Geschichtlicher Hintergrund

Die aktuelle Route führt am Kraichbach entlang, wieder in die nicht weit entfernte Hardt zum Zielpunkt „Eremitage Waghäusel“ und zum dortigen Freiheitsdenkmal. Los geht es vom Startpunkt Landshausen oder Menzingen auf der bereits beschriebenen Strecke und schon ist man in Waghäusel angelangt. Die dortige barocke Schlossanlage mit den Kavalierspavillons in direkter Nachbarschaft von Wallfahrtskirche und Kloster wurde ebenso bereits beschrieben wie die, durch den Speyerer Fürstbischof Damian Hugo Philipp von Schönborn ab 1724 errichtete, Eremitage – das frühere Jagd- oder Lustschloss.

Denkmal

Im Eremitagepark erinnert ein Freiheitsdenkmal an die „Schlacht von Waghäusel“ im Jahre 1849. „Durch Waghäusel ist der Feldzug entschieden“, heißt es in Veit Valentins „Geschichte der deutschen Revolution von 1848/49“, einem der wissenschaftlichen Standardwerke zu den revolutionären Ereignissen in Deutschland am Ende der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts. „Mit Feldzug meinte Valentin den badischen Volksaufstand von 1849, der auch als Bürgerkrieg um die Reichsverfassung, Maiaufstand, demokratische Volkserhebung oder als Reichsverfassungskampagne in die Geschichtsbücher einging“, so der in Kirrlach wohnende Historiker Artur J. Hofmann.

Das Freiheitsdenkmal in Waghäusel repräsentiert die Freiheitsbewegung von 1848/49.

Hans-Joachim Of

Das Freiheitsdenkmal in Waghäusel repräsentiert die Freiheitsbewegung von 1848/49.

Der frühere Realschullehrer ist ein profunder Kenner der Szene, hat für den örtlichen Heimatverein schon manchen Aufsatz verfasst und gibt in unnachahmlicher Art und Weise Gästen bei einer Führung durch die Eremitage Waghäusel lebendigen Geschichtsunterricht. „Es war der letzte Versuch der Demokraten in dieser revolutionären Zeit von Baden aus die Republik in Deutschland als Staatsform durchzusetzen“, informiert Hofmann. Im Jahre 1999 und zum 150. Jahrestag der Kämpfe bei Waghäusel und Wiesental konnte in unmittelbarer Nähe der Eremitage auf dem Gelände der früheren Zuckerfabrik ein von der Waghäuseler Bürgerschaft gestiftetes und vom Speyerer Künstler Franz W. Müller-Steinfurth errichtetes Freiheitsdenkmal als bleibende Erinnerung der Öffentlichkeit übergeben werden.

Freiheitsbewegung

Das bronzene Denkmal hat eine Höhe von über drei Meter und zeigt zwei Freischärler. Sie repräsentieren die Freiheitsbewegung von 1848/49. Die linke Figur steht aufrecht mit einer zur Waffe umgeschmiedeten Sense in der Hand. Als typische Waffe der Freischärler ist sie, ebenso wie die Heckerhüte, auf dem Sockel und dem Kopf der zweiten Figur ein Symbol der Revolution. In vorwärtsdrängender Geste zeugt die Gestalt vom unbeugsamen Willen, trotz der Niederlage weiterhin für die Sache der Republik einzutreten. Der kniende Kämpfer steht für die augenblickliche Situation der Niederlage und Unterwerfung gegenüber den Mächten. Der vor den beiden Figuren stehende Adler mit einem gebrochenen Flügel symbolisiert zum einen das Scheitern und zum anderen jedoch den ungebrochenen Willen zur Freiheit.

Früher ein Jagd- und Lustschloss, das Eremitage.

Hans-Joachim Of

Früher ein Jagd- und Lustschloss, das Eremitage.

„Ein weiteres, wesentliches Gestaltungsmerkmal ist die schwarz-rot-goldene Fahne der Revolutionäre. Sie umhüllt wehend die beiden Kämpfer und zeugt mit ihrem prallen, kräftigen Wurf von den – trotz der Niederlage weiterlebenden und am Ende siegreichen – Idealen von Einigkeit und Recht und Freiheit für Deutschland“, so Hofmann. Die Inschrift beginnt mit den Worten: „Den Wegbereitern der Demokratie“. Dies soll deutlich machen, dass dieses Denkmal nicht nur an die örtlichen Ereignisse, nämlich die Schlacht von Waghäusel am 21. Juni 1848 und das Gefecht am Tag darauf bei Wiesental, erinnern soll.

