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Urteil vom Finanzgericht Baden-Württ.

Kindergeld auch für Stiefkinder trotz Trennung

Als Kinder gelten auch die Kinder des Ehegatten, die der nicht verwandte Kindergeldberechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat. Gleiches gilt bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Hierbei handelt es sich um ein Stiefkindverhältnis, für das das Stiefelternteil einen Kindergeldanspruch hat.

In einem Streitfall vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg war eine eingetragene Lebenspartnerschaft betroffen. Im gemeinsamen Haushalt wohnten neben den beiden biologischen Kindern der Klägerin auch die biologischen Kinder der Partnerin, die mit der Eintragung der Lebenspartnerschaft Stiefkinder der Klägerin geworden waren. Nach einigen Jahren kam es zur Trennung. Die Lebensgefährtin der Klägerin verließ diese mit ihren leiblichen Kindern. Später zog eines der Kinder zunächst zu seinem Vater und dann wieder in den Haushalt der Klägerin.

Die Klägerin stellte den Antrag auf Kindergeld für das Kind, den die Familienkasse ablehnte. Zur Begründung führte die Familienkasse aus, dass das Kind nicht mehr berücksichtigungsfähig sei, weil es nach der Scheidung nicht mehr im Haushalt der Klägerin gelebt habe, sondern zunächst bei seiner Mutter und dann bei seinem Vater zuhause gewesen ist. Damit endet das Stiefkindschaftsverhältnis. Die erneute Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Klägerin führe nicht automatisch zu einem neuen Stiefkindschaftsverhältnis. Ein Anspruch auf Kindergeld bestehe nur dann, wenn das Kind nach der Scheidung durchgehend im Haushalt des Stiefelternteils lebe.

Das FG Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 4. August 2023, Az. 13 K 254/23, dass die Kinder des geschiedenen oder verstorbenen Ehegatten bzw. Lebenspartners auch als Kinder des Stiefelternteils zählen, wenn sie nicht durchgehend im Haushalt verblieben sind. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch besteht zwischen der Klägerin und ihrem Stiefkind im ersten Grad eine Schwägerschaft. „Diese bleibt auch erhalten, obwohl die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist. Somit kann das Stiefkindschaftsverhältnis entgegen der Auffassung der Familienkasse aus rechtlichen Gründen nicht erlöschen“, erklärt der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg.

Das FG begründete seine Auffassung ferner damit, dass der Wortlaut der Vorschrift zu kurz greift. Die Vorschrift beruht auf einer verwaltungstechnischen Zuordnungsmöglichkeit der Kinder im Rahmen neuer Eheschließungen. Das greift aber nicht weit genug, da nicht berücksichtigt wird, dass das Kindergeld der steuerlichen Freistellung des Familienexistenzminimums und der Förderung der Familie diene. „Grundsätzlich sollte jedoch diejenige Person zuerst von dieser Entlastung und Förderwirkung profitieren, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen, ihm Unterhalt gewährt und es in ihre Familie integriert hat“, erläutert der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg. Damit hat das FG die Vorschrift im Zuge der Rechtsfortbildung erweitert. Da noch keine höchstrichterliche Klärung zur Frage vorliegt, ob und unter welchen Bedingungen auch nach Auflösung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft weiterhin ein Kindergeldanspruch für Stiefkinder besteht, hat das FG die Revision zugelassen.

Weitere steuerliche Auswirkungen einer Scheidung hält der Bund der Steuerzahler im Ratgeber Nr. 57 Scheidung und Steuern bereit. Diese und weitere Materialien sind für Mitglieder online unter www.steuerzahler.de/ratgeber/abrufbar oder können beim Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg e.V. unter der gebührenfreien Rufnummer 08000 / 76 77 78 kostenlos bestellt werden.