Die Tage werden kürzer, das goldene Laub taucht die Landschaft in warme Farben und die Natur schöpft noch einmal aus dem Vollen. Wie der Publizist Willy Meurer einmal sagte, treibt es der Herbst von den Jahreszeiten bekanntlich am buntesten.
Es ist aber auch die Zeit für Traditionen, Feste und Feiertage. Jede Gemeinde in Baden-Württemberg lässt ihre eigenen Bräuche miteinfließen, um den Herbst zu zelebrieren und den Winter willkommen zu heißen – mit der Lese der Weintrauben, dem Erntedankfest, mit schaurigen Rübengesichtern und mit den Umzügen im Namen von Sankt Martin.
Erntedank – Ein Brauch älter als die Bibel
Eines der ersten Feste im Herbst ist das Erntedankfest. Erntedank ist im Christentum ein Fest nach der Ernte im Herbst. Dabei wird Gott für die Gaben der Ernte gedankt. Eine Tradition, die so alt ist wie die Bibel. Im Buch Genesis wird berichtet, dass Kain einige Früchte seiner Felder und Abel einen Erstling seiner Herde zum Opfer darbot. Brauch ist es heute, den Altar in der Kirche mit Obst, Gemüse, Getreide und Brot zu schmücken. Beim Datum für das Erntedankfest gibt es in Deutschland Unterschiede, allerdings wird es in der Regel aber am ersten Sonntag im Oktober gefeiert. Erntedank und ähnliche Feste findet man in allen Kulturen und Religionen. So ist das Pendant in der USA Thanksgiving. Dort hat das Erntedankfest eine sehr große Bedeutung. Die ältesten Quellen aus dem Christentum, die das Erntedankfest nennen, stammen bereits aus dem dritten Jahrhundert.
Dankbarkeit im Korb
Ein typisches Symbol ist der gefüllte Erntedankkorb. Klassisch ist es, für Getreide, Obst und Gemüse zu danken. Deshalb werden in einigen Ortschaften im Kraichgau mit Obst und Gemüse gefüllte Körbe mit in die Kirche gebracht. Diese werden in der Messe gesegnet. Brauch ist es auch, dass die Kindergartenkinder oder die Grundschulkinder mit ihren dekorierten Körben eine kleine Geschichte vortragen oder ein Lied vorsingen. Nach dem Gottesdienst werden die Erntedankkörbe wieder mit nach Hause genommen und aufgestellt. Man kann sie aber auch weiter verschenken, zum Beispiel an Bekannte und Bedürftige.
Erntekrone
Die Erntekrone ist auch ein besonderer Hingucker beim Gottesdienst und Festumzügen. Sie wird aus geflochtenen Ähren gebunden. Die Krone gilt als Symbol des Dankes für unser tägliches Brot. Früher gaben die Bauern den Gutsherren Teile ihrer Ernte. Dabei wurde auch immer eine Erntekrone übergeben, diese stand symbolisch für den Abschluss der Ernte.
Kerwe
In der Kurpfalz ist es üblich, die Erntezeit und den Herbst mit Jahrmärkten zu feiern. Meist ist es ein Zusammenschluss verschiedener Dorffeste aus den letzten Jahrhunderten. Vor 200 Jahren wurden zum Beispiel das Erntefest, das Weinlesefest, das Erntedankfest, ebenso das Kirchweihfest und das Kartoffelfest gefeiert. Der Begriff „Kerwe“ leitet sich dabei auch von dem Begriff „Kirchweihe“ ab. Traditionell wurde früher die Kirchweihe im Herbst gefeiert, wenn das landwirtschaftliche Jahr zu Ende ging. Es wurde dabei tagelang so ausgiebig gefeiert, dass 1830 alle Kirchweihen in Baden per Dekret einheitlich auf einen Sonntag im Oktober gelegt wurden. Das hat sich später jedoch wieder geändert.
Kerweschlumpel
Eine Hauptrolle spielt bei einigen Kerwe-Festen die sogenannte Kerweschlumpel. Mit ihr wird immer die Kerwe eröffnet. Die Schlumpel ist eine weibliche Puppe. Ein „Kerwepfarrer“ und sein „Kerweborscht“ bringen sie noch heute zu einer „Kapelle“. Diese ist einem Wirtshaus nicht unähnlich. Für die gesamte Kerwedauer wird die „Kerweschlumpel“ hoch oben aufgehängt. Wichtig war es dabei, die Puppe zu überwachen. Denn die „Borscht“ (Burschen) aus der benachbarten Ortschaften warteten nur auf eine gute Gelegenheit, um die Schlumpel zu entführen. Dann musste reichlich Alkohol als Lösegeld geboten werden. Dabei ist es auch Tradition, die „Kerweschlumpel“ zu verbrennen. Das passiert immer am Ende der jeweiligen Kerwe, meist am Montagabend.
