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Die andere Seite der Sucht

Wo ein Mensch süchtig ist, gibt es immer Mitbetroffene (Ehepartner, Kinder, Eltern, Kollegen), die verstrickt sind in die Sucht. Aus Unwissenheit und/oder Schamgefühl, wird dann oft versucht, die Sucht ihres Partners, Elternteils oder Kollegen zu vertuschen und zu überspielen. Der Zustand des Süchtigen ist peinlich, und nach außen hin soll der Eindruck vermitteln werden, dass alles unter Kontrolle ist. 

Häufig übernehmen sie die gesamte Verantwortung für den Süchtigen, versuchen, den Alltag allein zu stemmen. Dazu kommen Schuldgefühle und die Verdrängung von Sorgen oder Gefühlen, die das eigene Leben betreffen. Die Last ist enorm.

Dann wird die Sucht bagatellisiert, gerechtfertigt. Der Abhängige wird sogar vor dem engsten Umfeld entschuldigt. 

Frauen von Alkoholikern denken sich für den Arbeitgeber Alibis aus. Sie holen den Mann abends aus der Kneipe ab, damit er nicht ganz versackt. Kinder von tablettensüchtigen Müttern übernehmen die Erwachsenenfunktionen, damit die Familie nicht auseinanderbricht. Mütter bezahlen die Schulden von spielsüchtigen Kindern und nehmen einen Kredit nach dem anderen auf. Kollegen übernehmen die Arbeitsaufgaben des Süchtigen …

Sie alle möchten helfen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ihre Unterstützung hilft dem (der) Süchtigen eher, weiter mit der Sucht zu leben, als von ihr loszukommen. Es besteht der übermäßige Wunsch, ihn retten und seine Sucht kontrollieren zu wollen. Alles Denken, Fühlen und Handeln dreht sich um den Suchtkranken, eigenen Interessen, Aktivitäten und sozialen Kontakte werden untergeordnet, vernachlässigt oder aufgegeben.

Das ist die andere – oft ungesehene – Seite der Sucht.

Wir, Betroffene und Angehörige, sprechen auch darüber. Wir treffen uns montags 19:00 Uhr, Treff Impuls. www.freundeskreis-sucht-le.de