Der 19. November ist „Welttoilettentag“. Was sich auf den ersten Blick komisch oder befremdlich anhört, hat allerdings einen ernsten Hintergrund: Der Aktionstag möchte auf eine ernste Problematik aufmerksam machen: Zwei Drittel der Weltbevölkerung haben keinen Zugang zu einer gesicherten Sanitärversorgung. Dabei haben Hygiene und Reinlichkeit eine lange Geschichte – das zeigen etwa die „stillen Örtchen“ im Schloss und Schlossgarten Schwetzingen.

Zeitreise in die WC-Geschichte

Hier können Besuchende die Geschichte der Toilette erkunden: Im Badhaus des Schlossgartens befand sich ein sogenannter Leibstuhl - ein Holzgestell mit Sitzbrille, die mit Stoff bezogen und mit Rosshaar gepolstert war. Auf einem darunter angebrachten Brett stand ein Nachttopf aus Keramik. Seit 1775 stand der Leibstuhl in der Toilette des Badhauses, von den Zeitgenossen als „Retirade“ bezeichnet, abgeleitet vom französischen Wort „retirer“ für „zurückziehen“. Dieses scheinbar gewöhnliche Möbelstück ist vermutlich der einzige originale Leibstuhl, zumindest der Kurpfalz, der mit einer bestimmten Person –  Kurfürst Carl Theodor – in Verbindung gebracht werden kann. Ob der prachtliebende Kurfürst dieses einfache Möbel tatsächlich verwendet hat, darf jedoch bezweifelt werden. In den Wintermonaten ist das Badhaus geschlossen.

Toiletten-Retirade von Kurfürstin Elisabeth Auguste im Schloss Schwetzingen

SSG/Ursula Wetzel

Diskret hinter der Tür: Hierhin zog sich Kurfürstin Elisabeth-Auguste zur Verrichtung der „alltäglichen Geschäfte“ zurück.
Leibstuhl von Carl-Theodor im Badhaus im Schwetzinger Schlossgarten

LMZ/SSG

Auch ein Kurfürst muss mal ... Auf „seynem stillen Örtchen“ - Carl-Theodors „Leibstuhl“ im Badehaus.
PreviousNext

Auch Kurfürstin Elisabeth Augusta, die Ehefrau von Kurfürst Carl Theodor, besaß ein eigenes „geheimes Gemach“. Vom Schlafzimmer ihres Appartements im Schwetzinger Schloss führt eine Tapetentür zur Toilette, die mit grüner Holzvertäfelung ausgekleidet ist – und in der sich ebenfalls ein Leibstuhl befindet. War der „Stuhlgang“ erfolgreich, konnte dieser über eine Durchreiche am Boden diskret entsorgt werden. Über ein angrenzendes Treppenhaus entfernten die Bediensteten die kurfürstlichen Hinterlassenschaften.

Spülung inbegriffen

Später, am Ende des 19. Jahrhunderts, erleichterte ein mobiler Leibstuhl mit eingebauter Wasserspülung „das Geschäft“ – damals eine echte Sensation! Die Wasserspülung diente nicht nur zur Reinigung des Porzellanbeckens, sondern schützte auch vor unangenehmem Geruch. Der raffinierte Leibstuhl aus der Zeit um 1880 und die „Retirade“ der Kurfürstin können bei Schlossführungen besichtigt werden.