Herr Dechant, Sie sind gelernter Journalist, haben u.a. zehn Jahre als Reporter und Moderator für den Südwestrundfunk (SWR) gearbeitet und betreiben heute neben Ihrer Marketingagentur gemeinsam mit Ihrer Frau eine Goldschmiede. Wie und vor allem wann kamen Sie auf die Idee, einen Roman zu schreiben?

Lust darauf, ein belletristisches Buch zu schreiben, hatte ich schon in den 90er Jahren, als mein erster Sohn auf die Welt kam. Zu der Zeit hatte ich gerade ein umfängliches Sachbuch zum Thema ‚Pressearbeit‘ für einen Pharmakonzern erstellt. Aber durch Job und Kinder hat sich das schnell wieder verlaufen. Einen zweiten Anlauf unternahm ich 2011. Nach dem Motto vieler Menschen: „Ich könnte ja mal so eben ein Buch schreiben!“

 

Aber jetzt haben wir 2019 …

… es hat damals genau acht Seiten gedauert, bis ich gemerkt habe, dass das so nebenbei nix wird. Und so gingen nochmal fünf, sechs Jahre ins Land, bis ich das Gefühl hatte, die Zeit wäre jetzt reif, ernsthaft mit dem ‚Projekt Roman‘ zu starten. Das war Anfang 2017. Im April/ Mai war dann der Zeitpunkt gekommen, an dem klar war, dass die Schreiberei nicht nur ein Hobby werden würde, sondern einen beruflichen Paradigmenwechsel darstellt.

 

Das ist aber nicht so einfach ohne Verlag?

Wohl wahr! Zumal ich mittlerweile von Kolleginnen und Kollegen weiß, die fünf und mehr Jahre auf der Suche nach einem Verlag waren und teilweise leider nie fündig geworden sind. Da muss ich gestehen, hatte ich ein wahnsinniges Glück. Ich habe insgesamt nur fünf Verlage angeschrieben und tatsächlich im April 2018 einen Vertrag vom Südwestbuchverlag in Waiblingen bekommen. Und das gleich über drei Romane!

 

Das ist das Stichwort, um auf das aktuelle Buch zu sprechen zu kommen. ‚Mordslust‘ ist der Start einer Trilogie?

Zunächst mal ist eine Trilogie von Kurpfalz-Krimis geplant. Wenn die Leserinnen und Leser der Meinung sind, es gefällt Ihnen und sie wollen nach Band Nummer drei noch mehr von meiner Kommissarin Michaela Cordes lesen, dann werden wir, also Verlag und ich sicher ernsthaft darüber nachdenken, die Reihe fortzusetzen.

 

In ‚Mordslust‘ treibt Ihr(e) Täter(in) – das bleibt bis zum Schluss ein Geheimnis – sein bzw. ihr Unwesen in Swingerclubs. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Aus zwei Gründen. Zum einen bietet ein Swingerclub – das gilt im Übrigen auch für ein Bordell – eine extrem schwierige Spurenlage für die polizeilichen Ermittlungen. Auf gut Deutsch ein Alptraum für Polizei und Kriminaltechnik. Der zweite Grund ist relativ schnöde: Swingerclubs sind eine gesellschaftliche Tabuzone. Da redet man nicht drüber, da geht ja auch keiner hin … Es ist also auch ein Stück Provokation und das Wecken von Neugierde.

 

Also ein bisschen ‚Fifty shades of grey‘?

Meine Frau hat einen Teil der Bücher von E. L. James gelesen - ich selbst nicht – und sie meinte vergangenes Jahr nur lakonisch, das wäre eher die Kindergartenvariante im Vergleich zu ‚Mordslust‘.

 

Sex spielt also eine große Rolle …

… ja sicher, das bleibt nicht aus, wenn man als Tatorte Swingerclubs wählt. Aber es geht hierbei keinesfalls um Verbal-Pornografie, sondern um die Geschichte einer jungen Polizistin, die, wie ihr deutlich älterer Kollege übrigens auch, in den Strudel dieser Szene gezogen und schlussendlich Bestandteil ihrer eigenen Ermittlungen werden.

