Das Problem ist bekannt: Durch den demografischen Wandel wird die steigende Zahl Pflegebedürftiger und der Bedarf an Pflegefachpersonen weiterhin herausfordernd sein. Umso wichtiger ist die Entwicklung und der Einsatz zukunftsorientierter Lösungen.

Chancen bietet die Digitalisierung: Technische Unterstützungs- und Assistenzsysteme können Pflegende in ihrem Alltag entlasten.

Video: Wie funktioniert Digitalisierung in der Pflege?

Sensoren erkennen z.B. Wundliegen

Die positiven Seiten der Digitalisierung zeigen praxisorientierte Studien: "Wir konnten im Rahmen unseres Pflegepraxiszentrums bereits sehen, dass die Digitalisierung ein erhebliches Unterstützungspotenzial für Patientinnen und Patienten sowie Pflegende hat", berichtet Dr. Johanna Feuchtinger, Leiterin des Bereichs Qualität und Entwicklung in der Pflege im Universitätsklinikum Freiburg, über den Einsatz digitaler Instrumente im Pflegealltag.

Als Beispiel nennt sie einen Sensor, der als Hilfsmittel zur Auflagedruckmessung funktioniere. "Die Pflegenden können damit sehr genau sehen, wo der Auflagedruck der Patientinnen und Patienten am höchsten ist, und mit druckentlastenden Materialien arbeiten." So könne Wundliegen oft effektiv verhindert werden.

Auch Franz Wagner, ehemaliger Präsident des Deutschen Pflegerates, sieht große Chancen in der Digitalisierung: "Sie wird im besten Fall die Versorgung verbessern." Um das volle Potenzial der digitalen Transformation ausreizen zu können, müssten die beruflich Pflegenden in der Entwicklung jedoch mitbedacht und einbezogen werden. "Denn Technologie im Gesundheitswesen und in der Pflege wird die zwischenmenschliche Beziehung nicht ersetzen", ist sich Wagner sicher.

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Roboter kämmt Seniorin die Haare

miriam-doerr/iStock/Getty Images

Zukunktsmusik? Solche Roboter gibt es schon heute.

Skepsis gegenüber Digitalisierung in der Pflege wird geringer

Bis vor Kurzem war die Skepsis unter Pflegefachpersonen etwa gegenüber Robotik groß. Das zeigten zumindest die Ergebnisse des CARE Klima-Index, der seit einigen Jahren die Stimmung in der Branche ermittelt. Demnach ziehen die professionell Pflegenden die Ausweitung ihrer Kompetenzen den technischen Innovationen vor. Digitalisierung wurde mit Bürokratie und Mehraufwand verbunden und der praktische Nutzen schien schwer greifbar.

Aufzuzeigen, dass sie eine Entlastung für Pflegende bedeuten kann, ist daher ein wichtiges Thema in der Pflegebranche. Grundsätzlich spielt Digitalisierung in jeder Branche eine wichtige Rolle - von der Ausbildung an.

Laut dem 5. CARE Klima-Index aus dem Jahr 2022 können sich mittlerweile 32 Prozent der Befragten Pflegenden vorstellen, Robotik zu nutzen. Allerdings lag die tatsächliche Nutzung bei nur 3 Prozent. Auch das Ambient Assisted Living (altersgerechte Assistenz-Systeme/Smart Home) wird nur von 4 Prozent der Befragten genutzt, 38 Prozent möchten es in der Zukunft nutzen. Bei der Telemedizin/Telepflege lag die tatsächliche Nutzung bei 10 Prozent - 43 Prozent möchten diese in Zukunft nutzen.

Krankenschwester am Patientenbett mit Tablet

djd/Deutscher Pflegetag/Getty Images/Cecilie Arcurs

Dank digitaler Technik wird auch die Kommunikation zwischen den verschiedenen Pflegefachkräften vereinfacht - etwa durch schnelle Dokumentation übers Tablet.

