des Ländles. Sicher, auch wegen des Flusses. Aber vor allem wegen der vielen Sehenswürdigkeiten, die sich da entlang der Wanderstrecke aneinanderreihen: Burgen und Kirchen, romantische kleine Städtchen, Naturdenkmäler und Weinberge. Das spürt man sogar, wenn man nur einen einzigen Tag auf einer Teilstrecke der insgesamt 126,4 Kilometer langen Route unterwegs ist.

Immer wieder kann man auf dem Neckarsteig in den Spiegel deutscher Geschichte blicken und in den Fußstapfen der Historie wandern. Zum Beispiel auf der Etappe von Gundelsheim nach Mosbach, wo vor rund 500 Jahren die Bauern den Aufstand gegen die Mächtigen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation probten und dabei die majestätisch über dem Neckar thronende Burg Horneck attackierten und ziemlich derangierten. Sie beendeten damit ein wichtiges Kapitel der Historie: Nachdem der Deutschritterorden in der Schlacht von Tannenberg den vereinigten Truppen von Polen und Litauen unterlegen war, verlegte man im Jahr 1438 den ständigen Residenzsitz auf Burg Horneck, die damit in einer Reihe mit der Marienburg im heutigen Polen und dem lettischen Riga stand. Im Bauernkrieg um 1525 floh dann der damalige Deutschmeister Dietrich von Cleen nach Mergentheim und richtete da einen provisorischen Hauptsitz ein. Doch wie es bei Provisorien so üblich ist: Sie haben eine ziemlich lange Lebensdauer. In diesem Fall bis zur Auflösung des Ordens im Jahre 1809.

Horneck im Morgennebel

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Idyllische Stimmung: Horneck im Morgennebel
Horneck

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Über dem Portal von Horneck: eine allegorische Darstellung der christlichen Nächstenliebe
Gundelsheimer Stadtmauer mit Blick auf den Neckar

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Direkt unterhalb der Reste der Gundelsheimer Stadtmauer fließt der Neckar.
Weinbergmauern Michaelsberg

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Uralte Weinbergmauern entlang des Weges zum Michaelsberg
PreviousNext

Alle Ausflugsziele rund um Mosbach und alle Infos zur Stadt finden Sie hier

Ritter mit Hausarrest

Der Mann, der dem Vernehmen nach für das Schlamassel verantwortlich war, residierte derweil nur zwei Wanderstunden neckarabwärts: Götz von Berlichingens Burg Hornberg zählt zu den Glanzlichtern des Neckarsteigs. Das imposante Gebäude rückt schon nach einer halben Stunde Fußmarsch ins Blickfeld, verschwindet und taucht dann unvermittelt wieder auf, wenn man aus dem herrlichen Wald überm Neckartal heraustritt. Schon die Annäherung an dieses Bauwerk, dessen Wurzeln bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen und das im Jahr 1517 für 6500 Gulden von dem Mann erworben wurde, der dank Johann Wolfgang von Goethe in die Weltliteratur eingehen sollte, ist ein Erlebnis – und der Blick von der Terrasse bei einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wein ganz einfach ein Traum. Zynismus der Geschichte: Während die vom Götz befehligten (und wohl auch aufgestachelten) armen Leute gnadenlos dahingeschlachtet wurden, kam ihr Anführer aus dem Adelsstand eher glimpflich davon. Nicht nur, dass die Burg Hornberg von den Bauern selbstverständlich verschont blieb, er musste nur für zwei Jahre ins Gefängnis und stand dann an diesem herrlichen Fleckchen Erde unter „Hausarrest“. Der 1562 verblichene „Ritter mit der eisernen Hand“ hat überm Neckartal immerhin das gesegnete Alter von 82 Jahren erreicht.

Innenhof Burg Hornberg

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Über den Innenhof ist ein stilvolles Restaurant zu erreichen.
Mauern der Burg Hornberg

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Mächtige Mauern charakterisieren die Burg Hornberg.
Burg Hornberg

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Der Lieblingsort des Götz von Berlichingen die Burg Hornberg, liegt eingebettet zwischen Wald und Reben.
PreviousNext

Gute Tropfen, böse Zungen

Vielleicht auch wegen des guten Tropfens, der dort wächst. Götzhalde heißt die eine Lage, Wallmauer die andere, wo die Reben auf einem zehn Hektar großen steilen Hang gedeihen. Auch der Götz versorgte sich von dort. Denn wenn die Urkunde aus dem Jahr 1184 nicht täuscht, ist das Weingut Burg Hornberg das älteste im Ländle, das noch heute existiert – weltweit liegt es sogar auf Platz zwei. Kaiser und Könige aus ganz Europa standen und stehen dort auf der Kundenliste, ob sie nun noch regieren oder nicht.

