Nicht nur in der Urlaubs- und Ferienzeit ist viel los auf Deutschlands Autobahnen. Obwohl man es in der Fahrschule lernt, vergessen viele, wie man sich in bestimmten Situationen beim Fahren auf der Autobahn zu verhalten hat.
Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, und weitere Experten geben Tipps für sicheres Fahren auf der Autobahn.
Video: Tipps vom Fahrlehrer – Auffahren, Überholen, Abfahren
1. Sicher auf die Autobahn auffahren
Bei der Auffahrt auf die Autobahn gilt es, zügig auf den Beschleunigungsstreifen zu fahren und seine gesamte Länge zum Einfädeln zu nutzen. „Auf dem Beschleunigungsstreifen dürfen Autofahrer übrigens schneller fahren als die Fahrzeuge auf der Hauptfahrbahn – das heißt, sie dürfen diese rechts überholen“, informiert Michaela Rassat.
„Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) hat außerdem der fließende Verkehr auf der Autobahn immer Vorfahrt.“ Das heißt: Auffahrende Fahrer müssen eine Lücke abwarten, da das Reißverschlussverfahren hier nicht gilt. „Endet der Beschleunigungsstreifen, ohne dass sich eine Möglichkeit zum Einfädeln ergeben hat, müssen Urlauber anhalten und auf eine Lücke warten“, so die Rechtsexpertin.
… und wieder abfahren
Wer die Autobahn auf der dafür vorgesehenen Ausfahrt verlassen möchte, muss auch den Verkehr rechts neben sich im Auge behalten. Manchmal ist die dafür vorgesehene Fahrbahn zugleich auch der Beschleunigungsstreifen für einfahrende Fahrzeugführer.
Übrigens: Wer die Ausfahrt verpasst hat, darf weder umdrehen noch auf dem Standstreifen rückwärtsfahren, § 18 VII StVO. Man gefährdet damit schließlich nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das der anderen Verkehrsteilnehmer, die auf der Autobahn nicht mit einem derartigen Fahrmanöver rechnen. Im Übrigen riskiert man nicht nur ein Bußgeld, sondern auch Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot und im schlimmsten Fall sogar eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c I Nr. 2f Strafgesetzbuch (StGB).
2. Das Rechtsfahrgebot auf der Autobahn
Was bedeutet eigentlich das Rechtsfahrgebot auf deutschen Autobahnen? „Die StVO schreibt vor, dass Autofahrer immer möglichst weit rechts fahren müssen. Die linke Spur dürfen sie nur zum Überholen nutzen“, erläutert Rassat. Es gibt jedoch eine Sonderregel für dreispurige Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften. Hier dürfen Autofahrer auf der Mittelspur bleiben, auch wenn rechts nur hin und wieder ein Fahrzeug unterwegs ist. Damit möchte der Gesetzgeber überflüssige, riskante Spurwechsel vermeiden.
Bei den Gerichten hat sich aber folgende Faustregel herausgestellt: „Sobald die Spur rechts deutlich länger als 20 Sekunden frei ist, müssen Fahrer wieder nach rechts wechseln“, so die Juristin. Sonst verstoßen sie gegen das Rechtsfahrgebot auf der Autobahn und das kann ein Bußgeld von 80 Euro und einen Punkt in Flensburg zur Folge haben.
Video: Rechtsfahrgebot: Wann gilt es und wann nicht?
3. Richtige Geschwindigkeit und genügend Abstand
Die Autobahnen in Deutschland sind dafür bekannt, keine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung zu haben. „Es empfiehlt sich aber, sich an eine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h zu halten“, sagt Rassat.
Wer diese überschreitet und in einen Unfall verwickelt wird, haftet anteilig (bis zu 30 Prozent) für den dabei entstandenen Schaden. Schließlich hat man aufgrund der schnellen Fahrweise zum Unfall beigetragen – dieses Mitverschulden muss man sich anrechnen lassen.
Allerdings ist auch das Langsamfahren ohne triftigen Grund laut StVO verboten, wenn es den Verkehrsfluss behindert. Die Rechtsexpertin rät daher, die Geschwindigkeit immer an die Verkehrssituation und die Witterungsverhältnisse anzupassen.
Um die Sicherheit zu erhöhen, sollten Autofahrer außerdem genügend Abstand zu dem Fahrzeug vor ihnen einhalten. „Die optimale Distanz ergibt sich aus dem halben Tachowert in Metern. Wer 100 km/h fährt, sollte also 50 Meter Abstand halten“, erläutert die Juristin von ERGO. Orientierung bieten die Leitpfosten am Fahrbahnrand alle 50 Meter.
