Eine grüne Staude ist eine der umstrittensten Pflanzen der Menschheitsgeschichte. Im 20. Jahrhundert durch gezielte Kampagnen verteufelt und als reines Rauschmittel verunglimpft, erlebt der Hanf seit einigen Jahren seine Rehabilitation und wird – langsam, aber sicher – endlich wieder als das erkannt, was er ist: Eine vielseitige Nutz-, Nahrungs- und Heilpflanze, die perfekt in die nachhaltige Welt der Zukunft passt, die wir uns alle wünschen.

Cannabis in Baden-Württemberg: Das Wichtigste im Überblick

Seit dem 1. April 2024 ist Cannabis in Baden-Württemberg legal – mit Einschränkungen.

Mengen und Besitz:

  • Erwachsene (ab 18 Jahren) dürfen bis zu 50 Gramm Cannabis zu Hause besitzen.
  • Unterwegs sind maximal 25 Gramm für den Eigengebrauch erlaubt.
  • Anbau von bis zu drei Pflanzen im privaten Raum ist legal.

Konsum:

  • Der Konsum in der Öffentlichkeit ist in bestimmten Bereichen verboten, z. B. in der Nähe von Schulen, Kitas und Spielplätzen.
  • In Restaurants und Kneipen kann der Konsum vom Hausrecht untersagt werden.
  • Bei Großveranstaltungen entscheidet der Veranstalter über den Konsum.

Straßenverkehr:

  • Das Fahren unter Cannabiseinfluss ist weiterhin verboten.
  • Ab einem Nanogramm THC pro Milliliter Blut drohen Strafen.

Cannabis-Clubs:

  • Ab Juli 2024 dürfen Cannabis-Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern gegründet werden.
  • Die Clubs dürfen Cannabis anbauen, aber nicht verkaufen oder konsumieren.
  • Abgabe von bis zu 50 Gramm pro Monat an Mitglieder (ab 22 Jahren) ist erlaubt.

Alte Cannabis-Delikte:

  • 21 Häftlinge in Baden-Württemberg wurden am 1. April freigelassen.
  • Geld- und Haftstrafen für Cannabis-Delikte können erlassen werden.
  • Betroffene können beantragen, dass Einträge im Führungszeugnis getilgt werden.

Kontrolle und Strafen:

  • Die Polizei befürchtet einen hohen Kontrollaufwand.
  • Bei Verstößen gegen die Regeln drohen Haft- und Geldstrafen.
  • Weitergabe an Minderjährige kann mit Gefängnisstrafe geahndet werden.

FAQ zur Legalisierung von der Bundesregierung (extern)

Quelle: SWR, Stand 9.4.24

Video: Cannabis-Gesetz

Zum Kiffen viel zu schade!

Über die Wirkung von Cannabis kann man sich überall online und in der Literatur informieren. In diesem Artikel beschränken wir uns auf die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten, die unabhängig von der Legalisierung der weiblichen, THC-haltigen Pflanzen existieren, und werfen auch einen Blick auf die Historie. Denn wenn man sich die Nutzungsmöglichkeiten anschaut, tritt die Rauschwirkung eher in den Hintergrund.

Nutzhanf macht nicht „high“ und hat viele nützliche Eigenschaften. Dennoch müssen Industrieverbände, Landwirte und Hersteller von Hanfprodukten nach wie vor um die uneingeschränkte Nutzung und gegen Vorurteile gegenüber der krautigen Staude kämpfen. Als Lebensmittel ist Hanf mittlerweile aber zum Superfood avanciert.

Video: Nutzhanf - nachhaltig, gesund, vielseitig

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Hanf ist umweltfreundlich

Der nachwachsende Rohstoff ist äußerst leicht anzubauen: Der dichte Wuchs macht es Unkraut praktisch unmöglich, Licht zu bekommen, weshalb für den Hanfanbau keine Herbizide benötigt werden. Pflegeleicht und resistent gegen die meisten Schädlinge, robust und mit einer niedrigen Energiebilanz: Hanf ist eine der vielseitigsten heimischen Nutzpflanzen und produziert jede Menge Biomasse.

