Bereits im Jahr 1588 ließ Markgraf Ernst Friedrich einen Entwässerungsgraben für die umliegenden Felder anlegen. Dieser historische Graben verläuft vom Schloss Gottesaue in Durlach bis nach Mühlburg und zieht sich unterirdisch durch die Stadt, südlich des Karlsruher Schlosses
Die Stadtgründung von "Carlsruhe" im Jahr 1715 und die anschließende Entstehung des "Dörfles" machten es notwendig, den Landgraben an die ursprünglichen klaren Linien und Pläne der Fächerstadt anzupassen. Diese Anpassungen sind noch heute sichtbar: Die Kapellenstraße verläuft schräg zum Lidellplatz, und die Hebelstraße knickt an einer Stelle ab. Auch die Flucht des Rathauses, die sonst symmetrischer gestaltet worden wäre, ist eine Folge des Landgrabens.
Probleme bei der Abwasserentsorgung
Mit dem Wachsen der Stadt wurde der Entwässerungsgraben zunehmend für häusliche Abwässer verwendet. Dies führte besonders im Sommer zu erheblichen Geruchsbelästigungen. Ab 1815 begann man daher, den Graben stellenweise zu überbauen. 1877 erhielt der Stadtbaumeister Hermann Schück offiziell den Auftrag, eine Kanalisation für Karlsruhe zu entwickeln.
Der unheimliche Untergrund
Neben der gespenstischen Atmosphäre und den herunterhängenden Spinnennetzen fallen in der Kanalisation die verschiedenen Baumaterialien und Stile auf, welche auf die unterschiedlichen Bauabschnitte hinweisen. Die Anwohner wählten oft ihre eigenen Materialien der Überdachungen und erlangten durch den Bau das Eigentumsrecht an den jeweiligen Grabenabschnitten; die Stadt übernahm die Überdachungen entlang der Straßen und Passagen. Erst 1905 wurden die letzten Abschnitte fertiggestellt. In diesem Zuge wurde die Kanalisation ausgebaut und korrigiert, um die zunehmenden Abwassermengen zu bewältigen.
Einblicke in den Untergrund
Der Landgraben trug durch seinen Ausbau zur Hygiene und Verhinderung der Ausbreitung von Krankheiten in der Stadt Karlsruhe bei. Seit 2002 sind Führungen durch die Karlsruher Unterwelt möglich, die beispielsweise am Lameyplatz oder an der Rheinstraße Ecke Lerchenstraße starten. Diese Touren bieten Einblicke in die Geschichte und Struktur des ehemaligen Landgrabens und in eines der größten Kanalsysteme Europas. Die Führungen können nach Absprache mit dem städtischen Kanalbetrieb stattfinden (Tel. 0721 133-7441).
Wenn Sie sich also das nächste Mal in der Hebelstraße neben dem Karlsruher Rathaus befinden, denken Sie daran, dass sich ein bis zu fünf Meter hohes Gewölbe unter Ihnen befindet.