4. Das gilt beim Überholen
Beim Überholen sollten Autofahrer besonders aufmerksam sein und darauf achten, andere nicht zu gefährden. „Außerdem gilt laut § 5 StVO: Überholen ist nur links erlaubt. Ausnahmen sind nach § 7 Abs. 2a StVO stockender Verkehr und Stau“, so die Rechtsexpertin. „Hier gilt die Faustregel: Stehen die Fahrzeuge links oder fahren sie höchstens 60 km/h schnell, dürfen Fahrer auf der rechten Spur sie mit einer maximalen Differenzgeschwindigkeit von 20km/h vorsichtig überholen.“ Ein Überholverbot gilt bei unklarer Verkehrslage.
Übrigens: Auch Fahrer, die überholt werden, haben Pflichten: Sie dürfen nicht Gas geben oder den Überholenden behindern.
5. Seitenstreifen nur in Ausnahmefällen nutzbar
Vor allem bei Stau ist es verlockend, den Seiten- beziehungsweise Standstreifen zu befahren – etwa, um schneller zur nächsten Ausfahrt zu gelangen. „Doch das ist strikt verboten“, so die ERGO Juristin. Gemäß § 2 I StVO gehört der Seitenstreifen bzw. Standstreifen nicht zur Fahrbahn.
Nur wer eine Panne oder einen Unfall hat, darf sein Fahrzeug auf dem Standstreifen abstellen. Außerdem dient er Einsatzfahrzeugen dazu, schneller zum Unfallort zu gelangen.
„Autofahrer dürfen den Seitenstreifen nur befahren, wenn dies explizit erlaubt ist“, erläutert Rassat. Das kann zum Beispiel bei hohem Verkehrsaufkommen an Hauptreisetagen oder bei Baustellen der Fall sein. Autofahrer, die sich nicht daran halten, riskieren ein Bußgeld und einen Punkt in Flensburg.
Unfall auf der Autobahn
Wer einen Unfall vor sich bemerkt, muss die Geschwindigkeit reduzieren, die Warnblinkanlage einschalten und für die Rettungsfahrzeuge eine Rettungsgasse bilden. Bei Missachtung drohen Bußgelder, Punkte in Flensburg und Fahrverbote. Wer in den Unfall direkt involviert ist, sollte den Warnblinker anstellen, die Warnweste anziehen, das Auto verlassen, das Warndreieck aufstellen und sich aus der Gefahrenzone retten. Bei mindestens einer verletzten Person ist der Notruf zu wählen und dann Erste Hilfe zu leisten.
► Was bei einem Autobahnunfall sonst noch zu tun ist, erfahren Sie hier
6. Was gilt bei Stau?
Wer auf ein Stauende zufährt, sollte ausreichend Abstand halten, den Warnblinker anschalten (vgl. § 16 II StVO) und die Geschwindigkeit vorsichtig reduzieren.
Die wichtigste Regel: Rettungsgasse bilden! Dazu sollten Autofahrer auf der linken Spur so weit wie möglich nach links fahren, während diejenigen auf den übrigen Spuren so weit wie möglich nach rechts fahren. Der Standstreifen bleibt dabei allerdings frei.
Michaela Rassat rät außerdem, das Auto nicht zu verlassen, wenn keine Notsituation vorliegt und auch die Handynutzung ist bei laufendem Motor tabu. Darüber hinaus ist es verboten, zu wenden oder rückwärts zu fahren – das wird mit einem Bußgeld von bis zu 290 Euro bestraft. „Auch Motorradfahrer dürfen sich bei einem Stau nicht zwischen den stehenden Fahrzeugen hindurchschlängeln“, ergänzt Rassat.
7. Was, wenn ein Geisterfahrer kommt?
Wer im Radio von einem Geisterfahrer auf seiner Strecke erfährt, dem empfiehlt die Rechtsexpertin von ERGO Folgendes: Tempo reduzieren und möglichst weit rechts fahren. Ebenfalls wichtig: Ausreichend Abstand zu vorherfahrenden Fahrzeugen einhalten und nicht überholen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dem rät Rassat, die Autobahn so bald wie möglich zu verlassen oder auf einem Rastplatz eine Pause einzulegen, bis Entwarnung kommt.
► Wie man auf Geisterfahrer richtig reagiert, erfahren Sie hier
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