Er ist extrem umweltverträglich und wenn man sich mit seinen Einsatzmöglichkeiten und seinem Anbau näher beschäftigt, fragt man sich, wie es bei der heutigen Umweltbewusstheit immer noch sein kann, dass die Pflanze weiterhin so ein Schatten- oder Nischendasein führt.

Einblicke ins Hanffachgeschäft Grashüpfer in Heidelberg

Anbau in BW

Laut einem Bericht der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) wurden im Jahr 2020 in Baden-Württemberg (nur) 340 Hektar Nutzhanf angebaut, wobei der Schwerpunkt vor allem Richtung Bodensee und Bayern gelegen habe. Als Grund wird genannt, dass dort die Vermarktung als ökologischer Bau- bzw. Dämmstoff erfolge. Weiter heißt es in dem Bericht, dass der Anbau von Hanf in Baden (und im Elsass) traditionell fest verwurzelt und bei den Landwirten beliebt gewesen sei.

Video: Nutzpflanze Hanf statt Plastik, Baumwolle usw.

Hanf in der Küche: Lecker und gesund

Botanisch gesehen sind Hanfsamen eigentlich Nüsse. Als Zutat in Müslis, Salaten, Desserts und zum Backen möchte man geschälte Hanfsamen nicht mehr missen. Ungeschälte Hanfsamen sind ebenfalls erhältlich. Durch Einweichen kann man selbst Hanfmilch machen, die sich dann wieder vielseitig verwenden lässt. Wer es aber knackig mag, röstet sie in der Pfanne. Sie sollten nicht über 180 Grad erhitzt werden.

Die kleinen Powernüsschen haben es in sich: Mit Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, Vitaminen (A, B, C, D, E) sowie Magnesium, Calcium, Kalium, Zink, Eisen und Schwefel, aber auch mit gesunden Proteinen und essenziellen Aminosäuren sind sie bei gesundheitsbewussten Genießern beliebt. Geschätzt werden sie aber auch wegen ihres nussig-süßlichen Aromas. In Form von kaltgepresstem Öl, als Mehl oder Hanfmilch sind sie auf verschiedene Arten in der Küche verwendbar und bereichern jeden Speiseplan.

In der Sporternährung spielt Hanf, der auch als Proteinpulver erhältlich ist, eine immer wichtigere Rolle. Für eine ausgewogene Ernährung sind die Samen ideal geeignet.

Aus den Blättern wird auch immer häufiger Tee gemacht – keine Angst, zumindest bei uns nur aus Sorten, aus denen der berauschende Wirkstoff THC herausgezüchtet wurde. Wobei sich dies mit der Teillegalisierung zum 1. April 2024 vielleicht noch ändern wird. Es könnte sein, dass danach neue Nahrungsergänzungen und Wellness-Produkte auf den Markt kommen, die Cannabis enthalten.

Hanfsamen und Tomaten, Chili, Knoblauch und Gurke

Karisssa/iStock/Getty Images Plus

Hanfsamen machen sich nicht nur gut im Müsli oder Gebäck, sondern passen auch hervorragend zu pikanten Rezepten.

Historisches zum Thema Hanf

Wahrscheinlich stammt Hanf ursprünglich aus Kasachstan. Die antiken Chinesen nannten den Hanf (Cannabis sativa L.) Má und schätzten nicht nur die wohlschmeckenden, nahrhaften Samen, sondern auch die Stängel mit den robusten Fasern. In einem auf ca. 200-300 v. Chr. datierten Text wurde Hanf als Medizin gegen Malaria, Rheuma und weitere Krankheiten beschrieben. Er ist also schon lange als Heilpflanze bekannt.

Via Indien und die antiken Hochkulturen im heutigen Irak breitete sich der Hanf auf der ganzen Welt aus – kein Wunder, denn seine Nutzungsmöglichkeiten sind praktisch endlos. Die alten Griechen und Ägypter trugen z.B. Kleidung aus Hanf.

Stoff aus mit Hanfblatt

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Seit alters her ist die Hanfpflanze wegen ihrer robusten Fasern beliebt.

