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Musikalisches Highlight in der Osterzeit

Quatro Forte mit Bachs Johannes-Passion in Schwetzingen

Der Chor Quatro Forte und Neumeyer Consort.

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Der Chor Quatro Forte und Neumeyer Consort.

Es war das Fest Judika (So., 17. März) – und damit fast zwei Wochen früher als zu Zeiten der Uraufführung, als in der Schwetzinger Kirche Sankt Maria die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach aufgeführt wurde. Der Schwetzinger Kammerchor Quatro Forte, bestehend aus Profi- und sehr ambitionierten Freizeit-Sänger*innen unter der Leitung von Alexander Gütinger, hatte das hochkomplexe Meisterwerk einstudiert und präsentierte es nun zusammen mit Solist*innen und dem Hessischen Ensemble für Alte Musik Neumeyer Consort, unter der Leitung von Felix Koch.  

Zeitsprung von knapp 200 Jahren

Die Johannes-Passion ist neben der Matthäus-Passion die einzige vollständig erhaltene Passion von Johann Sebastian Bach. Sie wurde am Karfreitag, 7. April 1724, in der Leipziger Nikolaikirche uraufgeführt. Bach war damals gerade knapp ein Jahr als Thomaskantor in Leipzig tätig. Die Johannes-Passion erzählt die Geschichte vom Leiden und Sterben Christi, beginnend bei dessen Gefangennahme, gefolgt von dem Verhör bei Pontius Pilates, seine Kreuzigung und seinem Tod. Die Geschichte entspricht wortgetreu dem Passionsbericht aus dem Johannesevangelium in der Übersetzung von Martin Luther.

Einer der wichtigsten Parts kommt dabei dem erzählenden Evangelisten zu. In der Schwetzinger Aufführung wurden die Rezitative des Evangelisten von dem Schweizer Tenor Jörg Dürmüller meisterhaft vorgetragen. Die Rolle des Jesus übernahm der Hamburger Bariton Luciano Lodi, der für den erkrankten Philip Niederberger eingesprungen war; er überzeugte mit Würde und Ruhe und feiner junger Bassstimme. Ihm gegenüber stand Pontius Pilatus, Präfekt des römischen Kaisers Tiberius, bestimmend und mitverantwortlich für den Tod Jesu. Er wurde überzeugend gesungen von dem Berliner Bariton Peter Schöne. Weitere Solisten waren die Berliner Sopranistin Sahra Behrendt, die verschiedene Nebenrolle übernommen hatte und Arien interpretierte, und der Mannheimer Countertenor Thomas Nauwartat-Schultze, der mit überraschender Alt-Stimme mehrere Arien sang.

Tenor Jörg Dürmüller singt die Rolle des Evangelisten.

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Tenor Jörg Dürmüller singt die Rolle des Evangelisten.
Sängerinnen des Quatro Forte Chors.

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Sängerinnen des Quatro Forte Chors.
Bariton Luciano Lodi übernimmt die Rolle des Jesu.

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Bariton Luciano Lodi übernimmt die Rolle des Jesu.
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Arien

Die handlungsorientierten Rezitative werden musikalisch ergänzt durch sogenannte Turba-Chöre, Repräsentanten des Volks, das direkt in das Geschehen eingreift. Arien durften nicht fehlen: In der Johannes-Passion sind dies frei hinzu gedichtete Texte, die von Solisten vorgetragen werden. Kirchenlieder, Kommentare und Reflexionen über das Geschehene durch die gläubige Gemeinde beinhalten die Choräle; sie spiegeln die Gefühle der Gemeinde wider. Zumeist sind sie traditionelle Kirchenlieder aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die oftmals auch heute noch in Gottesdiensten gesungen werden.

Dramatische Inszenierung

Es ist unbestritten, dass die Johannes-Passion trotz ihrer knappen Erzählung um die Ereignisse um Jesu Tod emotional und dramatisch ist. Klar und deutlich ausgedrückt werden diese Stimmungen in den zwölf Chorälen und durch die Turba-Chöre; sie wurden – trotz kompliziertem polyphonem Satz - ausgezeichnet transportiert durch den gemischten Chor Quatro Forte, der den zarten und manchmal dissonanten Klängen Ausdruck verlieh.  Einen schönen, raumfüllenden und reinen Klang realisierte das Neumeyer Consort, ein Ensemble für Alte Musik. Es waren 20 Musizierende gekommen und brachten Violinen, Violen, Violoncello, Kontrabass, eine Laute, verschiedene Flöten, Oboen, ein Fagott und ein Piano mit. 

Standing Ovations

Durch die Musik des Ensembles konnten die Zuschauer die Leidensgeschichte noch lebendiger empfinden. Zum Beispiel als nach Jesu Tod der Vorhang im Tempel zerriss, die Erde bebte, kam eine musikalisch so dramatische Szene auf, dass sie aus einem modernen Kinofilm stammen könnte. Das Zusammenwirken von Chor, Solisten und Orchester war stimmig, berührend und mitreißend. Die Anwesenden in der gut besuchten Kirche erhoben sich spontan, applaudierten, pfiffen und trommelten frenetisch. (rw)