Torfig, malzig, rauchig … wer diese Kategorien kennt, weiß wohl, um was es geht. Um das Wasser des Lebens nämlich. Uisge beatha (sprich: Üschge Baehr) ist die gälische Form für das lateinische Aqua Vitae (Lebenswasser), also eigentlich alles, was hochprozentig ist. Mit dem Lauf der Zeit und der zunehmenden Anglisierung der gälischsprachigen Gebiete in Schottland und Irland wurde daraus das heutige Whisky bzw. Whiskey und damit die Bezeichnung von holzfassgereiften Getreidebränden.

Wettbewerbsfähig

Schottland, Irland, Kanada, USA sind also wohlbekannt für das flüssige Gold im Glas, aber Achtung! Auch hierzulande wächst die Konkurrenz: Vor wenigen Jahren noch belächelt, fristen die Hochprozenter made in Germany längst kein belächeltes Schattendasein mehr, sondern sind international wettbewerbsfähig. Wussten Sie zum Beispiel, dass sich mit St. Kilian die größte Destillerie außerhalb der britischen Inseln im bayrischen Rüdenau findet, nur rund 600 Meter von der hessischen und wenige Kilometer von der baden-württembergischen Grenze entfernt?

Whisky

jr/NM-Archiv

Whisky aus Deutschland ist längst keine Seltenheit mehr und braucht sich vor der Konkurrenz von den Inseln nicht zu verstecken.

Schwäbische Highlands

Und apropos Ländle: Baden-Württemberg ist Whisky-Land. Kein Bundesland wartet mit mehr Brennereien auf und hat mehr an Superlativen in Bezug auf die Edelbrände zu bieten. So findet sich die höchste Dichte an Whiskydestillerien an einem Ort außerhalb von Schottland am Rand der Schwäbischen Alb. Denn dort wächst zwar kein Wein, Getreide - vor allem Gerste, aber auch Dinkel, Weizen und Roggen - also die Grundzutat für Whisky, gedeiht hier aber prächtig. Zusammen mit dem reinen Wasser aus den Karstgebieten der Alb ergibt das beste Brennvoraussetzungen.

Schwäbische Highlands

Mathias Elle/iStock/Getty Images Plus

Karstig - baumkarg, aber fruchtbar und weitläufig: Die Hochebenen der Schwäbische Alb ähneln tatsächlich den schottischen Highlands.

Whisky-Hauptstadt Owen

Kein Wunder, dass die deutsche Whisky-Hauptstadt hier zu finden ist: Owen, das klingt schon etwas gälisch, oder? Mit Danne‘s, dem Berghof Rabel und der Destillerie Gruel „Tecker“ sind gleich drei Destillen hier zu finden und etwas weiter südlich im 30 Kilometer entfernten Heroldstatt beginnen endgültig die Schwäbischen Highlands: Hier brennt Hans-Gerhard Fink – eigentlich Landwirt von Beruf – bereits seit 1999 unter dem Label Finch einen regelmäßig preisgekrönten Tropfen.

Traditionslandschaft

Etwas weiter nordwestlich, am Rand des Schwarzwaldes markiert das Heckengäu ein Gebiet, das besonders landwirtschaftlich genutzt wird. Wo schon die Alamannen siedelten, lässt es sich heute nicht nur auf den Spuren edler Brände wandern, sondern hier findet sich mit der nach der Region benannten Brennerei eine weitere Quelle für das „Lebenswasser“.

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Auch Brenner Leonard Wilhelm setzt ganz auf regionale Zutaten: Gechingen verfügt über eigene Quellen, aus denen besonders klares und mineralhaltiges Wasser hervorsprudelt. Die Gerste stammt aus dem nahen Bondorf und wird in einer kleinen Mälzerei zum Keimen gebracht und anschließend geröstet. Und mit dem Hortar - benannt nach einem Gäukönig der Alamannen - hat Wilhelm auch den einstigen Bewohnern der Region ein flüssiges Denkmal gesetzt.

Hortar Single Malt: Ein Whisky aus dem Ländle

Oder auch hier zum Probieren (0,1-l-Flasche)

Die Leidenschaft zum Whisky hat Leonard Wilhelm bereits lange.

Anne Rummert

Die Leidenschaft zum Whisky hat Leonard Wilhelm bereits lange.
Ein Whisky muss mindestens 40 Prozent Alkohol enthalten.

