Das Kulturzentrum Jubez in Karlsruhe ist eine Einrichtung der kulturellen Bildung für Kinder und Jugendliche und ein etablierter Veranstaltungsort, heißt es auf deren Homepage. Hier begegnen sich Live-Programm und Kreativ-Angebote.

Laura Cox

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Die französische Sängerin Laura Cox war auch schon im Jubez.

Im Veranstaltungsbereich reicht die Angebotspalette von Konzerten aller populären Stile über Newcomer-Wettbewerbe wie das „New Bands-Festival“, Kleinkunst, Kabarett, Comedy und Theateraufführungen bis hin zu Lesungen, Vorträgen und Diskussionsforen. Auf den professionell ausgestatteten Bühnen gastieren international erfolgreiche Bands ebenso wie lokale Nachwuchskünstler, die im Jubez ihre ersten Live-Erfahrungen sammeln können.

Junge Menschen aus der Region fördern

Das Jubez legt Wert auf eine kulturelle Bandbreite und versteht sich darüber hinaus als Ort der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und politisch relevanten Themen. „Unsere Philosophie ist es, junge Leute aus der Region bei uns im Jubez zu fördern, vor allem über das Popnetz Karlsruhe“, sagt der für das Band-Booking zuständige Chris Marmann.

Man sei sich der historischen Komponente des Hauses bewusst. „Dies führt zu einem breit gefächerten Programm, ähnlich wie in einem Kulturzentrum, mit viel Multifunktionalität und auch Tagesnutzung. Dabei sind wir mit dem Konzert-Booking nur ein Bruchteil des Hauses“. Tatsächlich gibt es etliche haupt- und nebenamtliche Kräfte, die die Jugendangebote in den Kreativbereichen betreuen.

Jürgen Zöller

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Jürgen Zöller war unter anderem Schlagzeuger der Kölschrock-Band BAP.

Booking-Kriterien seien allerdings nicht immer der potenziell kommerzielle und finanzielle Erfolg einer Show. „Wir haben etliche Formate mit vielen Booking-Agentur-Kontakten, wobei oftmals ein sicherer, zugkräftiger Act das Versuchsballon-Thema ausgleicht“, eröffnet Marmann. Bei den Veranstaltungen nach Corona sei man weiterhin im „Mutmaßungsmodus“, frei nach dem Prinzip: “Wie viele Leute könnten auf mein Konzert kommen?“. Marmann: „Mein Job ist, dies zu bewerten und die Leute mitzunehmen“.

Nicht mehr wie früher

Überhaupt: Die Musikszene habe sich in den vergangenen Jahren, speziell während und jetzt nach Corona, sehr verändert. „Die Gesamtsituation bleibt trotz der vielen Bands, die auf Tour sind, schwierig“. Es gebe kein „wie früher“. Alle müssten eine Art „neue Realität“ im Booking mit viel Kommunikation definieren. „Der Prozess läuft noch und wir müssen alle auch aufeinander achten. Die Preisspirale ist für alle Beteiligten schwierig. Das wird sich regulieren müssen“.

Chris Marmann stammt ursprünglich aus Trier, wurde 1969 „noch vor der Mondlandung“ geboren und studierte nach dem Abitur Kunstgeschichte und Anglistik mit Abschluss Master Artium, im Mittelalter der akademische Grad, den man nach dem Studium der „artes liberales“, der „Sieben Freien Künste“ erhielt. In der Folge war er im Kulturbereich, aber auch journalistisch und marketingtechnisch bei verschiedenen Unternehmen tätig und begleitet mit großen Freude und Leidenschaft Konzertveranstaltungen – und dies seit 40 Jahren. In seiner Freizeit betreibt der Fußballfan „aktiv und passiv viel Sport“, geht wandern, reist, besucht Museen, schaut gute Serien und liebt skandinavische Krimis.

Auch beim Fest involviert

Seit 2006 ist er im Jubez verantwortlich für Veranstaltungen aller Art „nicht nur härtere Musik, sondern auch Newcomer, Blues, Folk, Indie oder Lese-Events“. Zudem ist er zusammen mit Jochen Werner für das Programm auf der Feldbühne beim großen Karlsruher Open-Air „Das Fest“ (18. bis 21. Juli) im Einsatz. Das früher „Vor-Fest“ genannte, heutige „Fest am See“, läuft vom 10. bis 16. Juli. Highlights in den vielen Jahren? „Ein sehr herber Einschnitt für alle war natürlich die Corona-Zeit. So etwas gab es noch nie“.

