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Serie Aldinger Dorfleben vor 125 Jahren Teil 8

SERIE

Aldinger Dorfleben vor 125 Jahren.

Im Jahr 1900: Die Landpost fährt dreimal in der Woche mit Handkarren oder Pferdefuhrwerk durch das Dorf. Die ersten Arbeiter ziehen in täglichen Fußmärschen los, nach Ludwigsburg zum Kaffee-Franck, nach Kornwestheim in die Salamander-Schuhfabrik oder zur Gießerei von Stotz. Aldingen hat noch kein elektrisches Licht. 

In loser Folge veröffentlichen wir hier Ausschnitte aus den Aufzeichnungen des Aldinger Schullehrers Kipple aus dem Jahr 1900. 

 

Zu Nahrung und Kleidung schreibt Kipple:

Die Hauptnahrung bilden Suppe, Fleisch und Gemüse, Kartoffeln und Milch; als Getränke dient Most und Bier. Die tägliche Morgenspeise ist Milch mit Kaffee; hiezu kommt für Taglöhner und Dienstboten im Heuat, in der Ernte und im Herbst bei anstrengender Arbeit noch gebrannte Suppe, die auf das Feld nachgeschickt wird. Die Mittagsspeise ist Suppe, Gemüse und Fleisch oder eine Mehlspeise (Schwabenknöpfle, Pfannkuchen je mit Salat, Dampfnudeln mit gesottener Milch oder dürren Zwetschgen). Abends kommt wieder Suppe mit Wurst und Salat oder nach der Suppe Milch und Kartoffeln (im Herbst und Winter statt der Milch zu den Kartoffeln auch Most) auf den Tisch. Der Sonntag, Donnerstag und Freitag sind gewöhnlich Fleischtage; an ersterem wird zum Fleisch fast das ganze Jahr hindurch Kraut und in Ermangelung dessen Salat gegessen, an den beiden anderen Tagen Gemüse oder Hülsenfrüchte. Am Samstag werden regelmäßig Kartoffeln mit Spätzlen verspeist. Der Montag und Mittwoch sieht Kraut mit Spätzle oder eine der oben genannten Mehlspeisen auf dem Tisch. Zum Mittagstisch wird meist Most getrunken. An Festtagen, bei Familienfeiern wird zu Suppe, Fleisch und Gemüse noch ein Braten mit Salat aufgetischt und als Tischgetränk Wein oder Bier gereicht. In früherer Zeit lebten die Leute hier sehr einfach: Morgens und Abends gabs nur Suppe und Kartoffeln, Mittags Gemüse und Hülsenfrüchte, aber nur einmal in der Woche Fleisch dazu. Der Sonntag war der Krauttag, der Mittwoch und Samstag der Breitag. Das Hausgetränk war neben dem Most die Milch, selten Wein. 

Ebenso einfach wie die Nahrung war früher auch die Kleidung von der man noch sagen konnte: 

» Selbstgesponnen, selbstgemacht 

ist die beste Bauerntracht. « 

Die Kleidung der Männer bestand in Lederhosen (schwarze, gelbe und weiße), welche bis ans Knie reichten und dort Sonntags mit silbernen Schnallen, werktags mit Riemen befestigt wurden, aus dem mit Rollknöpfen besetzten Brusttuch von scharlachrotem Tuch oder von dunklem Manchester, dem grauen oder blauen Tuchrock (im Sommer dem Zwilchkittel) und dem Dreispitzhut. 

Beim weiblichen Geschlecht war es der vielgefältelte Wilfling-Rock und das deutsche Häubchen. 

Diese solide Tracht ist allmählich der städtischen Mode gewichen. Nur ein Mann trägt hier noch schwarze Knielederhosen mit langen Strümpfen und ein kurzes „Wams“. 

Die Festtagskleidung besteht bei Männern in schwarzem Tuchrock-Anzug mit Seidenhut und schwarzem Kleid bei den Frauen. Als Alltags- oder Werktagskleidung dienen abgetragene Sonntagskleider. Während der Trauer wird ganz schwarze Kleidung und über die Halbtrauer dunkle oder graue getragen. Die Kleidung der Kinder ist durchweg städtisch. Zwischen Ledigen, Verheirateten und Verwitweten ist in der Kleidung kein Unterschied. Jüngere Leute schmücken gerne Brust oder Hut mit einem Sträußchen. Eine Amtstracht hat nur der Geistliche bei kirchlichen Handlungen. 

Als Schmuck sind beliebt beim männlichen Geschlecht goldene Uhrketten, beim weiblichen Fingerringe, Armspangen, Halsketten mit goldenem Kreuz oder Brosche. 

Fortsetzung folgt (EP)