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Karenzzeit vor Wahlen - muss das sein? Und wenn ja, wie lange?

Keine Berichte, Stellungnahmen sowie Terminankündigungen der Fraktionen, Parteien und Wählervereinigungen im Amtsblatt 8 Wochen vor der Wahl am 9. Juni. Dies hat der Gemeinderat am 19. März dieses Jahres ohne unsere Stimmen beschlossen. 

Worum geht es? 

Veröffentlichungen der Fraktionen im Amtsblatt unterliegen einer Karenzzeit, die die Kommune im Rahmen der Rechtsprechung selbst festlegen kann. Dies steht so im Kommunalwahlgesetz. Das Amtsblatt ist das offizielle Mitteilungsorgan der Gemeinde und diese darf sich nicht am Wahlkampf beteiligen. Es gilt die sogenannte Neutralitätspflicht. Die Kommune hat im Rahmen der Gesetze aber Ermessensspielräume bei der Dauer der Karenzzeit. In der Praxis reicht die festgesetzte Frist von 6 Wochen bis 6 Monate.

Bisher hatte der Gemeinderat in unseren Amtsblattstatuten eine Karenzzeit von 6 Wochen festgelegt. Die neueste Empfehlung des Regierungspräsidiums lautet aber, dass 8 Wochen nicht unterschritten werden sollen. Verwaltung und alle Fraktionen, mit Ausnahme der unseren folgten dieser Empfehlung, um die Neutralitätspflicht nicht zu verletzen und nicht Gefahr laufen, dass irgendjemand auf die Idee kommen könnte, die Wahl anzufechten. 

Wir hinterfragen diese Regelung!

Gerade durch diese lange Karenzzeit entsteht in diesem Jahr beispielsweise die Situation, dass mögliche zur Wahl zugelassene neue Wahlvorschläge nur in einer einzigen Amtsblattausgabe, nämlich der am 12.4., die Möglichkeit bekommen können, ihre Kandidat*innen in einer eigenen Rubrik vorzustellen, während dies die bisher im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen schon seit Wochen machen. Für uns eine klare Benachteiligung eventueller neuer Wahlvorschläge und – wer ihn sucht - ein Grund zur Wahlanfechtung!

Wir haben leider das Gefühl, dass unsere Stadt eine aus unserer Sicht fragwürdige Regelung in vorauseilendem Gehorsam erfüllt. Wir hätten uns stattdessen einen Vorstoß gewünscht, der die Parteien und Wählervereinigungen mehr unterstützt bei ihrer politischen Arbeit. Parteien haben nämlich laut dem Parteiengesetz u. a. folgende Aufgaben: Sie nehmen Einfluss auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung, fördern die Teilnahme von Bürgern am politischen Leben und sollen zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranziehen. Eine Wählervereinigung sollte da nicht anders agieren. 

Demokratie stärken! 

Dies sind wichtige Aufgaben, die die Demokratie stärken und am Leben erhalten! Dieses Thema haben wir in dieser Amtsblattausgabe auch auf zwei Sonderseiten im vorderen Teil dieses Amtsblattes. Statt einer Behinderung unserer Arbeit hätten wir uns gewünscht, dass wir durch das viel gelesene Amtsblatt gerade auch vor Wahlen die Unterstützung bekommen, die wir brauchen und nicht durch fragwürdige Vorschriften eingeschränkt werden. Wir hätten uns gewünscht, im Amtsblatt noch viel ausführlicher unsere Listenkandidat*innen mit ihrem Engagement und Zielen für die Stadt vorstellen zu können, als dies bis jetzt der Fall war. Nicht zuletzt um Sie, liebe Wähler*innen zu motivieren, zur Wahl zu gehen und sich vielleicht darüber hinaus noch für ein lebenswertes LE zu engagieren.