Patienten mit Hyperakusis haben eine unspezifische Geräuschintoleranz, d.h. alle möglichen Umgebungsgeräusche können als unangenehm und zu laut empfunden werden. Hyperakusis ist nicht zu verwechseln mit Hypakusis (Schwerhörigkeit).

Diagnostik einer Hyperakusis

Bei Hyperakusis können Geräusche wie das Klingeln des Telefons oder Motorengeräusche bei betroffenen Personen Stress und Nervosität, bis hin zu Herzrasen und Schweißausbrüchen auslösen. Durch die Beeinträchtigung von Hören, Schlafen, Konzentration, sowie des emotionalen Wohlbefindens kann eine Hyperakusis vielfältige negative Effekte auf die Lebensqualität des individuellen Patienten haben. Auch die eigene Stimme kann als so unangenehm empfunden werden, dass es zu sozialem Rückzug des Patienten kommt.

Grafik Querschnitt des menschlichen Ohrs

Vultur Dana Mihaela/iStock/Getty Images Plus

Der Schall dringt durch die Luftleitung, also Außen-, Mittel- und Innenohr - wenn es keine Hindernisse gibt. Außerdem durch die Knochenleitung direkt durch den Schädel.

Die Diagnose einer Hyperakusis ist komplex. Bisher konnte sich kein allgemeines Standardvorgehen etablieren. Ein zentraler Bestandteil der Diagnostik ist das Patientengespräch, da erhöhte Geräuschempfindlichkeit in erster Linie ein subjektives Symptom darstellt und die Diagnose daher hauptsächlich auf dem Patientenbericht basiert.

Weiterhin kann der Hals-Nasen-Ohren Arzt, ähnlich einem normalen Hörtest, ein Unbehaglichkeitsschwellen-Audiogramm erstellen. Bei Patienten mit Hyperakusis zeigt sich dabei eine erniedrigte Unbehaglichkeitsschwelle, d. h. bereits relativ leise Töne werden als unangenehm empfunden. Dabei ist es auch wichtig, die Hyperakusis von einer Misophonie zu unterscheiden, einem Phänomen, bei dem nur bestimmte Geräusche als unerträglich wahrgenommen werden. Verschiedene Fragebögen zur Evaluation des Ausmaßes der Hyperakusis stehen zur Verfügung, jedoch bedürfen diese weiterer Validierung und Erforschung.

Was sind die Ursachen von Hyperakusis?

Der genaue Pathomechanismus der Hyperakusis ist noch ungeklärt. Am ehesten wird derzeit von einer Störung des zentralen auditorischen Systems im Gehirn ausgegangen. Hyperakusis kann durch Stress und Angstzustände verschlimmert werden und ist mit einer erhöhten Inzidenz an Depression assoziiert.

Eine reduzierte Geräuschtoleranz wird mit zahlreichen weiteren Krankheitsbildern in Verbindung gebracht, wie z.B. Tinnitus, Migräne, Lyme-Borreliose, bestimmte angeborene Syndrome, sowie verschiedene Erkrankungen und Eingriffe im Bereich des Innenohrs. Ebenso kann sie als Folge eines Kopftraumas oder der Einnahme von Medikamenten wie Benzodiazepinen auftreten.

Hyperakusis und Tinnitus („Ohrgeräusche“) treten oft gemeinsam auf. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass es sich um zwei eigene Phänomene handelt, auch wenn sich die Entstehungsmechanismen ähneln. Hyperakusis tritt in den allermeisten Fällen beide Ohren, wobei ein Tinnitus oft einseitig und teilweise intermittierend vorliegt.

Therapie der Hyperakusis

Viele Fragen bezüglich der optimalen Therapieform einer Hyperakusis sind noch unbeantwortet. Der Einsatz der Geräuschtherapie ist weit verbreitet. Ein Ansatz ist die Exposition gegenüber einem zunächst leisen Ton und die anschließende Steigerung der Intensität über Wochen mit dem Ziel der Desensibilisierung. Alternativ wird die Exposition gegenüber einem leisen, angenehmen Ton über längere Zeit belassen, mit dem Ziel eine „Rekalibrierung“ des Gehörsystems zu erreichen.

Oft kommen dabei kleine, tragbare Rauschgeneratoren („Noiser“) zum Einsatz, die dabei helfen die Geräusche auf einem konstanten und kontrollierten Level zu halten. Diese Noiser sind teilweise in ein Hörgerät integriert und werden vor allem bei der Therapie des Tinnitus („Tinnitus-Retraining-Therapie“, TRT) eingesetzt. Unabhängig von der Geräuschquelle hat sich gezeigt, dass es für Hyperakusis Patienten empfehlenswert ist, eine kontinuierliche Geräuschexposition aufrechtzuerhalten und totale Stille zu vermeiden.

Ein weiterer Therapieansatz aus der Psychologie ist die kognitive Verhaltenstherapie. Eine Kombination von Geräusch-basierter Therapie und kognitiver Verhaltenstherapie hat sich bereits beim Tinnitus als vorteilhaft erwiesen und könnte auch bei der Hyperakusis von Nutzen sein; dies ist jedoch noch Gegenstand der aktuellen Forschung.