Herausforderungen bei der Digitalisierung

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bietet große Chancen, birgt aber auch Herausforderungen. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen die Akteure im Gesundheitswesen eng zusammenarbeiten und ihre Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung weiterentwickeln.

Laut Digitalisierungsbotschaft (s.u.) liegen die Herausforderungen in folgenden Bereichen:

  1. Heterogene Mitarbeiterschaft:
    • Unterschiedliche Vorbildungen und Interessenlagen erschweren die Zusammenarbeit und Kommunikation.
    • Mangelndes Wissen über die Bedürfnisse und Arbeitsweisen des Gegenübers führt zu Missverständnissen.
  2. Fehlendes gemeinsames Zielverständnis:
    • Unklare Zielvorgaben und mangelnde Kommunikation behindern den Erfolg von Digitalisierungsprojekten.
    • Fehlendes Bewusstsein für die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt im Gesundheitswesen.
  3. Wissenslücken:
    • Mangelndes Grundlagenwissen zu Technologien, Abläufen und rechtlichen Rahmenbedingungen.
    • Unkenntnis über die Potenziale und Risiken der Digitalisierung.
  4. Fehlende Kompetenzen:
    • Mangelnde Erfahrung im Management von Digitalisierungsprojekten.
    • Unkenntnis neuer Arbeitsformen und -inhalte in der Medizin.
    • Bedarf an Schulungen und Weiterbildungen im Bereich der Digitalisierung.
  5. Unklare Führungskultur:
    • Traditionelle Hierarchien und starre Strukturen behindern die agile Zusammenarbeit.
    • Mangelnde Unterstützung durch Führungskräfte bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten.

Digitalisierungsbotschaft macht Pflegekräfte fit

Die Digitalisierungsbotschaft, bereitgestellt von eHealth.Business GmbH in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Pflegerat, bietet Pflegekräften kostenfreien Zugang zu ihrer Lernplattform. Ihr Ziel ist es, digitale Kompetenzen zu stärken und die Digitalisierung im Gesundheitswesen positiv zu gestalten. Mit über 200 Lerneinheiten deckt die Plattform verschiedene Themen ab und bietet ein umfassendes Angebot an Wissen und methodischem Können für die praktische Anwendung.

zur Digitalisierungsbotschaft (extern)

Finanzierung

Die DAK-Gesundheit Pflegekasse meldete im Februar 2023, dass bis dahin nur 32 Prozent der Fördergelder zur Digitalisierung von Langzeitpflegeeinrichtungen abgerufen wurden, obwohl 95 Prozent der Mittel bewilligt wurden. Das Bündnis Digitalisierung in der Pflege identifiziert strukturelle Hindernisse, darunter die Zurückhaltung bei der Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) aufgrund fehlender Vergütungsvereinbarungen und die Unsicherheit bezüglich der langfristigen Nutzbarkeit der Technologie.

Zudem weist das Bündnis darauf hin, dass kleinere Träger Schwierigkeiten haben, die erforderlichen Eigenmittel aufzubringen, und dass eine nachhaltige Digitalisierung mit den verfügbaren Fördergeldern nicht realisierbar ist.

Als Lösung schlägt das Bündnis eine Digitalisierungspauschale vor, die eine Ergänzung des Sozialgesetzbuches XI erfordert, sowie eine Anpassung der Kostenanteile im Sozialgesetzbuch V, um die finanziellen Hürden für die Digitalisierung in der Pflege zu senken.

Bündnis Digitalisierung in der Pflege

Das Bündnis Digitalisierung in der Pflege setzt sich zusammen aus VdDD und Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) als Initiatoren sowie Care for Innovation – Innovation pflegen e. V., dem Deutschen Pflegerat (DPR), dem Deutschen Evangelischen Verband für Altenarbeit und Pflege e.V. (DEVAP), dem Fachverband Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung (Digitalverband FINSOZ), dem Verband für Digitalisierung der Sozialwirtschaft (vediso) und dem Verband katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD).

zum Bündnis Digitalisierung in der Pflege