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Neues vom Sillenbucher Schach

Mößner

Am 24.03.2024 hatten die Sillenbucher in der Bezirksliga beim unangefochtenen Spitzenreiter Schmiden/Cannstatt anzutreten, einer Mannschaft, die alle sieben Ligakämpfe zumeist hoch gewonnen hatte. Die knappe 2,5:3,5-Niederlage in der Schmidener Musikschule gehört zu den besseren Leistungen der Sillenbucher in dieser Saison. Fünf Spieler des SC Sillenbuch hatten sich gegen höher-kalibrige Gegner erfolgreich gewehrt und Remisen erreicht, angefangen vom Spitzenbrett mit Daniel Takacs über Dr. Wolfgang Küchle und Mannschaftsführer Dr. Heinrich Motzer bis zu Martin Strauß und unserem Edeljoker, dem Französisch-Experten Peter Lau. An Brett 5 hatte sich Hans-Ulrich Jäger mit einem Gegner auseinanderzusetzen, der als Experte für Skandinavische Gambits gilt und der auf e4 als Anfangszug des Weißen meistens mit d5 antwortet. Bei der post mortem Analyse hat die Maschine beim 15. Zug Vorteil für Weiß (Jäger) angezeigt, der allerdings durch ein bis zwei schwächere Züge in Vorteil für Schwarz umschlug. Als die Partie nach nur 22 Zügen aufgegeben wurde, gab der Computer ein Matt in 9 Zügen an. Trotz gleichem Material mit Doppeltürmen auf beiden Seiten war die Stellung für Weiß hoffnungslos geworden.

 

Dies weckt Erinnerungen an Jose Raoul Capablanca, genannt die Schachmaschine, der mit seinen „Chess Fundalmentals“ die Grundlagen schuf für unsere heutige Endspieltheorie, vor allem der Turmendspiele. Der Kubaner gehörte zu den Schachwunderkindern wie Reshewski und Bobby Fischer, er erlernte das Spiel mit 4 Jahren, mit 12 schlug er zur Überraschung aller den kubanischen Meister Corzo. Capablanca litt mit fortschreitendem Alter an Bluthochdruck und starb mit nur 54 Jahren an einem Herzinfarkt. Wir schauen zurück auf seinen beeindruckenden Score von 318 ernsten Turnierpartien, von denen er nur 34 verlor. Der Kubaner löste unseren Langzeit-WM Dr. Emanuel Lasker, der 27 Jahre lang den Schachthron besetzt hatte, in der Hitzeschlacht von Havanna 1921 als Weltmeister ab. „Capa“ war pro forma Diplomat, hatte also ausreichende Einkünfte, sodass er sich nicht dem Gefeilsche seiner schachlichen Zeitgenossen anschließen musste, wie es Lasker zeitlebens zu tun hatte. Capablanca war ein gut aussehender Mann und Frauenliebling, dem es nicht immer gelang, seinen verschiedenen Freundinnen gleichermaßen gerecht zu werden. In Capas schachlicher Biografie gibt es nur wenige für ihn verlorene Partien. Von einer davon gibt es eine amüsante Anekdote. Der Kubaner war gerade dabei, eine Abtauschaktion auf der a-Linie vorzubereiten, als ein Page des Hotels, in dem gespielt wurde, vorbeikam, um die Anreise seiner Ehefrau zu melden. Dies brachte ihn, der eine seiner Gespielinnen in seinem Hotelzimmer plaziert hatte, in erhebliche Aufregung und als Folge davon zu einem falschen Schlagen auf der a-Linie und dem Verlust der Partie.

 

Parallel zur 1. Mannschaft spielte im Stuttgarter Osten noch die 3. Mannschaft von Sillenbuch und gewann gegen die Mannschaft von Strateg Stuttgart 2 3-1. Die Brettpunkte holten Max Stadtmüller an Brett 1, Bastian Cancedda an Brett 2 und Edwin Drings an Brett 4. Die Mannschaft verteidigte den 2. Tabellenplatz.

 

Im März 2024 wurde die Sillenbuch Blitzchampionship durchgeführt, aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums unseres Schachclubs. Ein Jahr später, da die Gründung ins Jahr 1948 fällt. Einige Kriegsheimkehrer, wie Jupp Henkel, Günter Distel und Franz Wachter hatten sich zusammengesetzt, um einer informellen Schachgruppe den Status eines Vereins zu geben. Dazu kam Theo Schuster als Taufpate, der über viele Jahre für die Schachecke der Stuttgarter Zeitung als die wohl beste in Deutschland verantwortlich war. Dabei war auch ein Herr Bäumker, Radiosprecher beim Süddeutschen Rundfunk, ein Mann mit hervorragender Aussprache. Der Berichteschreiber hat ihn später beim Freilandschach in den Schlossgartenanlagen kennengelernt. Als letzter der Gründungsmitglieder starb 2006 Günter Distel, ein Spieler, der immer versucht hatte, der Motor zu sein, der die Spieler antreibt, etwas zu tun, um sich schachlich weiterzuentwickeln. Dazu hat er einige Schachwerke aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, wie z. B. von dem australischen Meister Purdy „First steps to fine points“ oder „Principles of chess“ von James Mason. Heute ist Günter Mößner verantwortlich für die „Knochenarbeit“, d. h. der Schriftverkehr für drei Mannschaften, der Besuch von Kreis- und Bezirkstagen, die Besorgung der Kassengeschäfte usw. Dafür sind ihm die Mitglieder des SC Sillenbuch sehr dankbar. Einige unserer Mitglieder haben erkannt, dass sie sich in die Organisation des SC Sillenbuch einbringen sollten. Zu nennen sind bei der Durchführung des Einladungsblitzturniers neben Günter Mößner vor allem Max Stadtmüller, Bastian Cancedda und Konstantin Herzig als Schiedsrichter. Angetreten waren 28 Spieler aus der Umgebung, darunter drei FIDE-Meister. Gewonnen wurde das Turnier von Gerhard Junesch mit der höchsten Wertungszahl von 2258 vor Dmitry Portnov und Nils Stukenbrok. Schon auf dem 4. Platz erscheint unser Daniel Takacs mit einem Score von 10 Punkten aus 13 Partien. Auf dem 8. Platz sieht man unseren jugendlichen Eric Petkov. Es folgen auf den Plätzen 10 und 11 Marc Herold und Max Stadtmüller. Auf den Plätzen 13 bis 16 Stefan Roth, Martin Strauß und Hans-Ulrich Jäger, nicht zu vergessen Emilien Pelosse auf Rang 18. Der Modus von 3 Minuten pro Partie und 2 Sekunden Inkrement (Bonus) pro Zug kam natürlich den jungen Spielern entgegen, deren Fingerfertigkeit viele schlecht stehende Stellungen rettete.

 

 

Stanley Kubrick: Schach lehrt einen, die anfängliche Aufregung zu kontrollieren, wenn man etwas sieht, das gut aussieht. Und es trainiert, objektiv zu denken, wenn man in Schwierigkeiten ist.

Hans-Ulrich Jäger, Tel. 0711 478337.

 

Spitzenbrett vorne links.

Mößner

Spitzenbrett vorne links.