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Vernissage

Eine Künstlerin, die die Welt auf den Kopf stellt

Annette Streyl

irs

Annette Streyl

Annette Streyl ist Bildhauerin mit Leib und Seele. „Kleine Welten“ heißt ihre Ausstellung in der Alten Post, die noch bis zum 12. Mai in der Galerie in der Alten Post in Eislingen zu sehen ist.
Die Bildhauerei hat Annette Streyl von der Pike auf gelernt. Die 58-jährige Hamburgerin ist ausgebildete Stein­metzin und Meisterschülerin von Franz Erhard Walther. Sie deckt verschiedenste Aspekte dreidimensionaler Gestaltung ab.
Groß, klein, hart, weich
Das gegenläufige Verfahren präsentiert sich in ihren Werken, Großes wird klein, Hartes weich, aber auch Altes neu und umgekehrt. Alltägliche Gegenstände, etwa Geschirrhandtücher, werden in unvergänglichen Marmor gehauen. Daneben hängt, fast unscheinbar, die Zeichnung eines Geschirrhandtuchs am kleinen Haken, gerahmt als Bild an der Wand.
Clemens Ottnad hat bei der Vernissage in die Ausstellung eingeführt. „Nichts ist vor Annette Streyl sicher“, sagte er. Ob verschiedenste Werkstoffe, Techniken oder Verarbeitungsmethoden, Zeitepochen oder Kulturgeschichte. Groß und Klein verbinde sich wie selbstverständlich in einem einzigen Vorstellungskosmos, der unmittelbar die scheinbar leichthändige Seh- und Spiellust an allem Materialen, was jeden im Privaten sowie in einer größeren Öffentlichkeit umgebe, deutlich machen lässt. „Leitmotivisch zieht sich durch die gesamte Ausstellung die kleinkarierte Ikone des alltäglichen Abwasches, in Form allseits bekannter Geschirrhandtücher, mit Schlaufe bewehrt, an einem Haken aufgehängt“, sagte Ottnand.
Charakteristische Transformationen
Schier denkmalwürdig Stein geworden sind die Werke der Künstlerin. Streyl beschäftigt sich natürlich nicht nur mit den Alltagsgegenständen aus der heimischen Küche. Transformationen seien charakteristisch für die gesamte Arbeit der Hamburgerin. Transformiert hat sie auch die Große Halle Berlin. Die Ruhmeshalle wurde im Dritten Reich zwar geplant, aber nie realisiert. Nach Streyls Vorgaben, aus Wolle gestrickt, hängt das Monument, gleich eines Theatervorhangs, an der Leine von der Decke.
Auf dem Boden liegt gestricktes Stäbchenparkett, drapiert auf Wellpappe, die sich ebenso als Unter- oder Hintergrund, durch die Ausstellung zieht. „Die Pappe schafft Verbindung“, erklärt Annette Streyl. Decollagen vermeintlich wertloser Einwegmaterialien an Obstkisten reihen sich ein. Zur Verwendung kommen auch billige Baumarktmaterialien, etwa Schalbretter oder Siebdruckplatten, die die Faszination der Künstlerin für die alten Meister, allerdings im neuen Gewand , zum Ausdruck bringen. Zeugen der Steinbildhauerei sind die kleinen Köpfe, auf scheinbar schwebenden Steinen, filigran gemeißelt, die wie mutwillig aus der Fassade historischer Gebäude gebrochen wirken. Und auch ihnen dient teilweise die Industriepappe als Rahmen. Ob „Kleine Welten“, wie die Ausstellung titelt, oder größere Welten, Annette Streyl stellt sie beide auf den Kopf. irs