Ein schmaler Stamm, mit 15 bis 25 Metern bei weitem nicht so hoch wie Buchen oder Fichten, im Frühjahr weiße Blüten, die der Apfelblüte sehr ähneln und im Spätjahr kleine rote Früchte: Die Mehlbeere fällt auf, ziert schon jetzt zahlreiche Stadtparks und ist an Waldrändern, aber auch in Höhengebieten wie der Schwäbischen Alb oder in den Alpen zu finden.
„Sorbus aria“ heißt der Baum fachgemäß, der im Jahr 2024 der Baum des Jahres ist. Er ist mit der Vogelbeere und auch mit dem Apfelbaum verwandt – auch mit einer großen Zahl an Mehlbeere-Unterarten.
Eingewandert
Die Mehlbeere stammt ursprünglich aus Süd- und Südosteuropa und hat den Weg bis nach Zentraleuropa und Nordeuropa geschafft. Vor allem wegen des drohenden Klimawandels, der schon jetzt die Forstämter in Baden-Württemberg und in ganz Deutschland beschäftigt und zum schnellen Handeln zwingt, ist die Mehlbeere immer wieder in aller Munde.
Der Wald und ebenso die Flora in den Städten unterliegt schon jetzt einer Umgestaltung, um sie auf die Erderwärmung bereitzumachen – die Mehlbeere ist Teil dieser Umstrukturierung. Mit ihren Wurzeln, die weit in die Tiefe reichen, kommt sie auch in trockenen Zeiten und Gegenden an Wasser. Sie gilt als besonders klimaresistent.
Klimatolerant
Gerhard Strobel ist Kreisvorsitzender der SDW im Rems-Murr-Kreis. Er erklärt, dass die Stiftung bei der Auswahl der Mehlbeere besonders klimatolerante Bäume im Auge hatte. Drei Bäume wurden Mitte des vergangenen Jahres vorgeschlagen, im Oktober dann hat die Mehlbeere das Rennen gemacht. Strobel sieht die Zukunft der Mehlbeere vor allem als Unterstützerin in einem umgestalteten Wald. Weil sie von Natur aus sehr viel Licht braucht und deshalb neben dichten Buchen im Inneren des Mischwaldes nicht bestehen könne, sei sie an Waldrändern oder Lichtungen sehr geeignet. Vor allem als Stadtbaum könne die Mehlbeere punkten.
„Sie wird nicht zu hoch und hat trotzdem eine dichte Krone – das spendet Schatten“, erklärt Strobel, der die Schattenplätze gerade in wärmer werdenden Städten als wichtigen Aspekt sieht. Außerdem sorge sie mit den weißen Blüten und den roten Beeren, je nach Jahreszeit, für ein schönes Stadtbild, sei resistenter gegen Abgase und Salze als andere Bäume.
Zukunftsbaum
Die Mehlbeere steht deshalb schon lange auf der Liste der Zukunftsbäume der Städte. Im Frühjahr bis in den Juni hinein trägt sie die weißen wohlriechenden Blüten, auch Schirmrispen genannt. Der Nektar lockt zahlreiche Insekten und Wildbienen an, auch der Artenschutz wird von der Mehlbeere am jeweiligen Standort automatisch gefördert.
Bis in große Höhen
Ab September trägt der Baum etwa einen Zentimeter große kugelförmige Früchte, die bei den Vögeln sehr beliebt sind. Dr. Robert Gliniars ist Kustos beim botanischen Garten der Universität Hohenheim in Stuttgart. Mit fünf Mehlbeeren im Bestand kennt er sich mit dem aktuellen Baum des Jahres aus. Die Früchte seien, wie der Name sagt, mehlig und gerbstoffhaltig, mit einer leichten Süße, aber zum reinen Verzehr nicht geeignet, sagt er. In früheren Notzeiten wurden sie der Legende nach in den Schweizer Alpen zerstampft und zum Strecken dem Mehl beigemischt – der Name soll daher stammen.
Eine besondere Rolle habe die Mehlbeere auf der Schwäbischen Alb, wo sie bis in große Höhen zu sehen sei, an Orten, wo andere Bäume schon gar nicht mehr wachsen. Auch Gliniars hebt die Widerstandsfähigkeit des Baumes hervor. Im alpinen Bergwald ist die Mehlbeere deshalb auch vertreten. Sie wird auch bei der Anlage von Lawinenschutzwäldern angepflanzt.
Bedeutung für Vögel
Die Mehlbeere mische sich bei der Fortpflanzung leicht mit anderen Baumarten, sodass zahlreiche Unterarten entstanden sind, erklärt Gliniars. Darunter die schwedische Mehlbeere ("sorbus intermedia"), die auch im botanischen Garten der Universität Hohenheim steht, die Donau-Mehlbeere, oder die griechische Mehlbeere. „Die roten Früchte sind keine Beeren, sondern im Grunde kleine Äpfel“, sagt Gliniars. Umgeben sei der Kern von mehligem Fruchtfleisch.
Nicht nur für die Insekten, sondern auch für die Vögel hat die Mehlbeere eine große Bedeutung: Zahlreiche Vogelarten wie die Drossel, die Meise, Finken oder Rotkehlchen verzehren die Früchte. Die Mehlbeere ist vielseitig und zäh. Als Zukunftsbaum eignet sie sich deshalb allemal, vor allem in den Städten wird mit ihr in Zukunft als Alleebaum gerechnet.
Aktiv und engagiert für den Wald
Seit dem Jahr 1989 wird der Baum des Jahres von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. gekürt. Seit etwa 70 Jahren schon setzt sich dieser Verein deutschlandweit mit seinen Landesverbänden für den Schutz und das Wohlergehen der heimischen Wälder ein, aber auch für die Waldpädagogik und den Wald als Lebens- und Erholungsraum.
Auch die Nussbaum Stiftung unterstützt den Schutz der Wälder zusammen mit der SDW Baden-Württemberg e.V. 10.000 Bäume wird die Nussbaum Stiftung von 2021 bis 2030 jedes Jahr in enger Abstimmung mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald in Baden-Württemberg jeweils pflanzen lassen. So sollen bis 2030 100.000 Bäume für den baden-württembergischen Wald gespendet werden und ein echter Zukunftswald entstehen.