In voller Länge

Exakt 126,4 Kilometer lang soll dieser Fernwanderweg sein, so die Touristikgemeinschaften Odenwald und Naturpark Neckartal-Odenwald, die das Projekt Neckarsteig koordinieren. Sie empfehlen acht Etappen, die hier in Flussrichtung aufgelistet sind. Man kann dem Neckarsteig aber genauso gut in entgegengesetzter Richtung folgen. Er ist in beide Richtungen beschildert und markiert.

Bad Wimpfen – Gundelsheim: 12 km / 350 Höhenmeter
Gundelsheim – Haßmersheim – Mosbach: 14 km / 500 Höhenmeter
Mosbach – Diedesheim – Neckargerach: 14 km / 450 Höhenmeter
Neckargerach – Neckarkatzenbach – Neunkirchen: 17 km / 350 Höhenmeter
Neunkirchen – Eberbach: 18 km / 950 Höhenmeter
Eberbach – Hirschhorn: 12 km / 500 Höhenmeter
Hirschhorn – Neckarsteinach: 15 km / 650 Höhenmeter
Neckarsteinach – Heidelberg: 23 km / 1250 Höhenmeter (sehr anspruchsvoll, diese Etappe vielleicht auf zwei Tage aufteilen)

Mehr Details gibt es im Internet unter: www.neckarsteig.de

Doch nicht nur der Adel, auch das Bürgertum sorgte für Sehenswertes; das findet man, wenn man durch die Gassen von Mosbach schlendert, das 121 Jahre lang freie Reichsstadt war, bevor Pfalzgraf Ruprecht I. sie im Jahr 1362 „kaufte“ und zum Teil der Kurpfalz machte. Den Aufschwung kurz nach 1500 kann man als Wanderer heute noch nachvollziehen: Aus jener Zeit, in der das Handwerk blühte und gedieh, stammen die vielen wunderschönen Fachwerkhäuser. An einem besonders prächtigen Exemplar, dem Palm’schen Haus am Marktplatz, fällt der geschnitzte „Neidkopf“ an einem der Eckpfeiler auf, der böse Mächte und vielleicht auch böse Zungen abwehren sollte.

Mosbach Innenstadt

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Prachtvolle Fachwerkhäuser machen den Zauber von Mosbach aus.
Kunst in Mosbach

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Die Kunst hat ihren festen Platz im Mosbacher Straßenbild, hier eine von Christel Lechners Betonskulpturen der Serie „Alltagsmenschen“, die 2014 gezeigt wurden.
Waldweg zwischen Burg Hornberg und Mosbach

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Romantische Waldstimmungen zwischen Burg Hornberg und Mosbach.
Wahrzeichen Neckarsteig

Mein Ländle / Jürgen Gerrmann

Das Wanderzeichen des Neckarsteigs erinnert an eine Welle.
PreviousNext

Viel kann man also erleben auf dem Neckarsteig. Und am Ende dann – sei es nun auf Schloss Heidelberg oder in der alten Kaiserpfalz Bad Wimpfen – mit Friedrich Hölderlin sagen: „... und all der holden Hügel, die dich Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir.“

Etappe von Gundelsheim nach Mosbach  

Strecke: ca. 14 km
Gehzeit: gut 4 Stunden
Höhenunterschied: knapp 500 m, Auf- und Abstieg
Schwierigkeit: mit durchschnittlicher Kondition leicht zu bewältigen, es geht öfter auf und ab – aber stets in überschaubaren Dimensionen; die Natur­wege können an und nach Regentagen glitschig sein, daher gutes Schuhwerk unbedingt erforderlich
Sonstiges: wegen der vielen Sehenswürdigkeiten bei der Tagesplanung nicht nur die reine Wanderzeit einkalkulieren

Neckarsteig Wanderkarte

Mein Ländle

Unterwegs auf dem Neckarsteig: Alle Details zu den neun Etappen

Weitere tolle Touren finden Sie hier