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Die zwei Seiten von Mährobotern bei der Rasenpflege

Junger Igel auf einer Rasenfläche.

Marc Scharping

Junger Igel auf einer Rasenfläche.

Viele Aktivitäten des täglichen Lebens sind nicht gerade „vergnügungssteuerpflichtig“: das Staubsaugen, das Zähneputzen oder das Rasenmähen zum Beispiel. Daher greifen wir gerne auf elektrisch-elektronische Helfer zurück, die uns die „Arbeit“ erleichtern sollen. So sind Saugroboter oder Mähroboter die aktuellen Renner in der Verkaufsstatistik von Elektromärkten und erfreuen sich einer ungebrochenen Beliebtheit, ersparen sie uns doch Zeit für mühsame, wenig erfreuliche Tätigkeiten in der frischen Luft im Garten. Auf der anderen Seite sind wir praradoxerweise gerne bereit, Geld dafür auszugeben, an Lauf- und Bewegungsinstrumenten in einem Indoor-Studio in Gemeinschaft mit anderen, aber meist isoliert, zu schwitzen und uns körperlich zu betätigen. 
Sehen wir uns den Mähroboter und seine „Arbeitserleichterung mal genauer an:
Was viele nicht wissen: Für Igel und andere Kleintiere wie Insekten, Reptilien oder Amphibien sind die Geräte oft eine tödliche Gefahr, besonders, wenn sie in der Dunkelheit zum Einsatz kommen. Durch die häufigen Einsätze im Dienste, das Gras kurzzuhalten, werden darüber hinaus auch die letzten Gänseblümchen und Löwenzähne im Einheitsgrün unterdrückt - das Nachsehen haben bestäubende Insekten.

Seitdem der eigene Garten nicht mehr primär dazu dient, Menschen mit frischem Gemüse und Obst zu versorgen, hat der Rasen das Gemüsebeet als zentrales Gartenelement abgelöst. Ein Rasen nimmt oft die größte Fläche am Haus ein, wird mit großem Aufwand gehegt und gepflegt, gedüngt, gejätet und gemäht. Die natürlichere Form des Gartens als Wildblumenwiese ist in deutschen Gärten eher die Ausnahme. Das Gras wird heutzutage gerne mithilfe von Mährobotern kurzgehalten. Sie rumpeln selbstständig und vollautomatisch über den Rasen und schneiden alles kurz und klein – nicht nur die Grashalme, sondern häufig auch Wild- und Kleintiere, die dort nach Futter suchen und nicht schnell genug flüchten können.

Mähroboter sind fahrende Computer mit eingebautem Mähwerk. Sie mähen unabhängig von ihrem Besitzer und kontinuierlich eine vorgegebene Fläche. Diese wird durch einen Draht begrenzt, an dem sich die Geräte orientieren (neuere Geräte verzichten gar auf den Begrenzungsdraht und kombinieren GPS-Daten mit Sensoren). Ihre Wege innerhalb der Fläche suchen sie sich selbst, Hindernisse erkennen sie über eingebaute Sensoren. Auch ihre Akkus laden Mähroboter ohne unser Zutun, und die Mähzeiten werden zuvor festgelegt, frei nach dem Motto „lieber häufiger als zu selten“. 

Kollateralschäden: Schnittwunden und schwer verletzte Tiere

Doch ganz so unkompliziert ist es nicht, wie die Stiftung Warentest feststellen konnte. „Einfach in den Garten setzen und (den Mähroboter) loslegen lassen – das funktioniert nicht“, heißt es in der April-Ausgabe 2022 der Zeitschrift „Test“. Die Warentester haben Mähroboter unter die Lupe genommen. Viele Modelle konnten Steigungen und feuchten Rasen mehr schlecht als recht meistern. Auch fielen fast alle durch die Sicherheitsprüfung. Nur ein Einziger erkannte den im Gras liegenden „Kinder-Prüfarm“ als Hindernis und drehte ab. Alle anderen verletzten den Arm.

Tipp: Machen Sie den „Apfeltest“. Legen Sie dazu einen ca. 200 g schweren Apfel ins Gras und beobachten Sie, ob ihr Mähroboter diesen als Hindernis erkennt und ausweicht oder über ihn hinwegfährt.
Auch ein Absuchen des zu mähenden Bereichs vor der Mähaktion wäre eine sinnvolle Ergänzung, um Verletzungen an Tieren zu verhindern, das träfe auch für die gerne (zusätzlich) benutzten Motorsensen zu.


