Das Schild ist nicht zu übersehen. Es steht unterhalb von Schloss Achberg und warnt alle, die nicht trittsicher sind, den Wanderweg an der Argen entlang zu nehmen – Senioren, Kleinkinder und Fahrradfahrer … Wer sich trotzdem weiter traut, genießt einen wildromantischen Weg mit Blick auf den Fluss, der es eilig zu haben scheint, den Bodensee zu erreichen. Zwei Mountainbiker kommen uns entgegen. „Da vorne kommt man mit dem Fahrrad nicht weiter“, meinen sie. Ach, das Schild übersehen, wie? Oder gedacht, es wird schon nicht so wild sein?
Aber da, wo das Ufer steil aufsteigt, ist der Pfad fast nicht mehr zu erkennen. Selbst der Hund – bis dahin angeleint, wie es sich in einem Naturschutzgebiet gehört – darf jetzt frei laufen. Er ist schwindelfrei und klettert dank „Allradantrieb“ wie eine Gämse. An einer Stelle findet der Fuß ein Stück bergab auf einem Baumstumpf Halt, von dem aus es mit einem ebenso großen Schritt wieder weiter bergauf geht; ein Seil sorgt für Halt. Fraglos, ein Stück Weg für sportliche Wanderer …
Wege für alle
Aber keine Angst: Das Argental bietet Wege für alle, für Spaziergänger, Familien mit Kindern und Kinderwagen, für Radfahrer und Mountainbiker. Viele führen direkt am Fluss entlang und bieten immer wieder Zugang zum Wasser. Hier können die Kinder Stöcke schwimmen lassen, Steinchen-Weitwurf üben oder am Ufer Steinmännchen bauen.
Argen x 2
Die Argen gibt es im Doppelpack, als Obere und Untere Argen. Die Letztere entspringt östlich von Missen, schlägt einen Bogen nach Norden und kommt über Isny Richtung Zusammenfluss. Die Obere Argen sucht sich ihren Weg von der Quelle bei Oberstaufen durch den Eistobel nach Wangen – wo sie bei Hochwasser in der Altstadt für Aufregung sorgt. Südlich von Wangen, in Pflegelberg, stoßen die beiden Flussarme aufeinander und machen sich gemeinsam auf in Richtung Bodensee. Die Strecke vom Zusammenfluss der beiden Arme bis zur Mündung – das sind immerhin 23,4 Kilometer Flusslauf – ist seit Ende der 1990er-Jahre ein Naturschutzgebiet.
Auf dem Fluss setzen Kajakfahrer bunte Tupfen, im Wasser tummeln sich Flussbarben, Bach- und Seeforelle sowie Bachschmerlen. Die sieht der Wanderer zwar nicht, dafür aber mit etwas Glück die Spuren von Bibern, Wasserfledermäusen oder Eichhörnchen. Und natürlich leben hier seltene Vögel wie Eisvogel, Baumfalke, Pirol und Wasseramsel, die alle unter Schutz stehen.
Unter den geschützten Pflanzen fallen vor allem die Riesen-Schachtelhalme auf, die den Uferweg über weite Strecken begleiten, daneben Grau- und Weißerlen, Silberweide und Schwarzpappel, blauer Eisenhut, Alpendisteln und Wasserschwertlilien, um nur einige zu nennen.
Landschaftlich reizvoll ist es hier überall, und die vielen Spazier- und Wanderstrecken sorgen dafür, dass das Gebiet auch an sonnigen, belebten Tagen nicht überlaufen erscheint. Ob man lieber im letzten Abschnitt des Flusslaufs vor der Mündung in den Bodensee auf ebenem Weg neben dem Wasser läuft oder das Auf und Ab hinter dem Zusammenfluss vorzieht, ist Geschmacksache. Uns gefällt es dort besonders gut.
Rundtour – Die liegende Acht
Mit circa zwei Stunden Wanderzeit und nicht zu starken Höhenunterschieden gilt der Wanderrundweg Nr. 10 als leicht (ausgewiesen auf outdooractive.de). Es gibt zwar auch hier ein paar kurze steilere Stellen und die Wege sind teilweise sehr uneben; die Sommersandalen bleiben also besser zu Hause. Aber mit gutem Schuhwerk – und vor allem, wenn es vorher geregnet hat, mit etwas Vorsicht – ist die Tour gut zu bewältigen.
Der Rundweg sieht auf der Karte aus wie eine leicht gekippte Acht, in der Taille durchschnitten von der Autobahn. Der vorgeschlagene Startpunkt Neuravensburg bietet die Gelegenheit, zum Turm der Burgruine hinaufzusteigen und von der Aussichtsterrasse einen Blick auf die Landschaft zu werfen.
Zum Zusammenfluss der Argenarme
Auf und ab geht es dann Richtung Fluss und bis zum Zusammenfluss der beiden Argenarme, wo es einen Grillplatz und eine große Sand- und Kiesbank gibt. Der Rückweg führt teilweise über Holzstege und schmale Pfade, dabei leitet eine 1790 gebaute Holzbrücke über den Fluss. Weniger angenehm ist das letzte Teilstück, das der Autostraße fast durch den ganzen Ort zurück zum Parkplatz folgt. Oder doch anders?
Werbehinweis
Wer am Argenzusammenfluss startet und am rechten Ufer Richtung See läuft, hat mehr vom Fluss und vermeidet unterwegs Autoverkehr. Als Rundweg bis zum Schloss Achberg und auf der anderen Uferseite zurück beträgt die reine Wanderzeit circa vier Stunden, gerechnet ohne eine Rast im Café des Schlosses. Auch diese Strecke ist wunderschön und wildromantisch, führt über Wirtschaftswege und Waldpfade und durch kleine Örtchen.
Kurz vor dem denkmalgeschützten Deutschordensschloss, das auf der Höhe thront, führt der Weg im Tal auf einer schwingenden Hängebrücke über die Argen: der Flunauer Steg. Ein Schild weist darauf hin, dass ihn nur zehn Personen gleichzeitig betreten sollten. Im Schlosshof kann man sich dann erst einmal ausruhen.
Zurück geht es auf der anderen Uferseite. Vom Schloss zum Fluss abgestiegen taucht das weiter oben erwähnte Hinweisschild auf, das vor dem Steilhang im weiteren Verlauf warnt. Also nochmal: Wer kein gutes Schuhwerk hat, kleine Kinder an der Hand führt oder nicht schwindelfrei ist, sollte dieses Stück umgehen; dazu gibt es genügend Möglichkeiten. Entweder schlägt man vom Schloss aus auf bequemen Wirtschaftswegen einen Bogen und trifft am sogenannten Hasenweg wieder auf den ausgeschilderten Pfad, der weiter durch Felder und auf Waldwegen zum Argen-Zusammenfluss zurückführt. Oder man läuft statt des Rundweges die gleiche Strecke zurück, auf der man gekommen ist.
Ganz gleich, auf welche Variante die Entscheidung fällt, das Auf und Ab im Argental bietet viel Abwechslung, lohnende Ausblicke und einen kurzweiligen Ausflug.
Wanderrundweg 10
Start und Ziel: Neuravensburg
Strecke: ca. 6,5 km
Gehzeit: ca. 2 Stdn.
Höhenunterschied: je 178 m Auf- und Abstieg
Schwierigkeitsgrad: leicht
Argenrundweg
Start und Ziel: Wanderparkplatz in Goppertsweiler
Strecke: ca. 11 km
Gehzeit: ca. 4 Stdn.
Höhenunterschied: je 120 m Auf- und Abstieg
Schwierigkeitsgrad: mittel