 

 

Indiskret gefragt: Woher haben Sie die Informationen zur Swingerszene?

Weil ich schon dort war! Und ansonsten gilt die erste Regel des Fight-Club …

 

Dann anders gefragt: Wie hoch war der Rechercheaufwand für diesen Kriminalroman, gerade für Sie als Neuling in der Szene?

Unscharf gesprochen: Sehr hoch! Es ist wie bei praktisch allen kreativen Tätigkeiten. 95 Prozent sind Transpiration und wenn es gut läuft, die restlichen fünf Prozent Inspiration. Ich persönlich bin da auch ein wenig perfektionistisch veranlagt. Ich möchte schon, dass die Polizeiarbeit bspw. so exakt wie möglich dargestellt wird. Und da wird es dann schon schwierig. Wenn wir Krimiautoren die Ermittlungsarbeit so schildern würden, wie sie tatsächlich läuft, würde sich dieses Genre ziemlich lausig verkaufen. Es ist also ein bisschen die Quadratur des Kreises, wenn Du möglichst nah dran sein und die Spannung aufbauen möchtest.

Leichter ist das übrigens – dank Internet – mit dem Wetter. Da lässt sich für jeden Tag genau der Wetterbericht zurückverfolgen.

 

Und das haben Sie getan?

Ja, und ich mache das auch in der Fortsetzung, die ich gerade schreibe.

 

Sie hatten das schon erwähnt, drei Fälle für Michi Cordes sind bereits geplant. Kriegen wir eine kleine Vorschau?

Die Fortsetzung ‚MORDSEIER‘ führt die Leserinnen und Leser in die Welkt der kurpfälzischen Vereinsmeierei, genauer gesagt zu den Kleintierzüchtern. Während dort Mitglieder nach und nach einfach verschwinden, muss sich Michi mit ihrer neuen Kollegin, die nach vier Jahren Babyzeit wieder zurück in den Job kommt, mit einem Mord im Nazirockermilieu, Unmengen Kokain und einem Bombenanschlag in der Mannheimer Innenstadt auseinandersetzen.

 

Spielorte sind dann?

Es beginnt in Ketsch, führt nach Mannheim, natürlich Schwetzingen, an die Bergstraße, in meinen Heimatort, den ich in Ingelrein umbenannt habe aber auch nach Russland und evt. noch in den Jemen.

 

Eventuell heißt, es steht alles noch gar nicht fest?

Als ich ‚MORDSLUST‘ geschrieben habe, ist recht früh schon ein Phänomen aufgetaucht, das mich zunächst erschreckt hat. Du nimmst Dir vor, eine Szene in eine bestimmte Richtung zu schreiben und am Ende läuft es komplett anders. In einem Kapitel zum Beispiel sollte eine neu einzuführende Person als eloquent, sympathisch und charmant rüberkommen. Schlussendlich ist es dann doch ein ziemlicher Widerling.

 

Dann haben Sie das Kapitel nochmal geschrieben?

Nein. Ich habe eine Nacht darüber geschlafen und entschieden, das musste in diesem Moment so sein. Und als jemand, der ja auch die ganze Geschichte kennt, weiß ich heute, es war eine kluge Entscheidung.  Ich habe daraus gelernt, dass Kreativität auch großen Spielraum benötigt, und man Dinge einfach auch mal zulassen muss. So nebenbei, ich hatte mich bis Seite 200 bei ‚MORDSLUST‘ noch nicht auf meine(n) Täter(in) festgelegt.

 

Herr Dechant, Sie haben zehn Jahre für den Südwestrundfunk u.a. als Moderator gearbeitet. Dürfen wir daher auch auf ein Hörbuch hoffen?

Ja, auf jeden Fall. Das ist ein absolutes Muss. Die Produktion läuft bereits und, wenn nichts dazwischenkommt, wird das Hörbuch in Zusammenarbeit mit der Hörbuchmanufaktur in Berlin spätestens im Mai als Download bei den einschlägigen Plattformen verfügbar sein.

Zusätzliche Informationen

Klaus Maria Dechant
Geboren 1966 in Mannheim
Autor: Kriminalromane

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