„Natürlich“ liegt im Trend, sei es beim Essen, bei der Kleidung, bei der Gesundheits- oder Körperpflege. Kein Wunder also, dass auch ätherische Öle seit Jahren immer mehr Anhänger finden.

Dem Boom der Aromatherapie zum Trotz halten sich einige Falschinformationen über Anwendung, Nutzen und Wirkungsweisen hartnäckig. Eine Expertin klärt auf.

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Wofür eignen sich ätherische Öle?

„Ätherische Öle sind als komplexe Gemische nicht nur selbst unglaublich vielfältig, auch ihre Wirkungsweisen sind es“, sagt Anusati Thumm, international renommierte Aromatherapie-Expertin und Seminarleiterin beim Hersteller PRIMAVERA. So können Baumöle beispielsweise die Atmung vertiefen und für einen ruhigeren und erholsameren Schlaf sorgen. Lavendelöl hilft bei Stress oder Einschlafproblemen, Orangenöl kann Ängste und Anspannung lindern und die Konzentrationsfähigkeit verbessern.

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Andere Öle haben sich als sehr wirksam erwiesen, wenn es darum geht, die Anzahl der Keime in der Raumluft zu reduzieren, ausgleichend zu wirken oder das Wohlbefinden zu stärken, denn ätherische Öle wirken stets auf der körperlichen und seelischen Ebene.

In Verbindung mit wertvollen Pflanzenölen lassen sich außerdem duftende und intensiv pflegende Körperpflegemischungen herstellen.

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Bei Fieber, Erkältungen, Muskel- und Gelenkproblemen sowie Bauchbeschwerden können Wickel, Kompressen oder Auflagen Erleichterung verschaffen. „Ätherische Öle können also wirklich viel. Wer aber den Eindruck erweckt, eine medizinisch behandlungsbedürftige Erkrankung könne mit ihrer Hilfe geheilt werden, handelt unseriös und abseits wissenschaftlich basierter Erkenntnisse“, so Thumm.

Dosierung ätherischer Öle beachten

Ätherische Öle sind hochkonzentrierte Pflanzenwirkstoffe, die sparsam dosiert werden sollten. Viele von ihnen sind haut- und schleimhautreizend, dürfen mit wenigen Ausnahmen nicht pur angewendet werden und nicht mit den Augen oder Schleimhäuten in Berührung kommen. Auf offenen Wunden beispielsweise haben sie nichts verloren, außer nach ärztlicher Verordnung durch einen Arzt oder eine Ärztin, die sich mit ätherischen Ölen auskennen.

Für die Hautpflege sollten ätherische Öle in Mischungen mit einem Bio-Pflegeöl angewendet werden. Von einer innerlichen Einnahme ist abzuraten, außer bei als Lebensmittel deklarierten ätherischen Ölen, die zur Aromatisierung von Lebensmitteln geeignet sind. Hersteller müssen sich laut EU-Deklarationspflicht für eine Anwendungsform entscheiden und diese kennzeichnen. Meistens sind ätherische Öle als kosmetisches Mittel zur Hautanwendung oder zur Raumbeduftung deklariert. In beiden Fällen ist eine orale Einnahme nicht vorgesehen.

Das Gehirn wird von Düften beeinflusst

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Düfte wirken auf unser Gehrin und beeinflussen unsere Stimmung.

Reinheit von ätherischen Ölen für die Aromatherapie

Hochwertige, naturreine Öle werden ausschließlich direkt aus den Blättern, Blüten, Samen, Früchten, Zweigen und Wurzeln der Ursprungspflanze gewonnen und nicht „gestreckt“. Schwankungen der Inhaltsstoffe, die von der Bodenbeschaffenheit, dem Klima und den Witterungsverhältnissen während des Wachstums und der Erntezeit sowie der Pflanzengattung abhängig sind, werden bei dieser höchsten Qualitätsstufe nicht „nachgebessert“. 100 Prozent naturreine ätherische Öle enthalten daher auch keine biotechnologisch hergestellten Duftstoffe, die laut Gesetz als „natürlich“ bezeichnet werden dürfen.

Beim Kauf sollte man darauf achten, dass das Öl naturbelassen ist, möglichst aus zertifiziertem Bio-Anbau, und keine synthetischen oder „naturidentischen“ Zusatzstoffe enthält. Synthetische, also künstlich produzierte Duftstoffe, enthalten keine pflanzliche Information. So ist es bis heute nicht möglich, naturreine ätherische Öle, die teilweise mehrere hundert Substanzen enthalten und deswegen auch als Vielstoffgemische bezeichnet werden, im Labor „nachzubauen“.