Medizin- und Faserpflanze

Laut Plinius dem Älteren wurde Hanf zur Linderung von Schmerzen eingesetzt und laut Pedanios Dioscurides half der Saft der Hanfsamen gegen Ohrenschmerzen. Auch in der Geburtshilfe vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein wurde Hanf zur Linderung von Wehenkrämpfen und nach der Geburt gegen Schmerzen eingesetzt.

Neben Nessel und Flachs war Hanf eine der wichtigsten Faserpflanzen in Europa, auch nach der Antike. Segel, Seile, Leinwände für Künstler, Sehnen von Langbögen und natürlich Papier – die Gutenbergbibel wurde 1455 auf Hanf-Papier gedruckt, ebenso die amerikanische „Declaration of Independence“ von 1776 (übrigens baute George Washington selbst Hanf an). Die Vormachtstellung von Venedig wäre ohne Hanf undenkbar gewesen und auch nicht die Entdeckung Amerikas: Hanf war das beste Material für Segel und Seile.

Hanf in Deutschland

Als in Südwestdeutschland der Tabakanbau aufkam, rentierte sich der Anbau von Hanf nicht mehr, außerdem wurden Sisalfasern importiert. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde fast kein Hanf mehr angebaut.

Kunstfasern verdrängten Mitte des 20. Jahrhunderts den Hanf aus der Bekleidungs-Herstellung. Eine Anti-Cannabis-Kampagne des US-amerikanischen Diplomaten Harry J. Anslinger versetzte dem Cannabis schließlich (fast) den Todesstoß. Er war 1930 Vorsitzender des Federal Bureau of Narcotics (FBN). Er lehnte die Nutzung Hanf (und Opium) auch zu medizinischen Zwecken komplett ab und gilt als treibende Kraft der Cannabis-Prohibition. Als Mitglied der Drogenkommission der Vereinten Nationen setzte er sich in den 1960er-Jahren für ein weltweites Verbot des Cannabisanbaus ein.

Über dieses Thema gibt es viel zu lesen und es würde den Rahmen des Artikels sprengen, noch näher darauf einzugehen. Fakt ist und bleibt, dass die Marginalisierung und Verteufelung von Cannabis rein gar nichts mit dem Nutzen und den Wirkungen der Pflanze zu tun hat. Würde man nämlich den Nutzen und die Wirkungen in den Vordergrund stellen, so wäre Cannabis die Antwort auf so manche medizinische und vor allem umweltproblematische Frage.

Die Rückkehr von Cannabis

Seit Anfang der 1990er nimmt der Anbau von Hanf langsam wieder zu. Die Nachfrage ist aber immer noch höher als das Angebot. Als Basis für viele Materialien – von der Dämmung fürs Haus über Farben und Lacke oder Reinigungsmittel, Papier und Stoffen bis hin zu Nahrungsergänzungen und schmackhaften Zutaten – ist Hanf ein umweltverträglicher Rohstoff der Zukunft.

Die Fasern sind der Baumwolle überlegen und Hanf benötigt beim Anbau weniger Wasser, außerdem ist er leichter zu ernten. Er wächst auch im Europa hervorragend und es wäre nicht nötig, Schwellenländer in dieser Hinsicht bzw. für Baumwolle weiter auszubeuten, wenn wir in Europa unseren eigenen Hanf anbauen und daraus Stoffe herstellen würden.

Wir könnten mehr aufforsten und Hanf statt Holz für Papier verwenden.

Video: Hanf statt Holz!

Cannabis als Medizin

Abgesehen von Nutzhanf haben die auf das menschliche Gehirn wirkenden Inhaltsstoffe CBD und THC zahlreiche medizinische Wirkungen. Seit 2017 können Patienten sich Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen vom Hausarzt verschreiben lassen.

Doch viele Hausärzte schrecken davor zurück, Cannabis zu verschreiben. Sie wurden oft nicht ausreichend mit Informationen zu diesem Thema versorgt (obwohl oft groß angelegte Werbe- und Informationskampagnen für sämtliche Medikamente gefahren werden) und kennen sich dementsprechend zu wenig mit dem Thema aus. Viele meinen, etwas Illegales zu tun, wenn Sie einem Patienten Cannabis verschreiben, beispielsweise mit chronischen Schmerzen oder erhöhtem Augeninnendruck, gegen den Cannabis nachweislich Linderung verschaffen kann. In vielen Ländern wird er auch in der Onkologie eingesetzt, bei Essstörungen und vielem mehr.

