Ich mochte vielleicht zwölf Jahre alt gewesen sein, als Papa in Waiblingen sagte: „Heute fahren wir zum Federsee!“ Das war Aufregung pur: wie sollte man sich als Kind einen Federsee vorstellen? Voller Pfauenfeder? Oder federnd wie ein Trampolin?
Mit diesen Gefühlen aus Kindheitszeiten parke ich Jahrzehnte später erst mal am Naturschutzzentrum Federsee, das am Federseeweg in Bad Buchau liegt. Das Haus gehört dem NABU. Er hat sich früh um den Federsee gekümmert und seine Geschichte ist eng mit dieser zauberhaften Seenlandschaft verwoben. Heute ist der NABU vom Land Baden-Württemberg beauftragt, auf unseren See aufzupassen. Sein Haus ist ein schöner Ort voller Informationen, voller informierter, freundlicher Menschen, die auf alles Antwort wissen und den ahnungslosen Stuttgarter auf dem drei Kilometer langen Federseesteg in den See hinein begleiten. Während wir an vielen in Tarnfarben gekleideten Vogelbeobachtern mit ihren langen Teleobjektiven vorbeilaufen - ein paar Arten findet man tatsächlich nur noch am Federsee, damit meine ich die Vögel und ihre Beobachter – stelle ich die erste Kinderfrage nach dem Namen „Federsee“.
Viele Geschichten und Ideen ranken sich darum, doch ich erfahre, das wahrscheinlichste sei, dass er nach dem keltischen Wort „pheder“ für Marschland, Sumpf benannt sei. Er ist mit knapp 1,4 Quadratkilometern heute der zweitgrößte See Baden-Württembergs und war doch mal ein etwa 50 Quadratkilometer großer nacheiszeitlicher Riesensee.
Bad Buchau war damals quasi eine Insel, vom See umgeben, und weil die Bauern Fläche brauchten, begann der Mensch damit, Entwässerungsgraben zu ziehen und den Seepegel abzusenken. Anfang des 19. Jahrhunderts befahl König Friedrich von Württemberg nach der Säkularisierung, eine zweite Seefällung durchzuführen. Das hat nicht so wirklich geklappt und die gewonnenen Flächen waren wenig fruchtbar. Danach durfte der See so bleiben und darf uns heute so unglaublich erfreuen; so wunderbar zugewachsen und lebendig.
Vom Federseesteg weg führt man mich noch in den „Wackelwald“, dort stehen die Bäume auf Moorboden, entstanden aus der Verlandung des Federsees, und so federt der Schritt im Wald, an besonderen Stellen fast schon mächtig - ein tolles Erlebnis für Kinder.
Im Federseemuseum bestaune ich dann die prähistorischen Pfahlbauten, ein UNESCO Kulturerbe der Menschheit und gönne mir danach noch einen Ausflug in die fußläufige Therme.
Da liege ich dann wohlig im warmen Wasser und lasse den Tag Revue passieren. Ich freue mich, dass ich im Rahmen des wirklich spektakulären Kulturprogramms von Bad Buchau demnächst im Kurzentrum auftreten darf, und dann fällt mir wieder der Bussen ein; der knapp 800 Meter hohe Wallfahrtsberg, vom Federseesteg aus zu sehen. Da hat Papa damals erzählt, wenn man mit seiner Frau auf den Bussen geht und sie ganz arg lieb hat, dann kriegt sie kurz danach ein Bussenkindle. Da hat Mama ganz komisch geschaut. Dass Monate später dann meine dritte Schwester auf die Welt kam, hat damit sicher nichts zu tun.
Ihr
Christoph Sonntag
P.S.: Ich freue mich auch über Ihre Impulse und Ihre eigenen Erfahrungen. Schreiben Sie mir gerne an sonntagspost@sonntag.tv, wenn Ihnen meine Tipps gefallen haben. Oder, wenn Sie welche für mich haben! So, jetzt wär des au g’schwätzt!
Christoph Sonntag ist Baden-Württemberger, Schwabe, Kabarettist und Buchautor. Für Nussbaum stellt er regelmäßig seine Lieblingsorte im Ländle vor. Aktuell ist er mit seinem neuen Programm "Ein Tritt frei!" auf Tour.
Infos zu Christoph Sonntag gibt es hier.