Für E‑Biker gelten wie für jeden anderen Radler die Regeln der Physik und der Straßenverkehrsordnung. Wer letztere beachtet und erstere nutzt, wird mit dem Pedelec viel Freude erfahren. Wie bei allen technischen Geräten steht auch vor der Inbetriebnahme eines E-Bikes das genaue Studium der Betriebsanleitung. Worauf beim Kauf zu achten ist, erfahren Sie hier.

Zwischen den verschiedenen Antrieben gibt es Unterschiede, die sich auf das Fahrverhalten auswirken. Im Fahrbetrieb verhält sich das Elektrorad ähnlich dem klassischen Velo gleicher Radgattung, nur kommt der Schub hinzu. An diesen Effekt gewöhnt man sich schnell, am besten beginnt man mit den niedrigen Unterstützungsstufen in einem verkehrsberuhigten Umfeld. Auch spezielle Fahrtechnikkurse, z. B. vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) oder beim örtlichen Fachhändler, können im ersten Schritt helfen.

Frau mit Pedelec im Feld

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Am besten man probiert das neue Gefährt abseits des Staßenverkehrs in aller Ruhe aus. Idealerweise hat man auch vor dem Kauf eine Probefahrt gemacht.

Vorausschauendes Fahren

Umsicht ist das A und O bei der Teilnahme im Straßenverkehr. Gerade der E‑Bike-Fahrer tut gut daran, Situationen schnell einzuschätzen, um adäquat reagieren zu können. Denn andere Verkehrsteilnehmer assoziieren mit dem Anblick eines Radlers keine hohen Geschwindigkeiten. Das fällt etwa in Vorfahrtsituationen ins Gewicht – ein wartepflichtiger Autofahrer, der sich vor einem eher langsamen Radfahrer noch ganz gut einfädeln könnte, verschätzt sich beim E‑Biker möglicherweise. „Für andere Verkehrsteilnehmer mitzudenken ist auch beim E‑Bike-Piloten enorm wichtig. Vor allem, wenn man als S‑Pedelec-Fahrer jenseits der 30 Stundenkilometer unterwegs ist. Diese Geschwindigkeiten werden oft unterschätzt“, so E-Bike-Experte Horst Schuster.

Übersetzt man diesen Sachverhalt in Fahrtechnik, so ergibt sich folgende Grundregel: Die Blickrichtung entscheidet, wohin wir fahren und lässt uns Fahrsituationen entsprechend einschätzen. „Wer den Kopf vom Vorderrad löst und voraus schaut, fährt sicherer“, weiß Jan Zander, Gründer einer Mountainbike-Schule. Für eine Kurvenfahrt bedeutet das: „Man dreht Kopf und Oberkörper aktiv in die Kurvenrichtung und schaut frühzeitig aus der Kurve hinaus. So meistert man übrigens auch enge Kurven“, weiß der Fahrtechnik-Profi.

Gleichgewicht schulen

Langsame Fahrten gehören für E‑Biker zur Tagesordnung im Straßenverkehr und werden nicht selten zur Wackelpartie. Spurtreues Fahren bei langsamen Geschwindigkeiten lässt sich aber üben, etwa auf einem leicht abschüssigen Weg, auf dem man seine Geschwindigkeit immer weiter verringert. Droht man zu kippen, stabilisiert ein leichter Tritt ins Pedal und das Spiel beginnt von vorn. „Es lohnt sich, dabei aus dem Sattel zu gehen und den Körperschwerpunkt leicht in Richtung Vorbau zu verlagern“, meint Mechaniker und Fahrrad-Experte Marc Jersch. „Außerdem sollte man mit Gepäck üben. Vollgeladene Gepäckträgertaschen oder auch Rucksäcke können das Fahrverhalten gerade beim Langsamfahren beeinflussen.“

Profitipps: Richtig bremsen

Leicht höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten und das Mehrgewicht von Motor und Antrieb verlangen eine stetige Bremsbereitschaft und eine saubere Technik bei einer Vollbremsung. Um ein Gefühl für das Bremsverhalten des Zweirads zu bekommen, hilft zunächst ein bewusstes Blockieren des Hinterrads. „Wer weiß, wie sich ein ausbrechendes Hinterrad anfühlt, weiß es auch zu beherrschen. Bricht das Hinterrad zu stark aus, einfach die Bremse lösen und das Rad zieht wieder in seine gewohnte Bahn“, sagt der erfahrene Mountainbiker Philipp Martin.

Hinzu kommt noch die ideale Körperhaltung bei einer Vollbremsung, die Marc Jersch beschreibt: „Aus dem Sattel gehen und den Körperschwerpunkt etwas hinter den Sattel bringen. Arme und Beine sind dabei fast gestreckt und stützen sich gegen Pedal und Lenker. Aber: Die Arme nie komplett durchstrecken. So hat man weiterhin Spielraum für kleinere Lenkbewegungen.“

Einen möglichst kurzen und dabei sicheren Bremsweg erreicht man aber erst durch den gleichzeitigen Einsatz von Vorder- und Hinterradbremse. Im Vorfeld muss sich der Fahrer im Klaren darüber sein, welcher Hebel welche Bremse betätigt. Die größte Verzögerungskraft baut übrigens die Vorderradbremse auf, bei falscher Dosierung wirft sie einen aber auch aus dem Sattel. Es gilt, sich an die optimale Dosierung durch mehrfaches Üben heranzutasten, denn viele E‑Bikes haben mittlerweile hydraulische Bremssysteme, die für umsteigende Fahrer ungewohnt sein können. Im Idealfall überträgt die Vorderradbremse zwei Drittel der gesamten Bremskraft.

„Doch nicht nur die Armkraft, auch der Untergrund entscheidet über das Verhalten des Vorderrads. Auf glattem oder rutschigem Untergrund dosiert man die Vorderradbremse möglichst behutsam und vorsichtig“, rät Martin. Zusätzlich auf Nummer sicher geht, wer ein Rad mit ABS kauft. „Die Idee stammt aus dem Motorradbereich: Bei kniffligen Bremsvorgängen wird die Bremskraft der Vorderradbremse dosiert, sodass ein Blockieren oder ein Sturz über den Lenker vermieden wird“, erklärt E-Bike-Expertin Anja Knaus.

Übrigens: Gebremst wird jeweils mit zwei Fingern an den Bremsen. Moderne starke Scheibenbremsen erlauben sogar einen Finger. So bleibt der Lenkergriff auch bei der härtesten Bremsung fest von der Hand umschlossen.

Bordsteinkanten meistern

Bordsteinkanten begegnen uns auf allen Alltagswegen. Sie richtig zu meistern ist besonders wichtig, da ansonsten Beschädigungen des Vorderrads auftreten können oder ein Sturz droht. „Wichtig ist es im ersten Schritt, mit niedriger Geschwindigkeit im rechten Winkel auf das Hindernis zuzufahren und dabei die Pedale waagrecht zu haben“, erläutert Fahrradexperte Carsten Schabacher. „Hindernisse wie Bordsteine überfährt man am besten im Stand.“ Dafür gehe man kurz in die Knie, entlaste das Vorderrad und hebe es mit leichtem Zug am Lenker über das Hindernis. Mit ein bisschen Übung geht das ganz flüssig.