Laut dem Bundesministerium für Gesundheit müssen jährlich schätzungsweise 1,7 Millionen Kinder unter 15 Jahren nach einem Unfall zum Arzt. Und laut Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V. (BAG) sind Unfallverletzungen eine der größten Gesundheitsgefahren für Kinder und Jugendliche in Deutschland und für Kinder ab einem Jahr die häufigste Todesursache.

Etwa jedes achte verunfallte Kind (12,5 Prozent) verbrachte mindestens eine Nacht im Krankenhaus. Die meisten Unfälle ereignen sich zu Hause bzw. im privaten Umfeld (43,8 Prozent), in der Schule oder anderen Betreuungseinrichtungen (24,2 Prozent) sowie auf dem Spielplatz oder in Sporteinrichtungen (17,4 Prozent). Interessanterweise betrachten Eltern den Straßenverkehr als das größte Unfallrisiko für ihre Kinder. Dieser ist tatsächlich nur für 7 Prozent der Unfälle bei Kindern bis 5 Jahren verantwortlich.

Video: So machen Sie das Zuhause kindersicher

Unfallrisiken für Kinder im Haushalt

Zu den größten Unfallrisiken zählen

  • Verbrennungen und Verbrühungen
  • Vergiftungen
  • Verletzungen durch umkippende Möbel
  • Stürze

Besonders gefährdet sind Kinder im zweiten Lebensjahr, die Laufen lernen und so ihren Bewegungsradius schlagartig ausdehnen.

    Um dem vorzubeugen, sollten Eltern die häusliche Umgebung umsichtig gestalten und kritische Stellen entschärfen.

    Auf dem Bett herumhüpfen birgt ein hohes Verletzungsrisiko - was Kinder nicht daran hindert, es trotzdem zu tun.

    Dejan Ristovski/iStock/Thinkstock

    Auf dem Bett herumhüpfen birgt ein hohes Verletzungsrisiko - was Kinder nicht daran hindert, es trotzdem zu tun.

    Typische Gefahrenquellen für Kinder in Haus & Wohnung

    „Wer auf ungeübten Beinen unterwegs ist, stolpert schnell mal über Hindernisse“, weiß Rudolf Kayser, Unfallexperte von ERGO. Daher sind Treppen, rutschende Teppiche oder auf dem Boden herumliegendes Spielzeug häufig die Ursache für Stürze. Auch die Küche birgt Risiken. Die Sprösslinge fassen gerne alles an oder halten sich fest. So kann es schnell passieren, dass die kleine Hand auf der heißen Herdplatte landet und Verbrennungen erleidet.

    Putzmittel oder herumliegende Messer können zu Vergiftungen oder Schnittverletzungen führen. Selbst das Wohnzimmer ist nicht frei von Gefahren: Sofa oder Stühle eignen sich prima zum Hochklettern – und Umkippen. Tischdecken oder herunterhängende Kabel laden Kinder ein, daran zu ziehen. Herabfallendes Geschirr oder Laptops können die Folge sein. Auch herumliegende Kleinteile wie beispielsweise ein Feuerzeug werden schnell zur Gefahr für Kinder.

    Wenn doch mal etwas passiert, kann eine private Unfallversicherung für Folgekosten aufkommen.

    Smitt/iStock/Thinkstock

    Wenn doch mal etwas passiert, kann eine private Unfallversicherung für Folgekosten aufkommen.

    Für ein sicheres Zuhause sorgen

    Wenn Kinder anfangen zu laufen, wird es für Eltern schwierig, sie immer im Blick zu behalten. Um brenzlige Situationen zu vermeiden, helfen Sicherheitsartikel wie Treppengitter, Herdschutzgitter oder Steckdosenkappen. In den Räumen sollte möglichst nichts auf dem Boden herumliegen. Teppiche auf einer rutschfesten Unterlage können unter unkoordinierten Kinderfüßen nicht so leicht wegrutschen. In gut beleuchteten Räumen sind Ecken und Kanten besser zu sehen. Auf Tischdecken sollten Eltern kleiner Kinder besser für einige Zeit verzichten und heiße Getränke oder Kerzen nicht an Tischränder stellen.