Neben den naturreinen ätherischen Ölen gibt es auch sogenannte standardisierte ätherische Öle nach Arzneibuch, die bezüglich ihrer Inhaltsstoffe, der Inhaltsstoff-Mengen und der Dichte dem Standard der landesspezifischen Arzneibücher entsprechen müssen. Diese Vorgaben garantieren ein ätherisches Öl mit stets gleichbleibenden Inhaltsstoffen und physikalischen Eigenschaften.

Entspricht ein natürliches ätherisches Öl nicht diesem Standard, werden naturidentische oder isolierte Inhaltsstoffe wie Geraniol oder Menthol zugesetzt. Damit ist es aber auch kein naturreines Produkt mehr.

Frau schüttet sich ätherische Öle auf die Hand

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Viele ätherische Öle sollte man nicht pur benutzen, sondern immer mit einem Trägeröl vermischen, damit es nicht zu Haut- und Schleimhautreizungen kommt.

Aromatherapie mit ätherischen Ölen gegen Stress

Stress belastet das Immunsystem. Wer sich körperlich und emotional wappnen oder einfach mal eine Auszeit vom Alltag gönnen will, findet in ätherischen Ölen wirksame Unterstützung. Die naturreinen Öle wirken direkt auf das limbische System, also den Teil des Gehirns, in dem Gefühle wie Angst und Unsicherheit gesteuert werden. Auf diese Weise können die Düfte das Nervensystem innerhalb weniger Momente beruhigen, Ängste lindern und das innere Gleichgewicht unterstützen.

Tipp: Als Faustregel gilt: Aus Wurzeln oder Bäumen gewonnene Öle wirken "erdend" und sorgen für innere Stabilität, Blütenöle wie Jasmin oder Rose schenken Schutz und Zuversicht.

Fest der Sinne: Die Wirkung von Düften

"Die Natur bietet viele Möglichkeiten, körperlich und seelisch gesund zu werden und zu bleiben", sagt PRIMAVERA-Mitgründerin und -eigentümerin Ute Leube. "Vertrauen Sie Ihrer Nase. Der Duft, der Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubert und Sie am meisten berührt, ist jetzt der beste Begleiter."

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Ätherische Öle für die Seele

Warum ein bestimmtes ätherisches Öl subjektiv am angenehmsten empfunden wird, lässt sich bei näherer Betrachtung allerdings oft recht gut erklären. So stehen naturreine Öle, die aus Wurzeln gewonnen werden, für Stabilität und die tiefe Verbundenheit des Menschen mit der Erde. Zu diesen Ölen zählen Angelikawurzel, Vetiver, Narde, Ingwer oder Iris.

Aber auch die Öle von Bäumen geben Halt, schenken Kraft und innere Stärke. Die bekanntesten sind hier Atlas- oder Himalaya-Zeder sowie die Nadelöle von Douglasfichte, Kiefernnadel, Lärche oder Lacriciokiefer. Weitere stärkende Öle sind Immortelle, Lorbeerblätter, Manuka oder Myrrhe.

Ätherische Öle für positive Stimmung und Zuversicht

Viele Menschen schätzen die duftenden pflanzlichen Öle auch für ihre stimmungsaufhellenden Eigenschaften. Diese Wirkungen sind in vielen wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt worden. So vertrauen viele Aromatherapie-Anwender und Anwenderinnen vor allem Zitrusdüften und ätherischen Ölen wie Jasmin, Rose, Neroli, Lavendel oder Ylang-Ylang. Aber auch unbekanntere Blütenöle wie Frangipani, Ginster, Magnolienblüte oder Tuberose können durch ihren lieblich-durchdringenden Duft in unsicheren Zeiten eine emotionale Hilfe sein.

Benzoe Siam, Kakao, Tonka oder Vanille gelten als "Kuscheldüfte", die uns umarmen und schützend umhüllen. Weitere bewährte Stimmungsaufheller sind Bergamotte, Grapefruit oder Sandelholz.

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Wie "benutzt" man die Öle zur Aromatherapie am besten?

