Wer sagt eigentlich, dass Bier immer aus einer Brauerei stammen muss? Mit einer Handvoll Utensilien und Zutaten gelingt es jedem, in Küche, Keller oder Garage ein eigenes Bier zu brauen - vorausgesetzt, man kennt sich aus. Nun könnte man sich das nötige Wissen mühsam in Foren, Büchern oder Videos zusammensuchen – oder man fragt eben einen, der weiß, wie es geht ...

Hans-Dieter Jesse zum Beispiel. Hauptberuflich arbeitet der als Braumeister bei Eichbaum Brauerei in Mannheim. Doch mit seinem eigenen kleinen Unternehmen „Brauhans“ vermittelt er Wissen rund um sein Handwerk. Die Braukurse finden dabei in passender Kulisse statt: Im Alten Sudhaus von Eichbaum lernen die Teilnehmer alles, was beim Brauen wichtig ist. „Die Idee ist, dass jeder Teilnehmer danach auch was brauen kann“, erzählt Jesse. Und liefert so in knapp sechs Stunden geballtes Brauwissen: Von den richtigen Zutaten über das notwendige Equipment hin zu den Arbeitsschritten wie Malz Schroten, Einmaischen oder Läutern.

Bierbrauen mit dem Brauhans

Brauhans

Ab in den Kessel ... die richtige Zugabe der Zutaten ist entscheidend für den Brauprozess.

Spaß soll es machen

Parallel dazu wird gegessen, getrunken und natürlich auch gebraut. „Meistens brauen wir da ein einfaches Bier, Helles, Pils, Stout, oder auch mal ein Weizen“, erklärt der Braumeister. Der Ansatz: So niederschwellig wie möglich. Jeder soll einen Zugang zum Brauen bekommen. „Das soll ein spaßiges Event sein“, bringt es Jesse auf den Punkt. Dazu trägt er sicherlich mit seiner offenen Art bei. Er macht Witze, nimmt seine Teilnehmer aufs Korn, bezeichnet sich gerne als „Rampensau“. Sich die Vornamen von 20 Teilnehmern zu merken ist für ihn kein Problem, „außer manchmal bei so zwei oder drei, denen die Eltern einfach den falschen Namen gegeben haben“, scherzt er.

Bierbrauen mit dem Brauhans

Brauhans

"Rampensau": Hans Dieter Jesse würzt seine Braukurse mit viel Humor und Schlagfertigkeit.

Wiederholungstäter

Einige besuchen Jesses Braukurse sogar mehrmals. Er erzählt von einem Teilnehmer, der nicht einmal selbst braue, ihm mache lediglich das Event Spaß. Ein anderer habe immer wieder neue Fragen zum Brauen. Schließlich ist jeder Kurs anders. „Besonders spannend ist es, wenn mal was schiefgeht. Dann müssen wir auch mal das Bier retten, dabei kann man viel lernen“, führt Jesse aus. Ob etwas schiefläuft oder nicht – am Ende wird das Bier zur Gärung gelagert und kann einige Wochen später in der Brauerei abgeholt werden. Außerdem erhalten alle ein Handout mit den wichtigsten Fakten zum Brauen, wohl nicht zu Unrecht: „Zum Ende hin lässt die Aufmerksamkeitsspanne bei den meisten etwas nach“, lacht der Braumeister. Ob das wohl mit den sechs bis acht Bieren zusammenhängt, die während des Kurses verkostet werden?

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Bierbrauen mit dem Brauhans

Brauhans

Es wird gezwickelt ... Probieren geht über studieren.

Reinheitsgebot und Bierkultur

Unterhält man sich mit dem „Brauhans“, fällt schnell die Leidenschaft auf, mit der er von seinem Lieblingsthema erzählt. Etwa, wenn es um das Reinheitsgebot geht. „Wir halten unser Bier hoch wegen einer Zutatenbeschränkung von 1516, das ist doch keine Bierkultur“, moniert er. Zwar habe das Reinheitsgebot durchaus eine Berechtigung, viel wichtiger sei es aber, dass Biertrinken auch richtig wertgeschätzt und zelebriert werde. In Belgien, erzählt der Braumeister, gebe es ein Natürlichkeitsgebot. Alles darf ins Bier, was aus der Natur kommt und nicht schadet, ob Kirschen, Koriander oder Orangen. Dadurch entsteht eine enorme Vielzahl an Biersorten. „Geht man in Belgien in ein Restaurant, gibt es da teilweise 80 Biersorten und zu jeder das passende Glas“, so Jesse. „Wir haben jahrelang geschaut, wie wir das Bier noch billiger machen, anstatt ihm einen Wert zu geben.“

Bierbrauen mit dem Brauhans

Brauhans

Fleißige Helfer ... Die Teilnehmer müssen bei jedem Arbeitsschritt selbst mit anpacken.

Jahrelange Expertise

Während und nach seiner Ausbildung war ihm die Braukunst noch relativ unwichtig. Erst in seinen Zwanzigern wurde die Begeisterung geweckt, er legte die Meisterprüfung mit Bravour ab und gründete später sogar die Brauerei zum Klosterhof in Heidelberg. Dass ein erfahrener Braumeister selbst einen Braukurs abhält, kommt gar nicht mal so häufig vor, erzählt er. Die Expertise weiß er zu nutzen. In seinen Profibraukursen beantwortet er die Fragen von erfahreneren Hobbybrauern, geht auf Fehler ein und wagt sich auch mal an ein anspruchsvolleres Rezept. Voraussetzung hier: Alle Teilnehmer sollten schon mal gebraut haben.

Bierbrauen mit dem Brauhans

km/NM

Historische Kulisse: Der Läutergrant diente früher als Auffangbecken für die Würze.
Braukurs mit dem Brauhans

km/NM

Alle Utensilien, die für den Brauprozess nötig sind, stehen bereit.
Bierbrauen mit dem Brauhans

Brauhans

Zauberkessel ... In Behältern wie diesen wird bei Jesses Kursen gebraut. Zuhause geht es auch einfach in einem großen Kochtopf.
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Zukunftspläne

Neben seinen Kursen bietet der „Brauhans“ auch Bierseminare samt Brauereiführung. Doch auch neue Veranstaltungskonzepte stehen bald auf dem Plan. Etwa ein Profibraukurs, bei dem gleichzeitig Gin gebrannt wird. Oder auch ein Zusammentreffen mit einer Winzerin, bei dem ein mehrgängiges Menü und zu jedem Gang ein passender Wein und ein passendes Bier auf den Tisch kommt. Am Ende soll abgestimmt werden, was besser schmeckt. Die neuen Konzepte zeigen: Jesses Begeisterung für das Thema ist noch lange nicht ausgeschöpft. Er selbst bringt es so auf den Punkt: „Wenn du am Tag acht Stunden Bier braust und dann noch in der Freizeit weiter machst, dann musst du da schon echt Bock drauf haben.“