    Verschüttetes besser gleich aufwischen, damit die Lache nicht zur Rutschbahn wird. Glastüren können Eltern mit Aufklebern auf Augenhöhe der Kinder kennzeichnen. Außerdem sind Putz- und Waschmittel in höherliegenden Regalen oder in geschlossenen Schränken am besten aufgehoben. Sind Bücherregale instabil, ist es besser, sie an den Wänden zu befestigen. Scharfe Möbelecken und -kanten sichern spezielle Abdeckungen aus dem Baumarkt ab. Durch Antirutsch-Socken können Eltern außerdem den ein oder anderen Sturz ihrer Sprösslinge verhindern. Mit zunehmendem Alter der Kinder können Eltern ihnen mögliche Gefahrenquellen erklären und mit ihnen gemeinsam beispielsweise die Treppe meistern.

    Tipps für ein kindersicheres Bad

    Auch auf rutschfesten Hockern sollte man Kleinkinder nicht unbeaufsichtigt lassen.

    Halfpoint/iStock/Getty Images Plus

    Auch auf rutschfesten Hockern sollte man Kleinkinder nicht unbeaufsichtigt lassen.

    Das Badezimmer ist für Kinder ein Paradies. Wasser stellt immer eine ganz besondere Faszination dar und der Blick in den Spiegel macht schon den Kleinen Spaß. Daher entwickelt sich das Badezimmer gerne zum Spielplatz - allerdings verbergen sich im Bad auch Gefahren. Vor allem die Kombination von Strom und Feuchtigkeit, aber auch gewagte Kletteraktionen, um den Wasserhahn zu erreichen, beherbergen Risiken. Aus diesem Grund sollten Eltern einige Tipps bei der Gestaltung eines kindgerechten Badezimmers beachten.

    1. Elektrizität im Badezimmer ist gefährlich für Kinder

    Die Kombination von Wasser und Elektrizität ist für Kinder besonders gefährlich. Gerade Steckdosen im Bad sollten daher mit einer ausreichenden Sicherung versehen und außerhalb der unmittelbaren Reichweite von Kindern angebracht werden. Ebenso sollten die jungen Familienmitglieder keinen Zugang zu elektrischen Geräten wie dem Fön haben.

    2. Abgerundete Ecken verringern Verletzungsrisiko im Bad

    Bei den Einrichtungsgegenständen sollte darauf geachtet werden, dass spitze Ecken vermieden werden. Als „kindgerecht“ ausgewiesene Badmöbel verfügen bereits ab Werk über abgerundete Kanten. Alternativ lassen sich spitze Ecken auch mit aufsetzbaren Kunststoffecken nachträglich abrunden. Wichtig bei Regalen und Schränken ist, dass die Zwischenböden nicht nur aufliegen, sondern gut im Innern fixiert sind. Das verringert die Gefahr, dass sich die Ablageflächen herauskippen lassen.

    3. Höhenverstellbare Möbel helfen Kindern

    Bei Waschtisch und WC spielt vor allem die Höhe eine Rolle, die für Kinder adäquat sein sollte. Als raffinierte Lösung bieten sich Waschtische und WCs an, die in der Höhe variabel sind. Alternativ kann ein Treppchen bereitgestellt werden, das rutschfest und standsicher sein muss.

    Bei leicht zugänglichen Gefahrenstoffen lauert Vergiftungsgefahr für Kinder

    Antonio Diaz/iStock/Getty Images Plus

    Bei leicht zugänglichen Gefahrenstoffen lauert Vergiftungsgefahr für Kinder

    Was tun bei Vergiftungen?

    Haben Eltern den Verdacht, dass der Nachwuchs giftige Substanzen geschluckt hat, sollten sie umgehend die Giftnotrufzentrale anrufen. Diese hilft bei akuten Vergiftungsfällen und ist 24 Stunden erreichbar. Eine Liste mit den Nummern für die jeweiligen Städte finden Eltern unter → www.kindergesundheit-info.de. Ein Arzt ordnet dann gegebenenfalls die nötigen Behandlungsschritte an.

