Was ist Erbschleicherei?

Ein Erbschleicher ist per Definition im Allgemeinen eine Person, die auf unmoralische oder widerrechtliche Weise in den Besitz einer Erbschaft zu gelangen sucht und darauf hinwirkt, zum Beispiel durch Änderungen im Testament ein nicht unwesentliches Stück vom Kuchen zu bekommen.
Oft bieten Erbschleicher den Erblassern Pflege- oder Hilfeleistungen an, schmeicheln ihm übermäßig, isolieren ihn von der Familie oder setzen ihn unter Druck, damit der Erblasser sie im Testament als Erben nennt, ihnen noch zu Lebzeiten Vermögen überträgt oder ihnen im besten Fall eine Vorsorgevollmacht ausstellt, mit deren Hilfe sich die Erbschleicher das Vermögen einfach selbst übertragen können. Meistens ist der Erbschleicher kein Familienmitglied, es gibt jedoch auch Fälle von Erbschleicherei in der eigenen Familie.

Fast schon ein Geschäftsmodell

Erbschleicherei ist in Deutschland fast schon ein Geschäftsmodell, da vorrangig die Testierfreiheit gilt, wonach grundsätzlich jeder sein Vermögen so verteilen darf wie er möchte und die gesetzlichen Erben auf einen, durch Gesetz festgelegten, Mindestanspruch beschränkt werden können. Eine Ausnahme davon gilt nur, wenn der Erblasser bei Errichtung der letztwilligen Verfügung nicht mehr testierfähig war. Er also aufgrund krankhafter Störung der Geistestätigkeit die Tragweite seiner Anordnungen nicht mehr überblicken konnte oder unter den Einflüssen Dritter handelte. Dies zu beweisen stellt die Betroffenen aber meist vor große Probleme.

Strafbarkeit von Erbschleichern?

Im Strafgesetzbuch gibt es derzeit keinen Tatbestand der Erberschleichung. Die Erbschleicherei gilt deshalb zwar als moralisch verwerflich, aber ist in Deutschland bis heute nicht strafbar. Allerdings kann der Erbschleicher durch die Art, wie er an das Erbe gelangt, gegen eine Reihe von Straftatbeständen verstoßen. Oftmals liegt ein Betrug, eine Nötigung oder Untreue vor. Zudem macht sich derjenige wegen Urkundenfälschung oder –Urkundenunterdrückung strafbar, der ein vom Erblasser so nicht gewolltes Testament anfertigt oder ein schon bestehendes Testament verschwinden lässt.

Straftatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung

Außerdem machen sich Urkundenfälscher und Urkundenunterdrücker wegen falscher Versicherung an Eides statt strafbar, weil sie im Erbscheinsverfahren die Richtigkeit ihrer Angaben eidesstattlich versichern müssen. Zudem wird der Straftatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung verwirklicht. Deshalb kann eine Anzeige in den genannten Fällen durchaus zu einer strafrechtlichen Verfolgung der Erbschleicherei führen.

Seniorin im Beratungsgespräch

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Es empfiehlt sich, rechtzeitig eine letztwillige Verfügung einzurichten.

Wie kann man sich schützen?

Um den Erbschleichern den Wind aus den Segeln zu nehmen, empfiehlt es sich, bereits zu einer Zeit, in der Sie noch nicht pflegebedürftig/betreuungsbedürftig sind, eine letztwillige Verfügung zu errichten. Ein gemeinschaftliches Testament oder ein Erbvertrag entfalten Bindungswirkung, sodass eine plötzliche Änderung nicht möglich ist. Diese letztwilligen Verfügungen sollten vor einem Notar errichtet werden; ein Erbvertrag muss immer notariell beurkundet werden. Aber auch bei handschriftlicher Testamentserrichtung sollte die letztwillige Verfügung in die amtliche Verwahrung gegeben werden, sodass eine Vernichtung oder Verfälschung jedenfalls ausscheidet.

Sollte ich mich an einen Rechtsanwalt wenden?

Eine anwaltliche Beratung ist schon zur frühzeitigen Ordnung von Vermögensangelegenheiten sinnvoll. Ein Rechtsanwalt kann ihnen zuverlässig eine Aufstellung der Schutzmöglichkeiten geben und Sie bei der Durchsetzung dieser unterstützen.
Wann sollte in jedem Fall eine anwaltliche Beratung stattfinden?
Spätestens dann, wenn der Nachlass bereits in die Hände eines Erbschleichers gefallen ist, sollte ein Rechtsanwalt mit der Prüfung beauftragt werden, ob eine letztwillige Verfügung aus den oben ersichtlichen Gründen anfechtbar oder nichtig ist.