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Zeiger vertauscht

Echte „Möllinger Uhr“ tickt am Schwetzinger Schloss

Schwetzingen: Turmuhr im Schloss

Foto: amoos

Die Zeit zeigt Johann Jacob Möllingers Uhr am Schwetzinger Schloss auf ihre ganz eigene Weise: Großer und kleiner Zeiger sind vertauscht.

Die Turmuhr wurde von Johann Jacob Möllinger hergestellt. Der berühmte Uhrmacher war für die Kurfürsten Carl Philipp und Carl Theodor am kurpfälzischen Hof tätig.

Technik-Freak

Der technikbegeisterte Kurfürst Carl Theodor hätte an der Zeitumstellung vermutlich seine Freude gehabt – immerhin sammelte er mit Leidenschaft hochwertige Uhren. Viele von ihnen sind mit aufwendigen technischen Spielereien ausgestattet. Eine von ihnen befindet sich am Schloss Schwetzingen – ein Uhrwerk, das drei Ziffernblätter bedient. Zwei an der Ehrenhofseite des Gebäudes, eines an der Gartenseite. Gerfertigt hat sie der berühmte Uhrmacher Johann Jacob Möllinger.

Turmuhren zählten zu Möllingers Spezialitäten: So stammt etwa die Uhr des Speyrer Altpörtels oder das ursprüngliche Uhrwerk der Dreifaltigkeitskirche in Worms von ihm. Auch für die kurfürstliche Sommerresidenz zu Schwetzingen lieferte Möllinger 1763 eine neue Turmuhr – eines seiner letzten Werke: „AUF HOHEN FÜRSTERICHEN BEFEHL WURDE DIESES WERCK VON JACOB MÖLLINGER AUS NEUSTADT VERFERTIGT Ao. 1763.

1968 – über 200 Jahre später – wurde sie stillgelegt und durch eine elektromechanische Uhr ersetzt. Das originale Uhrwerk ist jedoch weitestgehend am alten Platz erhalten.

Schwetzingen: Ehrenhof des Schlosses

Günther Bayerl/SSG

Schwetzingen: Ehrenhof des Schlosses

Markantes Merkmal der Schlossarchitektur: Die Uhr von Schloss Schwetzingen - hier von der Frontansicht auf den Ehrenhof in zweifacher Ausführung sichtbar.

Daheim im Südwesten

Möllinger ist ein Kind des Südwestens: Er wurde am 4. Dezember 1695 in Dühren bei Sinsheim geboren. Das Uhrmacherhandwerk erlernte er im kurpfälzischen Frankenthal. Als Mennonit war ihm eine Tätigkeit als Handwerker eigentlich untersagt, doch Möllinger erhielt eine Sondergenehmigung. 1721 zog er ins damalige Neustadt auf der Haardt, heute Neustadt an der Weinstraße in der Pfalz. Dort gründete Möllinger seine Werkstatt, die aus bis zu zehn Gesellen bestand. Seine Uhren waren äußert begehrt – bis nach Nordamerika lieferte er seine Waren. Am 17. Januar 1763 starb Johann Jacob Möllinger in Neustadt. Er hinterließ acht Söhne und eine Tochter, die alle den Beruf des Uhrmachers erlernten und an verschiedenen Höfen tätig waren. Am bekanntesten wurde sein Sohn Christian (1754 - 1799). Er ging nach Berlin und wurde Oberhofuhrmacher von König Friedrich dem Großen.

Seltsame Zeiten

Übrigens: Möchte man in Schloss Schwetzingen die Uhrzeit wissen, muss man nicht nur wegen der doppelten Uhr auf der Ehrenhofseite zweimal hinschauen. Bei den Uhren zeigen die großen Zeiger die Stunden und die kleinen Zeiger die Minuten an. Selbst Historiker, die sich intensiv mit der Geschichte des Schlosses befassen, sind ratlos. Sie halten es für wahrscheinlich, dass sich der Kurfürst mit den vertauschten Zeigern schlicht einen Scherz erlaubt hat. Vielleicht wollte er damit andeuten, dass Zeit beim Betreten seines Reiches keine Rolle spielen solle...

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