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Nicht gegen den Willen der Gemeinden

Land verzichtet auf Erstaufnahmestelle in Pforzheim

Die Stadt Pforzheim muss laut Finanzministerium eine Gewerbeimmobilie für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge nicht kaufen.

Uli Deck/dpa/Archivbild

Die Stadt Pforzheim muss laut Finanzministerium eine Gewerbeimmobilie für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge nicht kaufen.

Pforzheim muss nach dem ablehnenden Votum des Gemeinderats nicht mehr mit einer Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge rechnen. Die Landesregierung verzichte endgültig auf eine solche Einrichtung in der Stadt, teilte Oberbürgermeister Peter Boch am Montag mit. «Das sind ausgesprochen gute Nachrichten, die wir mit großer Erleichterung aufnehmen», erklärte der CDU-Politiker der Mitteilung zufolge. Grund für die Absage sind nach Auskunft der zuständigen Ministerien wirtschaftliche Aspekte.

Gebäude für 1000 Geflüchtete

Das Land hatte eine Immobilie auf einem Industriegelände im Brötzinger Tal in Pforzheim für rund 1000 Geflüchtete im Visier. Der Gemeinderat hatte sich vor knapp einem Jahr mit großer Mehrheit dagegen ausgesprochen.

Skepsis und Vorteile

Während in der Bevölkerung von Anfang an die Skepsis groß war, hatte sich unter anderem Rathauschef Boch Vorteile davon versprochen. Denn Kommunen mit einer Landeserstaufnahmestelle bekommen weniger oder sogar keine Flüchtlinge für die vorläufige und Anschluss-Unterbringung zugewiesen, sparen sich also die damit verbundenen Kosten.

Damoklesschwert und Handlungsbedarf

Aufgrund der hohen Zahl neu ankommender Flüchtlinge, hatten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und das Migrationsministerium allerdings erklärt, als letzte Möglichkeit müssten Einrichtungen auch gegen den Willen von Städten und Gemeinden entstehen können.

Das Migrations- und das Finanzministerium kamen in Bezug auf die Gewerbeimmobilie in Pforzheim nun jedoch zu dem Schluss, dass ein Betrieb einer Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge dort aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert werden könne. «Das Land wird daher die Prüfungen an dieser Stelle nicht weiterverfolgen», heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Auch in anderen Regionen Baden-Württembergs wird die Einrichtung zentraler Aufnahmestellen geprüft. Und auch andernorts sind die Pläne teils heftig umstritten.

Kommunen in Bedrängnis

«Entscheidungen von solch großer Tragweite können nur gemeinsam mit den Kommunen getroffen werden», betonte Boch. Dennoch brauche es weitreichendere Lösungen in der Migrations- und Zuwanderungspolitik als bisher. Auch wenn die Zuweisungszahlen aktuell etwas gesunken seien, befänden sich die Kommunen nach wie vor am Anschlag. «Für uns Kommunen ist eine verlässliche, dauerhafte Perspektive auf reduzierte Aufnahmezahlen notwendig, damit wir Unterbringung und Integration schultern können.»