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Stehende Ovationen für das Landestheater

Skurrile Hommage an eins der größten und populärsten Stücke

Schauspieler des Landestheaters Tübingen

irs

Neben Schauspiel bekam das Publikum viel Gesang geboten.

Fünf Schwestern müssen unter die Haube. Die Familie Bennet hat Pech: Der Stammhalter fehlt. Es geht um`s Erbe, das nur angetreten werden kann, wenn ein Sohn vorhanden ist. Bennets haben fünf Töchter und jetzt muss ein Ehemann her, unter allen Umständen, egal wie, Liebe hin oder her. Die schottische Autorin Isobel McArthur hat den Klassiker umgeschrieben.
Alter Klassiker neu erzählt
Die Handlung wird von den Dienstmädchen erzählt und was die fünf auf die Bühne bringen ist fulminant. Unterhaltsam, berührend und vor allem mit großem Witz und viel Komik ausgestattet. Auf der Bühne geht es rund. Wandelbar ist wohl die treffendste Beschreibung, denn aus der Rolle der Dienstmädchen schlüpfen sie in die Haut der Schwestern, werden zu begehrten Junggesellen oder Tanten. Ob Seidenkleid und Gummistiefel, Haarteil oder Häkeldeckchen, regenbogenfarbener Staubwedel oder kleiner Plüschhund, die Requisiten erstaunen und unterstreichen die Komik.
Und dann sind da noch die beiden Junggesellen, der attraktive Charles Bingley, der jetzt in der Nachbarschaft der Bennets eingezogen ist und sein etwas schräger Freund Fitzwilliam Darcy, der amourösen Abenteuern nicht abgeneigt ist. Die Mimik der Schauspieler­innen allein würde schon reichen, um das Publikum zu begeistern, das Tüpfelchen auf dem I ist der Gesang. Fast schon im Musicalformat geht es auf der Bühne rund, die Performance drückt die komplette Gefühlspalette aus.
Ob Songs von Kyle Minogue, Carly Simon, den Bee Gees, Prince, Sonny and Cher oder Madonna, im Karaoke-Stil wird intoniert, die Texte sind auf der Leinwand im Hintergrund zu sehen und animieren den Ein oder Andern zum mitsummen. „You’re so vain“ von Carly Simon wird angestimmt und wenig Ladylike mit einem in den Saal gebrüllten „Fuck You, Mister Darcy“ beendet.
Nur Dienstmädchen Anne muss außen vor bleiben, bitte nicht singen ist die Devise von Mutter Bennet. Aber das wird noch, auch wenn das Eislinger Publikum fast drei Stunden lang darauf warten muss. Genauso wandelbar, wie die Schauspielerinnen, die in die verschiedensten Rollen schlüpfen, ist das Bühnenbild. Kein Vorhang fällt zum Umbau, das erledigen die Bühnen­akteurinnen selbst. Auch die Kostümwechsel sind gekonnt ins Stück geflochten, zack wird ein neues Kleid übergestreift, im Vorbeigehen ein Hütchen aufgesetzt oder Gummi­stiefel gegen quietschgelbe Turnschuhe ausgetauscht.
Der Geistliche Mr. Collins begeistert, er biedert sich dermaßen ungeniert an, dass es nicht nur seine Auserwählte graust, sondern bestimmt auch die Zuschauer. Begehrenswert ist er nicht, Schaumstoff hängt ihm aus dem Mund, beim Sprechen spritzt der Speichel seinem Gegenüber ins Gesicht und ein gewaltiger Donut, als Verlobungsring aus der Tasche gezogen, setzt der Szene die Krone auf.
Keine Berührungsangst
„Stolz und Vorurteil“ (*oder so) ist ein Feuerwerk, ein facettenreiches Bühnenerlebnis, das gekonnt mit schauspielerischem Können zwischen ein bisschen Klamauk, gekonnt eingesetzter Komik und großen Gefühlen jongliert und das drei Stunden lang, bis zum fulminanten Schluss. Abba`s „Dancing Queen“ drönt durch den Saal, die fünf Schauspielerinnen springen mit ihren Mikrofonen von der Bühne und halten sie den Gästen hin, viele machen mit, alle stehen bei der Zugabe begeistert auf und feiern den gelungenen Abend und die Schauspielerinnen mit nicht enden wollendem Applaus. irs