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Ungleiches Freundes-Trio

Der kleine Vampir fliegt durch Schwetzingen

Schwetzingen: Der kleine Vampir im theater am puls

Nicole Böhm/tap

Unheimliche Begegnung der vampirischen Art.

Ach, sturmfrei kann so schön sein … die Eltern Bohnsack sind mal wieder ausgeflogen, um das Tanzbein zu schwingen, und Junior Anton (Léonard Georgi) kann endlich mal lang aufbleiben, den Spätfilm im Fernsehen schauen und in seinen Vampirbüchern schmökern – da können die Mathehausaufgaben ruhig warten.

Doch mit mitternächtlichem Besuch hat Anton nicht gerechnet – schon gar nicht mit einem, der durchs Fenster kommt – im achten Stock! Rüdiger (Wassim Saadi) riecht etwas streng, ist beim ersten Aufeinandertreffen auch eher etwas rabiat, was eventuell mit seinem Blutdurst zusammenhängt, schließlich ist er schon 147 Jahre alt und ernährt sich von Blut, eben auch Antons. Doch bald schon wächst aus der ungestümen Erstbegegnung so etwas wie Freundschaft – nicht zuletzt wegen Antons Begeisterung für alles, was mit Vampiren zu tun hat. So, dass Mama Helga (Marie Eberhardt) und Papa Anton Senior (Michael Hecht) schon sehr bald feststellen: „Unser Sohn hat die Schlafkrankheit, keinen Appetit und einen Freund, der beim Friedhof wohnt und nachmittags schläft, weil er nachts Karneval feiert.“

 

Schwetzingen: Der kleine Vampir im theater am puls

Nicole Böhm/tap

Papa (Michael Hecht) und Mama (Marie Eberhardt) Bohnsack müssen manches erzieherische Gespräch mit Anton (Léonard Georgi) führen.

Familienbande

Ganz stimmen tut das natürlich nicht. So ein Vampirleben ist auch ohne Karneval wild genug und Anton ist bald mittendrin im turbulenten Getümmel. Schließlich wohnt Rüdiger nicht alleine auf dem Friedhof, sondern teilt sich die Schlotterstein’sche Familiengruft mit seiner exzentrischen und notorisch blutdurstigen Tante Sabine (Klaus Herdel, wieder einmal in einer Paraderolle), seinem pubertären Bruder Lumpi (Jonas Werling) und seiner kleinen Schwester Anna (Carlotta Seßler), deren Vampirherz Anton im Sturm erobert.

Und dann gibt es da noch den grimmigen Friedhofswärter Geieradler – pardon Geiermeier (Johannes Szilvassy), der dank Umschulung mit Pflock und Hammer daran arbeitet, den Friedhof der Stadt zum ersten vampirfreien Friedhof Europas zu machen – und das trotz seiner ausgeprägten Knoblauchallergie. Was sich Anton alles einfallen lässt, um das Geheimnis der Geschwister Schlotterstein vor seinen Eltern und dem Rest der Welt sicher zu bewahren, welche Rolle der misstrauische Udo Holzapfel (Tobias Rieseberg) dabei spielt und warum am Ende alle eine wilde Party in der Wohnung der Bohnsacks feiern, das lässt sich am Besten im theater am puls anschauen.

Schwetzingen: Der kleine Vampir im theater am puls

Nicole Böhm/tap

Deutschlands grimmigster Umschulungsmaßnahmenteilnehmer: Friedhofswärter Geiermeier (Johannes Szilvassy).
Schwetzingen: Der kleine Vampir im theater am puls

Nicole Böhm/tap

Der fiese Udo (Tobias Rieseberg) versteht leider wenig Spaß.
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Kleine Profis

Wer nun noch nicht verstanden haben sollte, um was es dort im diesjährigen Familienstück geht: um Blutsauger, Untote, Vampire. Genauer um den „Kleinen Vampir“, wie das Kinderbuch von Angela Sommer-Bodenburg heißt, das seit den 80er Jahren Millionen Kinderzimmer erobert hat. Joerg Steve Mohrs bewährtes Rezept, Hauptrollen konsequent mit Kindern zu besetzen, geht auch dieses Mal wieder auf: das ungleiche Freundes-Trio Anton, Rüdiger und Anna steht absolut professionell auf der (Dreh-)Bühne und alle drei wirken, wie wenn sie das schon immer gemacht haben. Besonders Carlotta Seßler als entzückende Jungvampirin verzaubert nicht nur Anton, sondern mit ihrer neunmalklugen Art auch das Publikum.

Schwetzingen: Der kleine Vampir im theater am puls

Nicole Böhm/tap

Müssen sich öfters mal unter Antons Bett verstecken: Rüdiger und Anna von Schlotterstein (Wassim Saadi und Carlotta Seßler).

1, 2, 3, 4 ...

Doch haben wir nicht was vergessen? „Anton, wie kommt denn eigentlich die Band in unsere Garage“, fragt Frau Bohnsack an einer Stelle. Richtig! Die Band. Ohne die wäre die Inszenierung um eine ganze Ecke ärmer. Stefan Ebert, musikalisches Mastermind hinter inzwischen schon zahlreichen tap-Inszenierungen, greift live auf der Bühne in die Bass-Saiten und Tasten und hat sich mit Dean Seibt an den Drums und Jonas Werling Verstärkung geholt – ja genau der Jonas Werling, der auch den Lumpi gibt. So ein Untoten-Leben als gitarrenspielender Punkrocker passt schließlich prima zum Teenage-Vampir-Lifestyle. Live on Stage im theater am puls also: die RechtschreibpfÄhler. Drei Musiker, drei Akkorde und jede Menge freche Songs, die auf liebenswert-schräge Art mal an die frühen Ärzte erinnern (die sich ja auch gerne Vampirischem widmeten), mal an NDW-Hits, zu dem die tanzwütigen Bohnsacks auch gerne das Tanzbein schwingen.

Schwetzingen: Der kleine Vampir im theater am puls

Nicole Böm/tap

Mit den "RechtschreibpfÄhlern" geht auf der Bühne der Punk.
Schwetzingen: Der kleine Vampir im theater am puls

Nicole Böhm/tap

Teenager Vampir: Lumpi (Jonas Werling) rockt auch als Punker die Bühne
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Zeitreise

Überhaupt: die ganze Inszenierung ist eine Hommage an die 80er Jahre: vom Goonies-Plakat in Antons Kinderzimmer über Michael Jackson Tanzschritte bis hin zu Vokuhila und Dauerwelle und Schulterpolster bei Papa und Mama Bohnsack. Wer sich jetzt auf eine Zeitreise begeben und sehen will, was Vampirjäger Geiermeier zur Feststellung „das ist alles sehr merkwürdig“ verleitet, der muss sich noch bis ins neue Jahr gedulden. Sämtliche Vorführungen bis Ende Januar sind bereits ausverkauft. Gut für das gebeutelte kleine Schwetzinger Theater, das mit dieser Inszenierung einmal mehr beweist, dass es zu den besten Kulturstätten in der Region zählt.

Lust bekommen? Hier der Trailer zum Stück