    Die App → "Vergiftungsfälle bei Kindern" des Bundesinstituts für Risikobewertung ist ebenfalls eine wichtige Informationsquelle. Im Notfall kann sie direkt eine Verbindung zur zuständigen Giftinformationszentrale herstellen. Dort stehen rund um die Uhr Experten zur Verfügung, die über giftige Stoffe gut informiert sind und Eltern in akuten Notfällen unterstützen können. 

    Die → Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburgunter der Telefonnummer 0761 19240 ist ein 24h Notfall- und Informations-Service für Informationen im Zusammenhang mit Vergiftungen. Für allgemeine Informationsanfragen bitten nur von 9:00 - 12:00 oder 14:00 - 16:00 Uhr anrufen. Die Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg ist vom Land Baden-Württemberg nach Chemikaliengesetz (§16e) als Giftinformationszentrum benannt worden.

    Vergiftungsgefahr im Alltag

    Viele Eltern unterschätzen die Gefahren, die von alltäglichen Reinigungs- und Pflegemitteln ausgehen. Es ist wichtig, Alkohol und Zigaretten immer sicher vor Kindern aufzubewahren. Das Gleiche gilt für Medikamente, kleine Batterien (Knopfzellen) oder giftige Zimmerpflanzen. Da kleine Kinder ihre Umgebung oft mit dem Mund erkunden, können sie schädliche Stoffe schnell über die Schleimhäute aufnehmen.

    Bei Symptomen wie Erbrechen, Bauchschmerzen oder Schwindel ist stets eine mögliche Vergiftung als Ursache in Betracht zu ziehen. Medizinische Laien sollten nicht selbstständig Maßnahmen ergreifen, wenn eine Vergiftung vermutet wird. Als erster Schritt sollte immer der Kontakt zum Giftnotruf hergestellt werden. Da es keine bundesweit einheitliche Nummer für den Giftnotruf gibt, ist es ratsam, die Kontaktdaten der regionalen Notrufzentrale vorsorglich im Smartphone zu speichern.

    Erste Hilfe bei Vergiftungen

    Die Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg rät folgendes:

    • Ruhe bewahren
      Keine übereilten Maßnahmen durchführen, insbesondere
      • kein Salzwasser geben
      • keine Milch geben
      • kein Erbrechen auslösen
    • ABC-Maßnahmen bei schweren Symptomen wie Bewusstlosigkeit und Atemnot anwenden, Notarzt verständigen Rufnummern 112 oder 110
    • Anruf bei einer Gift-Informations-Zentrale z.B. VIZ Freiburg 0761 / 19240 (Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg/Baden-Württemberg), unten stehende Angaben bereithalten
    • Einige Schlucke zu trinken geben (Wasser, Tee oder Saft, jedoch keine Milch)
    • Nach Augenkontakt oder Hautkontakt mit Wasser spülen
    • Nach Einatmung giftiger Gase: Frischluftzufuhr
    • Für die Vergiftungsberatung sind folgende Angaben wichtig:
      • Wer (Alter, Gewicht des Betroffenen) hat
      • Was (genauer Name des Giftstoffes bzw. Produkts, am besten von der Packung ablesen)
      • Wann (genauer Einnahmezeitpunkt)
      • Welche Menge (genaue Mengenangabe bzw. maximal mögliche Menge) eingenommen?
      • Was wurde bisher unternommen?
      • Wie geht es dem Patienten?
      • Wie ist der Anrufer erreichbar? (Rückrufnummer)

    Versicherungsschutz prüfen

    „Für Eltern ist es wichtig zu wissen, dass die gesetzliche Unfallversicherung nur in Kita, Kindergarten und Schule schützt“, weiß Kayser. Und eine Krankenkasse kommt nur für die medizinisch notwendige Versorgung des Kindes auf, egal, wo der Unfall passiert ist – ob in der Kita oder Freizeit. Wenn die Unfallfolgen beispielsweise zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Kindes führen, dann kann die private Unfallversicherung helfen. Das ist besonders wichtig, wenn der Unfall in der Freizeit passiert ist.

    Es ist so gut wie unmöglich, jeden Unfall zu verhindern: Kleine Kratzer und Schürfwunden gehören zum Großwerden einfach dazu.