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Lieder von Liebe und Freiheit

Martina Netzer singt zum Weltfrauentag 2024 in Schwetzingen

Martina Netzer (rechts) auf der Bühne der Stadtbibliothek in Begleitung von Luzia Storf.

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Martina Netzer (rechts) auf der Bühne der Stadtbibliothek in Begleitung von Luzia Storf.

Zahlreich strömten zu einer Veranstaltung am Weltfrauentag vergangenen Freitag Frauen, aber auch vereinzelt Männer, in die Stadtbibliothek um einen Abend mit Martina Netzer in bewährter musikalischer Begleitung von Luzia Storf aus dem Elsass zu erleben. Die Fans wussten, was sie erwartet: Lieder und Moderation feinfühlig und ausdrucksstark dargeboten. Themenbezogen auf die Situation der Frau in der Gesellschaft damals und heute. Zu diesem Abend begrüßte die neue Leiterin der Stadtbibliothek Saskia Lindenbeck und freute sich, „ihr Haus“ so voll zu erleben.

Es war der fünfte Abend zum Thema Weltfrauentag, der von Martina Netzer im Lauf der Jahre gestaltet wurde und sollte nach einer Umfrage vom letzten Jahr eine Art Hitliste aus ihren bisherigen Veranstaltungen werden. Wobei das nicht mit „Rangliste“ zu verwechseln sei, betonte sie. Auch lag der Fokus diesmal weniger auf den Errungenschaften wie Wahlrecht, Gleichberechtigung und Hosen tragen, sondern mehr auf der Situation der Frauen in unserer heutigen Welt: wie die der russischen Frauen die trotz Verbot auf Plätzen in Moskau Putin zur Rückkehr ihrer Männer und Söhne auffordern und gegen den Krieg demonstrieren oder in der arabischen Welt wie in Afghanistan oder im Iran in der die Frauen nach wie vor und wieder vermehrt von Regimen unterdrückt werden.

Geschichten und Musik

„Wir kämpfen um das Brot, doch wollen die Rosen dazu“ heißt es in dem Lied „Brot und Rosen“ als Sinnbild für den Kampf um Arbeitsverträge und Selbstverständnis der Frauen in der Gewerkschaft um 1911, den die amerikanische Gewerkschafterin Rose Schneiderman anführte. Genauso stark wie sie war Liselotte von Bothmer, die als erste Frau im Bundestag 1970 in Hosen eine Rede hielt, ein Skandal, den junge Frauen sich heute gar nicht mehr vorstellen können. Ebenso Geschichte wie Elisabeth Selbert, die als eine der „Mütter des Grundgesetzes“ dafür sorgte, dass folgender Satz durch den Parlamentarischen Rat im Grundgesetz aufgenommen wurde: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. 

 

Martina Netzer widmete ihr das Lied „Ich gehör´ nur mir“ aus dem Musical über Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, genannt „Sisi“. Der Abend galt der Musik. Und den wunderbaren Liedern für den Frieden und deren Hymnen wie „We shall overcome“ von Joan Baez oder wie John Lennons „Imagine“ der von einer Welt träumte, in der man sich nicht mehr um Religion oder Besitztum in Gier streitet. Zur andächtig entstandenen Stille passte die Einlage von Luzia Storf, die an der Harfe das irische Lied „Still be kind“ in eigener Bearbeitung spielte. Sie begleitete fundiert und einfühlsam die Sängerin am Keybord, wechselte bei Liedern von Reinhard Mey originalgetreu zur Gitarre und bediente solistisch die Harfe. Mit weiteren Schätzen wie „Dem Meere zu“ als eigene Komposition und „Kerzenschein“, eine Komposition ihrer Freundin Elisabeth Lehmann.

Wehrpflicht

Vor dem Hintergrund der Diskussion zur Wiedereinführung der Wehrpflicht derzeit in Deutschland nahm Martina Netzer das Lied von Reinhard Mey & Freunde „Nein meine Söhne/Kinder geb ich nicht“ ins Programm. Sie ersetzte das Wort „Söhne“ im Original mit „Kinder“, denn heute steht auch Frauen der Dienst an der Waffe frei. So zart und leicht ihre angenehme Stimme klingen kann, so eindringlich kann sie auch werden. Warmherzig und humorvoll kann sie sein, so sehr die Aussagen auch treffen. Sie setzt den erst kürzlichen Tod des Russen Alexej Navalny gleich mit dem Heldentum von Nelson Mandela, den sie sehr verehrt, wie sie bekennt und erzählt lebendig das afrikanischer Märchen von einer Katze, dessen Quintessenz lautet: „Das herrlichste und stärkste Geschöpf auf Erden ist die Frau“.

Die Antwort auf all die Fragen von Ängsten, Unterdrückung und Notständen in unserer Welt wusste schon 1964 Marlene Dietrich und nach ihr ganz viele weibliche Interpretinnen, wie z.B. Marianne Rosenberg: „Die Antwort weiß nur der Wind“, im Original „Blowin in the wind“ von Bob Dylan.

Publikum als Chor

Auf der Hitliste der gewünschten Melodien standen noch „No woman, no cry“ von Bob Marley in der deutschen Version von Bettina Wegner „Weine nicht, aber schrei“. Oder Milvas „Libertà“, das zur Stimmlage von Martina Netzer außergewöhnlich gut passt. Als einer der Spitzenreiter galt „Wind of Change“ von den Scorpions, zu dem ein Besucher aus dem Publikum den Pfeifton einbrachte. Wobei das wohl der Startschuss für das Publikum bedeutete, das sich nun nicht mehr zurückhalten konnte und bei „Die Gedanken sind frei“ schonmal leise mitsang und bei „Für mich soll's rote Rosen regnen“ zum Chor wurde. Wer jetzt das ein oder andere Lieblingslied vermisste, hat am 7. April in der Pfingstbergkirche in Mannheim die Gelegenheit oder im September in Ketsch. Und mit diesem Trostpflaster klang der Abend aus, mit dem Publikums-Spitzenreiter von Édith Piaf „Non, je ne regrette rien“ und zum Schluss das „Schlaflied“ von Max Raabe.