Die rotierenden Klingen der Mähroboter können Wildtiere wie Igel, Kröten, Eidechsen, Grashüpfer oder Spinnen, die im Garten nach Fressbarem suchen, verletzen oder gar töten. Insbesondere für Igel, die bei Gefahr nicht flüchten, sondern sich im Vertrauen auf ihre Stacheln zusammenrollen, geht eine Begegnung oftmals tödlich aus. Das zeigt auch eine Studie der Universität Aalborg in Dänemark, die 18 Mähroboter anhand von Kadavern kurz zuvor gestorbener Igel getestet hat. Keines der Geräte erkannte die im Gras liegenden kleineren Igel vor dem Aufprall als Hindernis. Manche fuhren sogar über sie hinweg und fügten ihnen Verletzungen unterschiedlicher Schwere zu – darunter Schnittwunden, amputierte Gliedmaßen und aufgeschlitzte Bäuche.

 

Abhilfe: Einsatz nur am Tag und verwilderte Ecken als Igel-Unterschlupf stehen lassen

Im Interview mit der Stiftung Warentest empfiehlt Sophie Lund Rasmussen, Autorin der Studie, Mähroboter so zu programmieren, dass sie nur tagsüber laufen. Denn Igel sind Nachttiere, die nahezu ausnahmslos mit einsetzender Dämmerung auf Futtersuche gehen. Insekten sind nachts (bei kälterer Witterung) nahezu unbeweglich und können oft nicht schnell genug entkommen, tagsüber ist das alles kein Problem, da sind sie schnell auf „Betriebstemperatur“. Die Stiftung rät zudem, Mähroboter aus einem Teil des Gartens auszusperren und dort das Gras hochwachsen zu lassen. In solchen verwilderten Ecken, idealerweise angereichert mit Totholz und Reisighaufen, finden Igel und andere nachtaktive Wildtiere tagsüber Unterschlupf.

 

 

Das würde ebenso dem Erhalt der Artenvielfalt dienen, die auch in Deutschland in besorgniserregendem Tempo schwindet. Die Biomasse der Insekten, hierzulande, sei innerhalb von 30 Jahren um drei Viertel geschrumpft, berichtet Matthias Glaubrecht, Professor für Biodiversität der Tiere an der Universität Hamburg. Zugleich seien die Brutvogelbestände um bis zu 50 Prozent eingebrochen: „Für viele Vögel sind Insekten die Nahrungsgrundlage“, erläutert er. „Sie finden einfach nicht mehr genug zu fressen.“

 


Der Garten: ein wichtiges Refugium zum Erhalt der Artenvielfalt

Mähroboter und andere Mähgeräte sind Teil dieses Problems. Durch das regelmäßige Mähen, Düngen und auch Mulchen verdrängen Gräser nach und nach die Blühpflanzen, und es entsteht eine grüne Monokultur, in der es für Insekten keinerlei Nahrung mehr gibt. Denn Gräser bilden zwar Pollen, der jedoch über den Wind verbreitet wird, aber keinerlei Nektar für die bestäubenden Insekten. „Auf einem sterilen Rasen werden Vögel und Igel nicht satt“, stellt Glaubrecht fest. Für den Evolutionsbiologen repräsentieren Mähroboter den allgemeinen Trend zur Vereinheitlichung von Gärten. „Sie sind heutzutage oftmals nicht mehr als von Drahtzäunen oder Gabionen umgebene Rasenflächen mit Randbewuchs aus Standardpflanzen wie Buchsbaum und Rhododendron“, führt er aus.

Dabei sind Privatgärten wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt: „Für wild lebende Tiere im Siedlungsraum stellen sie einen der wenigen Rückzugsorte dar“, erläutert der Wissenschaftler. Er rät, der Natur im Garten mehr Freiraum zu verschaffen. Einfach wachsen zu lassen, was da wächst. „Nach ein paar Jahren kommen die Pflanzen durch, die dort hingehören“, sagt Glaubrecht. Unterwuchs und Dickicht unter Hecken und Sträuchern solle man als Schutzraum für Wildtiere belassen. Wer dazu noch Klee, Löwenzahn und Gänseblümchen im Rasen als Lockmittel für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge zulässt (oder gar fördert) leistet seinen kleinen Beitrag zur Artenvielfalt.

 

Bei der Abfassung dieses Artikels hat sich der Autor an den sehr interessanten Artikel auf der NABU (Bundes-)Homepage „Mähroboter im Garten – Tödliche Gefahr für Igel und Co.“ von Hartmut Netz gehalten.

www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/pflege/28166.html

Erdkröte kriecht unter dem Laub hervor.

Kathy Büscher, NABU Rinteln

Erdkröte kriecht unter dem Laub hervor.
Grünes Heupferd im Gras.

NABU/CEWE/Gabriele Fetscher

Grünes Heupferd im Gras.
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