Sabine Schreiber Fotografie - Stuttgarter Str. 1 - 71263 Weil der Stadt

Ein Whisky muss mindestens 40 Prozent Alkohol enthalten.
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Schwäbisch statt Gälisch

Alemannisch spricht man auch im Schwarzwald - und dass der seit jeher eine Region ist, in der das Schnapsbrennen Tradition hat, ist bekannt. Doch abseits von Kirschwasser und Obstbränden hat auch hier die Whisky-Kultur längst Einzug gehalten. Doinich Daal, da könnte man fast meinen, man habe es mit einem Schotten zu tun, doch weit gefehlt: Die Whisky-Macher haben ihren Single Malt mit dem schwäbischen Namen für ihre Heimat getauft: das Teinachtal.

Staatstragend

Auch in Alpirsbach wird längst nicht mehr nur Bier gebraut, sondern auch Whisky gebrannt. Die Klosterbrauerei dort ist nicht die einzige Brauerei im Schwarzwald, die die sinnvollen Synergien des Brauhandwerks mit Brennkunst verbindet. Nein, sogar das Land selbst hat erkannt, welch Schatz da im Malz und Schwarzwaldwasser schlummert: Die badische Staatsbrauerei Rothaus ist nicht nur eine von nur drei Brauereien im 100-prozentigen Staatsbesitz, sondern seit 2005 in Kooperation mit der Karlsruher Destillerie Kammer-Kirsch auch Hersteller des Black Forest Single Malt Whisky.

Whisky aus Karlsruhe

Aus der Fächerstadt ist seit 2015 mit Scriptor auch ein weiterer Fixpunkt in der baden-württembergischen Whisky-Landschaft zu finden. Neben der Produktion von Edelbränden haben sich Michael Schreiber und sein Team ganz dem Whisky verschrieben.  Aus Kraichgauer Gerstenmalz gebrannt reifen die Whiskys über Buchen- und Eichenholz oder werden über Torf geräuchert und anschließend im eigenen Lager mindestens drei Jahre gereift.

Video: Vorgestellt – die Scriptor Brennerei

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Seeseite

Springen wir zum Schluss noch an den Bodensee: Inmitten des malerischen Salemer Tals kreierten Hebert Senft, ehemals Kellermeister beim Markgraf von Baden, und seine Familie 2012 den ersten Whisky vom badischen Bodensee. Mit selbst angepflanzter Gerste, die an der Sonnenseite des Bodensees reift  – Bodenseewasser und Hefe wird auch hier mit Leidenschaft destilliert.

An der Quelle

Bei so viel Expertise im Land darf auch der Austausch nicht fehlen. Torfnasen und Rauchfans treffen sich einmal im Jahr auf der Herrenberger Whiskymesse oder der Whisky-Spring im Schwetzinger Schloss. Im prächtig barocken Ambiente bleibt genug Raum zum Fachsimpeln und Genießen, während die Sonne das ganzen Farbspektrum der Flaschen von Braun bis Honiggelb leuchten lässt. Single Malts – also Whiskys aus einer einzelnen Destillerie stehen dort natürlich hoch im Kurs, aber auch Blends – Mischungen aus verschiedenen Abfüllungen gibt es inzwischen made in Baden-Württemberg, ebenso wie exquisite, extrem limitierte Single-Cask-Abfüllungen.

Schwetzingen: Whisky Spring 2019

amoos

Überall an den Ständen wird bei der Whisky Spring gefachsimpelt und probiert.
Schwetzingen: Whisky Spring 2019

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Viele Fans des Lebenswassers pilgern nach Schwetzingen zur Quelle - also zur Whisky-Spring
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Drei Tage lang wird das Schwetzinger Schloss zum Anlaufpunkt für Whisky-Fans aus ganz Deutschland.
Schwetzingen: Whisky Spring 2019

amoos

Die Frühlingssonne brachte die Goldtöne in den Flaschen zum Leuchten..
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Es sind eben nicht nur Klassiker wie Glenmorangie, Laphroiag oder Lagavulin – Namen, die klingen wie aus dem neusten Game-of-Thrones-Roman oder aus Tolkiens Mittelerde-Kosmos, sondern auch Whiskys aus dem Ländle, die Kennern ein wissendes Nicken oder gar ein kleines Blitzen ins Auge zaubern. Rauchig und torfig oder süß und fruchtig, ganz egal – hier heißt es: Wir können alles, auch Whisky! Also dann, Sláinte mhath! (schottisch-gälisch, grob ausgesprochen: Slantsche-wah, also Prost!).

Whisky

Marieke Peche/iStock/Getty images plus