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Jetzt entscheidet der Gemeinderat

Neue Straßennamen in Mannheim: Ergebnis steht fest

Statt NS-Sympathisanten und Kolonialisten bald die Namen von Entdeckerinnen und Welterkundern: in Mannheim Rheinau finden Straßenumbenennungen statt.

Stadt MA

Statt NS-Sympathisanten und Kolonialisten bald die Namen von Entdeckerinnen und Welterkundern: in Mannheim Rheinau finden Straßenumbenennungen statt.

Zwei Wochen lang konnten alle Mannheimerinnen und Mannheimer ihre Favoriten für die neuen Straßennamen im Stadtteil Rheinau-Süd bestimmen. Dort sollen die vier Straßen Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße, Lüderitzstraße und Sven-Hedin-Weg umbenannt werden. Die Namensträger: Kolonialisten und ein Hitler-Bewunderer. Der Gemeinderat hatte im Februar 2022 mehrheitlich die Umbenennung beschlossen.

Vier Favoriten

Zur Auswahl für die Neubenennung standen 18 Namen. Die vier mit den meisten Stimmen decken sich mit den favorisierten Vorschlägen der Siedlergemeinschaft: Entdecker Marco Polo, Weltenbummlerin Ida Pfeiffer, Meteorologe und Geophysiker Georg Balthasar Neumayer und die Weltreisende und Schriftstellerin Isabelle Eberhardt. Rund 3.400 Menschen nutzten laut Angaben der Stadt die Gelegenheit zur Partizipation, davon gut ein Drittel per Post, zwei Drittel online.

Prüfung und Entscheidung

Nach der notwendigen Prüfung können nun die Stimmen von insgesamt 3.377 Mannheimerinnen und Mannheimer für das Endergebnis berücksichtigt werden. Besonders hoch war die Beteiligung aus dem Stadtteil Rheinau-Süd mit 27,5 Prozent aller Teilnehmenden.

„Die Bürgerbeteiligung hat ein klares Meinungsbild mit vier favorisierten Straßennamen ergeben. Ich danke allen Mannheimerinnen und Mannheimern, die abgestimmt und so den Prozess aktiv mitgestaltet haben“, erklärt Oberbürgermeister Christian Specht und betont: „Wir werden jetzt das Ergebnis in die zuständigen Gremien einbringen und zeitnah umsetzen.“

Der für Stadtentwicklung zuständige Bürgermeister Ralf Eisenhauer ergänzt: „Es ist erfreulich, dass sich bei der Abstimmung die Belange der betroffenen Rheinauer mit den Wünschen der restlichen Stadtgesellschaft decken – dies ist sicher auch dem Engagement der Siedlergemeinschaft zu verdanken.“

Die Auswertung erfolgte anonym und ist nicht repräsentativ. Das stadtweite Ergebnis auf den ersten vier Plätzen deckt sich mit den gewerteten Stimmen nur aus dem Stadtteil Rheinau-Süd.

Als nächster Schritt wird die öffentliche Beratung im Bezirksbeirates Rheinau am 12. Juni vorbereitet, um zu klären, welcher der favorisierten Vorschläge konkret der Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße, Lüderitzstraße und Sven-Hedin-Weg zugeordnet wird. Auf dieser Basis kann der Gemeinderat am 11. Juli die neuen Straßennamen beschließen.

Das Ergebnis wird im Bezirksbeirat Rheinau vorgestellt, bevor der Gemeinderat die endgültigen neuen Straßenamen beschließt. Da der vorläufige Abstand zu den weiteren Vorschlägen mehr als 200 Stimmen betrage, sei eine Änderung der Reihenfolge beim Endergebnis nicht zu erwarten.

Kritik gab's schon 2020

Schon 2020 hatte ein Gutachten des Leibniz Institut für Europäische Geschichte im Auftrag der Stadt Kritik an den Straßennamen geäußert. „Gustav Nachtigal, Theodor Leutwein und Adolf Lüderitz sind Exponenten eines auf Rassismus und der Annahme der Minderwertigkeit außereuropäischer Gesellschaften basierenden, kolonialen Herrschafts- und Ausbeutungssystems“, heißt es darin. „Auch im Falle Sven Hedins wurde ein offener Parteigänger und Unterstützer der nationalsozialistischen Rassen- und Herrschaftsideologie mit einem Straßennamen geehrt, und das 1985 zu einem Zeitpunkt, zu dem man über seine Verstrickungen in den Nationalsozialismus hätte wissen können.“

Leitbild der Toleranz und Pluralität

Im „Leitbild 2030“ der Stadt Mannheim. Darin wird eine spezifische „Mannheimer Kultur der Vielfalt“ als Motor gesellschaftlichen Zusammenlebens gefordert, mit diesem, so das Gutachten, sei es „tatsächlich nur schwer vereinbar, historische Persönlichkeiten, die (...) für Rassismus, Gewalt, Annexion und Kolonialismus stehen, weiterhin zu ehren.“

235 Namensvorschläge

Auch die Vorschläge kamen in einem Bürgerbeteiligungsprozess zustande: Aus 235 Namensvorschlägen seitens der Bürgerschaft wurden 18 Namen gewählt, die unter das Motto des betroffenen Taufbezirkes „Forschungsreisende und Personen des transkulturellen Austausches“ fallen sollten.

Die jeweils bis zu vier Stimmen ergaben folgende Verteilung über die 18 Vorschläge:

Marco Polo: 2039

Ida Pfeiffer: 1894

Georg Balthasar Neumayer: 1733

Isabelle Eberhardt: 1627

Miriam Makeba: 1236

Wangari Maathai: 980

May Ayim: 925

Rudolf Manga Bell: 827

Dian Fossey: 643

Katarina Taikon: 285

Johann Heinrich Barth: 236

Jakob August Lorent: 193

Leonhard Rauwolf: 162

Carsten Niebuhr: 149

George Bass: 117

Philipp Franz Balthasar (von) Siebold: 91

Georg Wilhelm Steller (eigentlich Stöller): 63

Robert Gulik: 62