Ein ganz besonderes Erlebnis sei der Einstieg ins Live-Geschäft als junger Typ von damals 15 Jahren gewesen „mit einer ganzen Reihe an besonderen Begebenheiten über die Jahre mit Bands auf Tour oder in Eigenverantwortung als Veranstalter“. Es sei schwer, einzelne Höhepunkte herauszupicken, da er zunächst als Freiberuflicher mit allen Schwierigkeiten und Herausforderungen am Start war. Besondere Begegnungen mit Musikern? „Sehr außergewöhnlich war die Lässigkeit und innere Ruhe eines Weltstars wie Midge Ure im Jubez. Ein toller Typ“. Aber auch Darryl Jones von den Rolling Stones in der Mike Stern-Band auf der Bühne zu haben, sei topp gewesen. Ebenso David Surkamp von Pavlov’s Dog oder Mike Scheidt von YOB, der amerikanischen Stoner-Doom-Band. Auch Chelsea Wolfe. „Es gibt viele spannende Leute und sehr wenige waren schwierig bis lästig“, gibt Marmann zu Protokoll.

Nachhaltigkeit im Fokus

Da das Jubez Teil des Stadtjugendausschusses ist, seien Themen wie Nachhaltigkeit und viele andere Werte, Teil der täglichen Arbeit. „Im Bereich Festival ist das besonders wichtig. Wir achten auch auf Ausgewogenheit und vieles mehr“. Bands würden natürlich meist in einem Van, vielleicht sogar einem E-Van, touren. „Ob dies eine besonders umweltfreundliche Variante darstellt, ist schwer zu sagen, das Thema wird auf vielen Konferenzen aktuell erörtert“. Am normalen Club-Booking sei nicht viel zu ändern, da dies ein wenig wie im Logistik-Bereich ablaufe.

Pavlov’s Dog

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Pavlov’s Dog, eine US-amerikanische Rockband.

Und wie funktioniert die Zusammenarbeit und Austausch mit den anderen Karlsruher Kultureinrichtungen wie Tollhaus, Substage, Tempel oder Alte Hackerei? „Das gibt es schon seit Jahrzehnten. Wir sind alle gemeinsam im Kulturring organisiert, einer Interessenvertretung der freien Kultureinrichtungen in Karlsruhe“. Natürlich habe jeder der Liveclubs seine Spezialthemen. Klar sei auch, dass ab und an Themen „abwandern“, beispielsweise wenn Agenturen gewechselt werden, Themen größer werden oder nicht mehr gemacht werden wollen. „Aber eigentlich ist alles recht klar abgesteckt“.

Gemeinsam eine starke Stimme haben 

Chris Marmann: „Ich persönlich mache gerne auch mal größere Shows für das Jubez in einer anderen Location und bin ein Freund von Kooperationen und vom Vernetzen“. Der Austausch sei insbesondere wichtig, um politisch eine starke Stimme zu haben. „In der aktuellen Zeit ist dies extrem wichtig und auch positiv“. Was dem Booker noch am Herzen liegt? „Ich werde oft gefragt, ob Clubshows am Ende sind. Ich sage nein, denn das sehe ich nicht ein. Mein Auftrag ist es, jungen Leuten zu zeigen, dass ein Livekonzert Rock'n'Roll ist. Vor einer Bühne zu stehen und Bands live zu sehen, das ist Livekunst“. Nach dem Gig vielleicht ohne Berührungsängste zu den Bandmitgliedern gehen, mit den Musikern diskutieren und am Merchandising-Stand etwas zu kaufen, sei für die Konzertgänger eine wunderbare Sache. Auch für Chris Marmann, der neben dem Business nach eigener Aussage auch ein riesengroßer Musikfan ist. Ein Gespräch sorge für Ablenkung und Inspiration, die Ur-Idee von Konzerten und Musik als solcher.

„Das ist genau mein Ding, nach einem Logistik-Tag zu sehen, wie die Leute auf und vor der Bühne eine gute Zeit haben und wie viel Energie frei wird. Mehr will und brauche ich nicht“.

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