Kerwetanz
Beliebt war vor allem in früheren Zeiten auch der Kerwetanz in den lokalen Gasthäusern. Die Jugendlichen putzten sich dafür immer fein heraus, denn die Kerwe war auch ein beliebter Heiratsmarkt. Zum Fest gehörte auch der Kerwekuchen. Meist war dieser aus Hefeteig und mit Äpfeln oder Zwetschgen belegt. Zur Kerwe gehören traditionell auch die Schiffschaukeln, die zahlreichen Buden, Stände und Karussells. Die sogenannten Gutselstände, bei denen es Bonbons und andere Süßwaren gibt, sind vor allem bei den Kindern immer noch sehr beliebt. Interessanterweise war es schon immer die Kerwe, die auch Stadtbewohner in die Dörfer lockte. Auch die Gesangs- und Musikvereine leisten immer ihre musikalischen Beiträge zum bunten Treiben. Die kurpfälzische Tradition lebt heute noch – egal ob in der Pfalz, in Südhessen oder Baden.
Natürlich von daheim – regionale Vielfalt
Die einstige Bedeutung von Erntedank hat nach wie vor Bestand. Mit dem Erntedankfest zeigen wir Wertschätzung für unsere Lebensmittel und für unser Essen. Und gerade Produkte aus der eigenen Region schmecken nicht nur gut, sondern sie stärken auch die Regionalität und zeigen, wie vielfältig Landwirtschaft und Spezialitäten aus Baden-Württemberg sein können. Es geht auch darum, ein Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmittel und der Landwirtschaft zu schaffen. Neben den Gottesdiensten mit gefüllten Erntedankkörben steht auch das Kochen und Essen in der Gemeinschaft im Vordergrund. Das Erntedankfest ist eine gute Gelegenheit, um innezuhalten und zu reflektieren.
Reife Sache – der Herbst, der bringt Trauben
Mit der Weinlese, oder dem sogenannten Herbsten, steht für den Winzer der arbeitsreichste Teil im Jahr an. Bei manchen Betrieben dürfen auch Touristen mitmachen. In Windeseile werden Trauben abgezwickt und schnell werden die Eimer gefüllt. Sobald ein Eimer voll ist, kommt ein Traktorfahrer und schüttet ihn in den Bottich. Kleintraktoren passen genau zwischen zwei Rebzeilen. Wenn die Bottiche voll sind, kommen sie in die Kelter. Später wird daraus der fertige Wein. Im Herbst dürfen auch die sogenannten Weinfeste nicht fehlen. Die umgangssprachlich als Winzerfeste bekannten Events repräsentieren das jeweilige Anbaugebiet und die besten Rebsorten. Für die Winzer ist das die Gelegenheit, ihre Rebsorten vorzustellen.
Halloween
Wenn sich geisterhafter Nebel über die Landschaften legt, die Bäume ihre Blätter verlieren und ihre knochigen Äste gegen das fahle Mondlicht strecken und der kühle Oktoberwind eine unheimliche Brise durch die Nacht vorantreibt, ist es so weit. Wieder einmal hält Halloween Einzug - auch bei uns.
Am 31. Oktober ist Halloween. Gemeint ist damit eine Kurzform von „All Hallows Eve“, dem Abend vor Allerheiligen. Halloween geht auf das keltische Samhain-Fest zurück. An diesem Tag soll der Legende nach die Grenze zwischen dem Jenseits und unserer Welt sehr durchlässig sein und es den Bewohnern der Anderswelt erlauben, mit uns in Kontakt zu treten. Die alten Kelten vermerkten den Tag als eines ihrer vier wichtigsten Feuerfeste, da es den Mittelpunkt zwischen der herbstlichen Tag-und-Nacht-Gleiche und der Wintersonnenwende markiert.
Mittlerweile gehört die Nacht begeisterten Halloween-Anhängern und vor allem Kindern, die als Vampire, Hexen, Monster und andere gruselige Gesellen Schabernack betreiben und mit „Süßes oder Saures" (org.: „Trick or Treat“) auf Süßigkeiten-Jagd gehen.
Rübengeister – Was war zuerst da, der Kürbis oder die Rübe?
Der Brauch, leuchtende Kürbisse zu Halloween aufzustellen, stammte ursprünglich aus Irland. Der Legende nach lebte einst ein Bösewicht namens Jack Oldfield, dem es durch eine List gelang, den Teufel einzufangen. Er bestand darauf, ihn nur freizulassen, wenn der Teufel ihm nicht mehr in die Quere kommen würde. Ein Problem hatte Jack dabei allerdings nicht bedacht. Nach seinem Tod kam er aufgrund seiner Taten nicht in den Himmel. In die Hölle wollte der Teufel ihn aber auch nicht aufnehmen, weil Jack ihn betrogen hatte. Aber er hatte Mitleid mit ihm und schenkte ihm eine Rübe und glühende Kohle aus dem Höllenfeuer. So konnte Jack fortan durch die ewige Dunkelheit wandern. So war die Legende der Jack O’Lantern geboren.