Nicht nur das jeweils am besten geeignete Öl, auch die Art der Anwendung richtet sich ganz nach individuellen Vorlieben und Gegebenheiten. Maria von Känel, als Produktmanagerin bei PRIMAVERA für Aromatherapie verantwortlich, empfiehlt: "Am schnellsten ist es, einfach am Fläschchen mit dem ätherischen Öl zu riechen und den Duft mit geschlossenen Augen bewusst wahrzunehmen. Alternativ kann ein Stück Wollvlies oder Stoff mit einem Tropfen des Lieblingsöls beträufelt und an der Kleidung befestigt werden, so dass der Duft immer in Riechnähe ist."

Bewusst leben und genießen

Wer seinen Lieblingsduft präsenter haben möchte, kann die Wohnung oder einzelne Räume gezielt mit einem elektrisch betriebenen Vernebler oder einer Duftlampe aromatisieren. Alternativ kann die Duftmischung aus ätherischen Ölen auch in einer Schale mit Wasser auf die Heizung gestellt werden.

Schnell und einfach in der Anwendung sind auch Pflanzenwässer. Sie entstehen während des Destillationsvorgangs und enthalten einen Hauch ätherischen Öls, aber zusätzlich viele wasserlösliche Inhaltsstoffe der jeweiligen Pflanze, die ebenfalls wertvoll sind und so weitere Anwendungsmöglichkeiten der Aromatherapie bieten. Pflanzenwässer, auch Hydrolate genannt, können direkt ins Gesicht gesprüht oder als Duftnebel in der Luft verteilt werden. Maria von Känel: "Die Pflanzenkraft der Blüten von Rose oder Neroli (Orangenblüte) wirken auf die Haut und die Psyche. Sie schenken Entspannung, Ausgleich und Trost."

Frau riecht an Fläschchen mit ätherischem Öl

Olga Serba/iStock/Getty Images Plus

Die Düfte der ätherischen Öle haben unterschiedliche Wirkungen und können im Alltag gegen Stress unterstützend wirken.

Duftende Selbstpflege und stärkende Rituale mit ätherischen Ölen

Auch Teilmassagen als spezielle Pflegerituale mit duftenden Körperölen pflegen und stärken das Wohlgefühl bei unbestimmten Ängsten, Sorgen und Unruhe. In der aromatherapeutischen Praxis wird dabei dem Körperteil besondere Aufmerksamkeit geschenkt, in dem die Sorge "sitzt" - also etwa der Solarplexus, die Herzgegend, der Bauchraum oder der Nacken. Zur liebevollen Selbstbehandlung wird das ätherische Öl der Wahl beispielsweise mit duftneutralem Mandelöl vermischt und einmassiert.

Manchmal helfen auch Fußbäder oder -massagen dabei, das Karussell negativer Gedanken zum Halten zu bringen. Wohltuende Fußeinreibungen massieren außerdem die Fußreflexzonen und wirken erdend und stärkend.

Rezepte zum Selbermachen mit Ätherischen Ölen

Körperöl "Schützende Hülle"

  • 5 Tropfen Melisse 30% (30% Melisse und 70% Lavendel fein)
  • 3 Tropfen Majoran bio
  • 50 ml Basisöl, z.B. Mandelöl

Die ätherischen Öle und das Mandelöl mischen und das krautig-warm duftende Öl in der Herz- oder Bauchgegend auftragen.

Körperöl "Trostspender"

  • 10 Tropfen Mimose Absolue 15%
  • 10 Tropfen Orange bio
  • 50 ml Basisöl, z.B. Jojobaöl

Öle mischen und den ganzen Körper mit der blumig-exotisch duftenden und umhüllenden Mischung verwöhnen.

Badezusatz "Schutz & Stärke" für ein Fußbad

1 Tropfen Himalayazeder (oder Atlaszeder) und 3 Tropfen Rosengeranie auf 3 EL Meersalz geben, schütteln und in eine Fußbadewanne oder einen großen Eimer geben. Mit warmem Wasser auffüllen und die Füße ca. 15 Minuten lang darin baden.

Stärkendes Fußöl "Kuschelsocken"

  • 5 Tropfen Ingwer bio
  • 2 Tropfen Lärche bio
  • 3 Tropfen Tonka-Extrakt (alternativ Vanilleextrakt)
  • 50 ml Sesamöl

Die Füße morgens und abends mit der warm-süßlich duftenden Mischung massieren. Sie schenkt Geborgenheit, Stärke und geistige Wachheit.