Dank und Erinnerung

„Das Denkmal soll als Dank und Erinnerung an den Einsatz vieler Männer und Frauen für Freiheit und Menschenrechte in der ‚Badischen Revolution‘ eine überörtliche Bedeutung haben“, führt Hofmann weiter aus. Seit 1851 erinnert auch das Husarendenkmal in Wiesental, bei dessen Einweihung am 20. Juni 1851 auch der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck teilnahm, an die siegreichen preußischen Truppen der Reaktion und Gegner der badischen Freiheitsbewegung. Doch wie kam es zu all den Geschehnissen in der damaligen Zeit? Im Jahre 1848 waren die Demokraten, die man in Baden auch „die Ganzen“ nannte, weil sie sich nicht mit einer halben Sache, nämlich der konstitutionellen Monarchie, zufrieden geben wollten, mit ihren zwei Hauptakteuren – Friedrich Hecker und Gustav Struve aus Mannheim – in besonderer Weise aktiv gewesen. Von Südbaden aus hatten beide versucht, ein Fanal zu setzen, das die ganze Nation mitreißen sollte, damit ein einiges und vor allem republikanisches Deutschland entstehen konnte. Der Versuch scheiterte jedoch kläglich. Hecker floh nach Amerika und Struve wurde in das Bruchsaler Weibergefängnis eingesperrt, weil man das für besonders ausbruchssicher hielt.

Eine Radtour ist nicht nur gesund, sondern lässt einen auch viel entdecken und lernen.

Halfpoint/iStock/Getty Images Plus/Symbolbild

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Zusammenschlüsse von Demokraten

Jüngere Demokraten wie der Staatsbeamte Amand Goegg erkannten deutlich die Schwächen der Demokratiezüge Heckers und Struves. Für ihn war klar, dass ohne die Mobilisierung der Massen jeder Versuch einer Veränderung zum Scheitern verurteilt war. Deshalb organisierten Goegg und seine Mitstreiter flächendeckend in den Wintermonaten 1848/49 die Gründung von politischen Volksvereinen. Historiker Hofmann weiß: „Sie sollten die revolutionären Stoßtruppen politischer Veränderungen in Baden sein, hin zu mehr Freiheit und Mitwirkung der Bürger am politischen Leben“. Innerhalb weniger Monate sollen über 500 solcher Zusammenschlüsse badischer Demokraten im Bruhrain und den Orten Philippsburg, Huttenheim, Rheinsheim, St. Leon und Rot entstanden sein. Der Maiaufstand begann mit dem Landeskongress der Volksvereine am 12. Mai 1849 und der anschließenden Landes-Volksversammlung, bei der bis zu 30 000 Menschen teilnahmen. Nachdem sich fast alle großherzoglichen Soldaten dem Aufstand angeschlossen hatten, floh der Großherzog Leopold in der Nacht vom 13. auf 14. Mai 1849 über Rheinsheim in die bayrische Festung Germersheim und rief die Preußen und den Bund zu Hilfe.

Aus dem anfänglichen Sieg wurde letztlich jedoch eine katastrophale Niederlage und das vorläufige Ende vom Traum der Freiheit. Zwar gelang es dem erfahrenen Heerführer Ludwig Mieroslawski nach der anschließenden Schlacht gegen die Truppen von Generalmajor Brunsig Edler von Brun wieder Ordnung in seine versprengten Truppen zu bringen, doch die Hoffnung auf einen Sieg als Signal und Fanal für die demokratische Massenbewegung gegen über 60.000 angreifende Soldaten Preußens und des Bundes hatten sich nicht erfüllt. Am Ende blieb nur die Kapitulation in Rastatt am 23. Juli 1849. Interessant ist die Tatsache, dass einige Straßennamen auf dem umgebenden Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik nach den früheren Revolutionsführern Friedrich Hecker, Gustav Struve, Lorenz Brentano, Carl Schurz oder Amand Goegg benannt sind. 

Termine für eine Führung über E-Mai eremitage@waghaeusel.de

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