Merken

1,7 Milliarden mehr

Stuttgart 21 wird jetzt sogar 11 Milliarden kosten

Letzte Arbeiten am Dach des Tiefbahnhofs und doch noch lange nicht fertig: Stuttgart 21 soll jetzt schon 11 Milliarden teuer werden.

Bernd Weißbrod/dpa

Letzte Arbeiten am Dach des Tiefbahnhofs und doch noch lange nicht fertig: Stuttgart 21 soll jetzt schon 11 Milliarden teuer werden.

Die Kosten des Bahnprojektes steigen demnach auf rund 11 Milliarden Euro an. Zudem plant die Bahn mit einem Risikopuffer im Höhe von 500 Millionen Euro, wie aus einem Schreiben der Bahn an die Projektpartner hervorgeht. Zuerst hatte die «Stuttgarter Zeitung» berichtet.

Kostensteigerung schon zuvor bekannt geworden

Als Grund für die Kostensteigerung nennt die Bahn die stark gestiegene Inflation, Herausforderungen beim Bau sowie eine schwache Resonanz auf Ausschreibungen. Die Kostensteigerung war bereits Anfang Dezember aus Kreisen des Bahn-Aufsichtsrates bekannt geworden.

Es wird immer teurer

Zuletzt hatte die Bahn mit Gesamtkosten von 9,15 Milliarden Euro für das Projekt geplant, zuzüglich eines Puffers in Höhe von 640 Millionen Euro. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kostensteigerungen gegeben. Bauherr von Stuttgart 21 ist die Deutsche Bahn, Projektpartner sind das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart, der Verband Region Stuttgart und der Flughafen Stuttgart.

Kompletter Umbau Bahnknotens Stuttgart

Das Projekt Stuttgart 21 steht für die komplette Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart, nicht nur für den Umbau des Hauptbahnhofs der Landeshauptstadt. Gebaut werden neue Bahnhöfe, Dutzende Kilometer Schienenwege und Tunnelröhren, Durchlässe sowie Brücken. Stuttgart 21 soll dazu beitragen, die Reisezeiten im Fern- und im Regionalverkehr erheblich zu verkürzen. Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm schließt neben Stuttgart 21 auch den Neubau der bereits eröffneten Strecke Wendlingen-Ulm ein.

4,5 Milliarden waren 2009 ursprünglich geplant

In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kostensteigerungen gegeben. In einem Finanzierungsvertrag aus dem Jahr 2009 ist geregelt, wie die damals angenommenen Kosten in Höhe von gut 4,5 Milliarden Euro auf die Projektpartner Bahn, Land, Stadt Stuttgart, Region Stuttgart und Flughafen Stuttgart verteilt werden. Seither haben sich die Kosten Stück für Stück erhöht und inzwischen mehr als verdoppelt. Vor Gericht streiten sich die Projektpartner derzeit, wer diese Milliarden bezahlen muss. Ein Ende des Prozesses ist noch in weiter Ferne.

Insider glauben nicht an pünktlichen Start

Unklar sind nicht nur die endgültigen Kosten für das Projekt - auch die Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs ist mit immer mehr Unsicherheit behaftet. Der Südwestrundfunk berichtete erst kürzlich, Insider würden nicht mehr an einen pünktlichen Start glauben. Die Bahn betont bei jeder Gelegenheit, am Start im Dezember 2025 festzuhalten, gibt aber selbst zu, dass das nicht ganz einfach werden dürfte.

Es gebe «ein paar Herausforderungen», räumte erst vergangene Woche Infrastrukturvorstand Huber ein. Am meisten Sorgen bereitet die Digitalisierung des Bahnknotens. «Das ist der Punkt, der uns am meisten beschäftigen sollte», sagte Huber. Probleme macht der Lieferant der Technik, der gerade von einem anderen Unternehmen übernommen wird. Bestimmte Meilensteine seien nicht erreicht worden, sagte Huber. Die Bahn habe deswegen 60 eigene Mitarbeiter zusätzlich in das Projekt integriert, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen.

Betrieb nur mit digitalen Systemen möglich

Die Probleme bei der Digitalisierung sind deswegen so kritisch, weil ohne das digitale Zugsicherungssystem ETCS kein einziger Zug in den neuen Tiefbahnhof einfahren kann. Züge des Fern- und Regionalverkehrs sowie S-Bahnen können dort nur noch mit ETCS fahren. Klassische Signale sind im Bahnhof und in den Tunneln nicht mehr vorgesehen. Die Bahn erhofft sich durch das digitale System mehr Sicherheit und auch mehr Kapazitäten.

Minister Hermann hält Inbetriebnahme für möglich

Aus Sicht von Hermann wird es eng mit der Inbetriebnahme. Es sei «eine Herausforderung, den Zeitplan bis Dezember 2025 einzuhalten», sagte Hermann am 8.12.23. «Stand heute sieht es so aus, dass es zwar eng wird, aber noch möglich ist.» Aus Sicht des Ministers braucht es eine ausreichend lange Zeit für einen Probebetrieb. Die Infrastruktur sei neu, die Digitalisierung sei neu, die Züge seien teils neu und auch die Fahrpläne seien neu, sagte Hermann. «Einen Holperstart können und werden wir uns nicht leisten.» Probleme macht aber nicht nur der Bahnhof, auch das Land hatte kürzlich mitgeteilt, dass bestellte neue Regionalzüge nicht rechtzeitig zur Inbetriebnahme geliefert werden.

Klarheit über die Inbetriebnahme dürfte es spätestens im kommenden Jahr geben. Die Entscheidung darüber, ob der Bahnhof wie geplant in Betrieb genommen wird, muss bis spätestens Juni kommenden Jahres gefällt werden. Dann wird der Fahrplan festgelegt.

Stuttgart 21 wird teurer - das sagt Winfried Hermann (1.12.)