Das Hörimplantat ist ein kleiner Mini-Computer am Ohr, der dort einsetzt, wo die Hörschnecke nicht übersetzen kann oder diese Fähigkeit verloren hat.

"Die Versorgung mit einer elektronischen Hörprothese kommt infrage, wenn mit der Hörprothese ein besseres Sprachverständnis als mit Hörgeräten zu erwarten ist", sagt Dr. Klaus Domdey vom TK-Ärztezentrum und ergänzt: "Grundvoraussetzung ist aber, dass der Hörnerv noch gesund ist."

Kurz & knapp: Cochlea-Implantat - für wen?

Ein Cochlea-Implantat kommt für Menschen mit hochgradiger Schallempfindungsschwerhörigkeit infrage, die nachgewiesenermaßen einen nur mangelhaften oder fehlenden Nutzen durch Hörhilfen haben. Der Funktionsverlust der Haarsinneszellen im Innenohr wird durch das CI umgangen. Es wandelt den Schall in elektrische Signale um, stimuliert direkt die Hörnervenfasern und ersetzt somit die Funktion der inneren Haarsinneszellen. Es kommt zum sogenannten elektrischen Hören. Voraussetzung zur Implantation eines CI ist ein funktionstüchtiger Hörnerv sowie eine intakte Cochlea (Hörschnecke), um die Elektrode platzieren zu können.

Bundesweit kommen rund eine Million Menschen aufgrund ihrer ausgeprägten Hörminderung für ein Cochlea Implantat (CI) in Frage.

Bei gehörlosen Neugeborenen ist es besonders wichtig, dass die Versorgung in den ersten Lebensmonaten geschieht, damit das kurze Zeitfenster der sogenannten Hörbahnreifung genutzt werden kann.

Was ist die Hörschnecke?

Weil das Innenohr an die Form eines Schneckenhauses erinnert, trägt es den Namen Hörschnecke. Das Innenohr übersetzt Schallwellen in elektrische Impulse. Nervenenden im Innenohr nehmen diese Impulse auf und leiten sie an das Gehirn weiter. So hören wir die Geräusche und Sprache unserer Umgebung.

So funktioniert das Cochlea-Implantat

Das Implantat wandelt die Töne in elektrische Signale um und stimuliert damit direkt den Hörnerv. So übergeht das technische Wunderwerk das geschädigte Innenohr und macht das Hören wieder möglich. Die elektronische Hörprothese besteht aus zwei Teilen: Das Implantat mit der Elektrode wird operativ unter Vollnarkose in das Innenohr (Gehörschnecke) eingesetzt. Mikrofon, Sendespule und Sprachprozessor tragen Betroffene wie ein Hörgerät am Ohr. Darüber werden die Informationen zum Implantat übertragen.

Das Einsetzen des Implantats

In einer rund zwei- bis dreistündigen Operation wird die Elektrode in die Hörschnecke eingesetzt. Anschließend wird direkt im OP deren Funktion und Lage in der Cochlea per DVT (digitale Volumentomographie), eine detailgenaue Diagnostik mit wenig Röntgenstrahlung, überprüft. An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist diese Implantation trotz aller Komplexität mittlerweile ein Standardverfahren und wird mit so viel Kenntnis ausgeführt, dass die Strukturen der Hörschnecke geschützt werden - somit bleibt sogar das Restgehör erhalten. „Voraussetzung ist natürlich, dass der HNO-Chirurg große Erfahrung bei der Implantation und ein qualifiziertes Team aus Ingenieuren und Pädagogen um sich aufgebaut hat“, erklärt HNO-Klinikdirektor Prof. Prof. h.c. Dr. Thomas Lenarz. Etwa fünf Wochen nach der Operation wird der nach der OP bereits direkt angelegte Sprachprozessor eine Woche lang trainiert, und das Hör-Sprachtraining beginnt. Die tägliche Anpassung und das Hörtraining erfolgen im Deutschen HörZentrum Hannover (DHZ) durch einen Ingenieur und Therapeuten. Die Einstellung des Sprachprozessors wird täglich korrigiert für bestmögliches Hör- und Klangbild.

MED-EL Elektromedizinische Geräte Gesellschaft m.b.H.

Hören will gelernt sein

Dann beginnt die eigentliche Arbeit: Kinder und Erwachsene, die nie ein Geräusch gehört haben, oder deren Gehirn vergessen hat, was Geräusche bedeuten, müssen das Hören neu erlernen. Das ist wie bei einer Fremdsprache: Sie hören Wörter und Sätze, kennen aber ihre Bedeutung nicht. Es ist hilfreich, sich mit Erwachsenen und Kindern auszutauschen, die bereits mit einer elektronischen Hörprothese hören. Ein Audiologe passt nach der Operation den Sprachprozessor an: Das Implantat wird so eingestellt, dass Betroffene einzelne Geräusche gut erkennen und möglichst viele Töne wahrnehmen kann. Er prüft auch das Implantat regelmäßig und verfeinert die Einstellung.

Eine elektronische Hörprothese erhalten

Entscheidend für den Erfolg der Behandlung sind die Erfahrungen der Chirurgen und die Zusammenarbeit mit geschulten Therapeuten. "Wichtig ist, dass gehörlos geborene Kinder frühzeitig, am besten vor Vollendung des ersten Lebensjahres, ein Implantat erhalten", sagt Dr. Domdey. "Je früher die Operation vorgenommen wird, desto besser entwickelt sich bei den Kindern Sprache und Sprachverständnis", weiß der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Der Grund: In den ersten Lebensjahren entwickelt sich das Hör- und Sprachzentrum im Gehirn. Hört ein Kind in dieser Phase, bildet sich das Hör- und Sprachzentrum vollständig aus.

Studien belegen: Je früher das Cochlea-Implantat eigesetzt wird, desto besser

Eine Studie der John Hopkins Universität in Baltimore, USA, bestätigt dies: Kinder, die vor dem 18. Lebensmonat eine elektronische Hörprothese erhielten, hatten eine gute Sprachentwicklung und ein sehr gutes Sprachverständnis. Dem gegenüber zeigt die Studie, dass eine späte Implantat-Operation die Sprachleistung der Kinder sogar negativ beeinflussen kann.

Obwohl die klinische Routine erreicht ist, bleibt es eine Spezialchirurgie. Die-CI Versorgung gelingt für den Patienten daher nur sinnvoll, wenn ein hohes Maß an täglicher Routine sowohl in der Implantation als auch in der technischen Anpassung vorliegt. Die jährlich 500 neuen Patienten an der MHH (von ca. 3000 deutschlandweit) profitieren auch nach der Implantation von der wachsenden Expertise im DHZ.