Insofern ist die Teillegalisierung zum 1. April 2024 vielleicht ein erster Schritt in Richtung höhere Akzeptanz für Medikamente auf Basis von Hanf. Es handelt sich schließlich um eine der am besten erforschten Arzneipflanzen - und es wird stets weiter geforscht.

Chemische Formel von CBD, Hanfsamen und CBD-Öl

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CBD-Öl wird bei einer ganzen Reihe an Indikationen eingesetzt.

Hanföl, CBD-Öl und Cannabisöl - Was ist der Unterschied?

Alle drei Produkte stammen von der Pflanze Cannabis Sativa, haben aber unterschiedliche Verwendungen und rechtliche Bestimmungen. Hanföl wird aus den Samen der Hanfpflanze gewonnen und enthält keine Cannabinoide. CBD-Öl hingegen stammt aus den Blüten und Blättern der Pflanze und enthält Cannabidiol (CBD), ein Cannabinoid, das keine berauschende Wirkung hat. Beide Öle sind legal und frei verkäuflich.

Cannabis-Öl wird ebenfalls aus den Blüten und Blättern gewonnen, enthält aber hauptsächlich THC, das psychoaktive Cannabinoid. Es hat eine typische schwarze Farbe und dicke Konsistenz, während CBD-Öl eher gold-gelb und flüssig ist. Cannabis-Öl ist verschreibungspflichtig und fällt unter das Betäubungsmittelgesetz.

CBD-Öl dockt an das Endocannabinoid-System im Gehirn an und kann Stimmung, Appetit, Gedächtnis und Entzündungen beeinflussen. Cannabis-Öl wird aufgrund seiner berauschenden Wirkung nur für bestimmte medizinische Zwecke verschrieben.

CBD wird in vielen Kosmetikprodukten verwendet, da es die Talgproduktion hemmt, antioxidativ wirkt und die Haut pflegt. Es wird beispielsweise in Akne-Präparaten, Anti-Aging-Cremes oder Haarpflegeprodukten eingesetzt. CBD-Öl ist frei verkäuflich, während Cannabis-Öl nur für bestimmte Erkrankungen und nur auf Rezept erhältlich ist.

Der Besitz von Cannabis-Öl ohne Erlaubnis ist illegal. Im Zweifelsfall sollte man immer rechtlichen Rat einholen, da es strengen gesetzlichen Regelungen unterliegt und bei der Cannabis-Legalisierung zum April 2024 nicht explizit erwähnt wird.

Hanföl in der Küche

Für das als kaltes oder warmes Speiseöl genutzte Hanföl werden ausschließlich die Samen der Hanfpflanze verwendet. In den Samen sind von Natur aus nur sehr geringe Spuren von Cannabinoiden enthalten. Reines Hanföl entfaltet daher keine medizinische Wirkung. Dafür hat es einen hohen Proteinanteil und enthält wichtige Fettsäuren, Nährstoffe und Vitamine, der Geschmack wird meist als nussig und leicht bitter empfunden.

Wie die meisten kaltgepressten Öle sollte Hanföl nicht zum Braten oder Kochen verwendet werden. Die empfindlichen Inhaltsstoffe des Öls können bei hohen Temperaturen zerstört werden und es können sich sogar schädliche Stoffe bilden.

Die optimale Verwendung von kaltgepresstem Hanföl liegt in der Veredelung kalter Speisen. Das nussige Aroma und die gesunde Zusammensetzung des Öls ergänzen Salate, Dips und Marinaden perfekt.

Hoffnung für Hanf

Es bleibt zu hoffen, dass die Akzeptanz für Hanf und alles, was daraus hergestellt wird, weiter steigt. Mit der Teillegalisierung zum 1. April 2024 ist hier ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan. Denn Cannabis kann einen wichtigen Beitrag zu einer umweltfreundlicheren Zukunft leisten.

Die Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie, in der Medizin und auch in der heimischen Küche sprechen ganz klar für die Staude mit den dekorativen, spitzen Blättern.