Irischen Einwanderer brachten ihre Kultur und ihre Traditionen mit in die USA. Mangels Rüben wurden hier eher beleuchteten Kürbisse verwendet. Um böse Geister abzuschrecken, schnitt man ihnen grimmig drein blickende Fratzen, beleuchtete sie und stellte sie vor Haus und Hof auf.
Rübengeistern – das gleiche wie Süßes oder Saures?
Aber auch im Ländle findet sich mit dem Rübengeistern ein ganz ähnlicher Herbstbrauch: In eine ausgehöhlte Rübe (meist eine Futterrübe) wird ein schauriges Gesicht geschnitzt und dieses von innen mit einer Kerze beleuchtet. Die Bräuche sind dabei ganz unterschiedlich. Mancherorts zieht man in Gruppen oder im Umzug durch die Straßen - oft verbunden mit der Bitte um eine „milde Gabe“, anderswo sind die Schreckgesichter in Fenstern oder vor den Haustüren zu finden.
In der Gemeinde Denkingen finden jedes Jahr traditionell am 1. Oktober das Rübenschnitzen und der Rübengeisterumzug statt. Im Festzelt wird fleißig an den gruseligen Gesichtern geschnitzt und bei Anbruch der Dunkelheit wird mit den ausgehöhlten (Zucker-)Rüben durch die Straßen gegeistert und um Süßigkeiten gebeten, wobei ein Spruch aufgesagt wird.
Bekannt ist auch der Riabagoaschterumzug in Göllsdorf, einem Stadtteil von Rottweil. Seit 1956 ziehen dort die Menschen zur „Saukirbe“ durch die Ortschaft. Brauch ist es dort, die Rübengesichter auf einer Stange zu befestigen und durch die Straßen zu tragen. Passend dazu wird das vom heimischen Mundartdichter Egon Rieble verfasste „Riabagoaschterlied“ gesungen.
Ganz in der Nähe, nämlich in Schramberg, ziehen die Kinder beim Kilbesingen mit Laternen und Rübengeistern durch die Straßen. In Mundelfingen fand 2012 das erste Mal das Runkelfest statt und wird seither jedes Jahr fortgeführt, um an einstige Bräuche zu erinnern.
Geschichte des Rüben-Brauchtums
Das Brauchtum rund um das Rübengeistern geht auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Zu dieser Zeit litten viele Familien unter Hunger. Viele verdingten sich als Erntehelfer und Tagelöhner auf den Feldern bei den Bauern. Not macht bekanntlich erfinderisch. Man nutzte das, was zur Verfügung stand: Aus den Rüben wurde Suppe gekocht, aus der Fruchthülle wurden Lampen gebaut. Die Kinder zogen damit von Bauernhof zu Bauernhof und baten um Essen - Eier, Schmalz oder Mehl. Als dann die Zeiten wieder besser wurden, wandelte sich der Brauch. Aus Ernst wurde Spaß. Meist zogen die Kinder dann durch die Straßen und klopften bei Verwandten und Bekannten.
Sprüche zum Rübengeistern:
„Wir sind die Rübengeister und kommen von weit her, wir bitten um eine Gabe, dann danken wir euch sehr.“
„Rummel, rummel, reister – wir sind die bösen Geister, wollt ihr uns vertreiben oder sollen wir bleiben?
Tut ihr nix in unseren Sack, nehmen wir euch Huckepack! Tut ihr doch was Schönes rein – gehn‘ wir alle artig heim.“
„Wir sind die Rübengeister und haben einen Meister. Der Meister hat befohlen, wir sollen etwas holen.“
„Wir sind die Rübengeister und geh’n von Haus zu Haus, wir bitten um ’ne Gabe, dann geh’n wir wieder nach Haus!“
Anleitung zum Rübenschnitzen
Der Spaß beginnt schon beim Aussuchen der passenden Rübe. Beulen, Warzen und Verwurzelungen sorgen für das perfekte Aussehen. Je nach Wandungsstärke kann man auch beeinflussen, inwiefern das Licht durch das Rübengesicht scheint. So werden manchmal nur Augen und Nase beleuchtet oder das ganze Gesicht.
Man braucht
- Futter- oder Zuckerrübe
- scharfes Messer
- Teelicht
Zuerst muss man den Strunk der Futterrübe entfernen. Der Schnitt, mit dem der Strunk entfernt wird, muss ziemlich gerade sein. (Damit man den Rübengeist aufstellen kann.)
Nun müssen die Futter- oder Zuckerrüben von innen ausgehöhlt werden. Es muss mindestens eine einen Zentimeter dicke Wand stehen bleiben. Im nächsten Schritt sind die Augen des Rübengeistes an der Reihe, dann Nase und Mund. Hier sind der Krativität keine Grenzen gesetzt. Zum Schluss nur noch ein Teelicht in die Rübe stellen - fertig ist das dämonische Rübengesicht. Viel Spaß beim Gruseln!