Es gibt nur vier Ortschaften im Ländle, in denen sie Radau machen: Haslach im Kinzigtal, Gengenbach, Waldkirch, alle nah beieinander, und – etwas weiter entfernt – Radolfzell am Bodensee. Hier aber ist der Brauch mächtig etabliert. Es wird gekleppert, was das Zeug hält.
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Diese akustische Spezialität Südwestdeutschlands entsteht durch Holzbrettchen. Vor allem Kinder und Heranwachsende klemmen sich die Brettchen zwischen die Zeige-, Mittel- und Ringfinger und schlagen sie durch kontrollierte, lockere Hand- und Armbewegungen rhythmisch aneinander. Der kastagnettenartige Effekt lässt sich virtuos ausüben, sodass unter den Ausführenden fast zwangsläufig ein Wettbewerb entsteht. Wer es zur Perfektion bringt, hat die Chance, Klepperlekönig oder Klepperlekönigin zu werden.
Video: Haslachs Ehrenklepperlemeister zeigt, wie's geht
Hart das Holz und weich die Finger
Ausschließlich Hartholz kommt dafür zum Einsatz: Esche, Kirschbaum, Buche oder Akazie eignen sich am besten und klingen am schärfsten. Die Radolfzeller Narrenzunft hat gar einen eigenen Akazienwald dafür. Nur gut getrocknete und lange gelagerte Hölzer ohne Risse und Astlöcher finden Verwendung.
Der Herstellungsprozess ist nicht besonders aufwendig. Zehn bis 15 Zentimeter Länge und vier bis fünf Zentimeter Breite messen die Teile bei zehn Millimetern Dicke. Zuerst bohrt man die Kerbe für die Finger aus, dann werden zwei Rohlinge zusammen ausgesägt, anschließend zur endgültigen Form geschliffen und gefeilt und zum Schluss von Hand fein geschmirgelt. Fertig ist das närrische Lärminstrument. Rund 300 Anschläge in der Minute sind zu schaffen. Aber das allein reicht nicht, es muss rhythmisch klingen wie bei einer Trommel. Schlag und Triller müssen sich abwechseln.
Ausprobieren: Das Lockere gegen das Feste
Ein Klepperle zwischen Zeige- und Mittelfinger klemmen und mit dem Daumen fixieren (dieses Teil bleibt immer fest). Das zweite zwischen Mittel- und Ringfinger klemmen (das bleibt immer locker). Durch schnelle Armdrehung schlägt das freischwingende Klepperle gegen das festgehaltene.
Übung macht den Meister, aber nicht zu viel, sonst gibt es Blasen oder einen Tennisarm – wie beim Autor dieses Textes. Am besten beginnt man als Kind damit, dann geht es einem als Erwachsener leicht von der Hand. Auch die passenden Liedle lernen sich im Kindesalter leichter:
Narrenspruch
Hoorig, hoorig, hoorig isch de Hund!
Und wenn de Hund it hoorig isch,
no isch er au it gsund.
Borschdig, borschdig,
borschdig isch die Sau.
Und wenn die Sau it borschdig isch,
denn giet sie koni Leberwürscht.
Klepperlekönig und Klepperlemeister
Während in Waldkirch ausschließlich zu einem Klepperlelied und einem Klepperlemarsch gekleppert wird, wechseln in Gengenbach Gesang und Klepperlebegleitung in einer vorgegebenen Reihenfolge und Rhythmus ab. Ein Klepperlemeister betreut die Klepperlekinder. Hier gibt es auch ein Preiskleppern für Erwachsene. In Haslach gab es sogar einen „Klepperleskrieg“. Als 1881 eine Klage wegen Ruhestörung bis zum Bezirksamt durchgefochten wurde, entschied dieses zugunsten der Klepperle. Hier kann man bis zum 14. Lebensjahr um die Königswürde kleppern.
Am vielfältigsten geht es in Radolfzell am Bodensee zu. Hier richtet der Turnverein alljährlich das Preiskleppern aus. Es findet am Mittwochabend vor dem „Schmotzigen Dunstig“, dem Donnerstag vor Fastnacht, direkt nach dem Hemdglonkerumzug statt. Der musikalisch-sportliche Wettkampf inklusive der feierlichen Zeremonie dauert je nach Teilnehmerzahl etwa ein bis zwei Stunden. Die Teilnehmer müssen sich einer strengen Jury stellen, die Haltung, Tonfülle, Rhythmus und Melodie beurteilt. Selbstredend wird beidhändig zu einem Narrenspruch gekleppert.
Traditionelles Klepper-Liedle
„Das Hinterteil in der Höllstraße …“
I de Höllstroß Nummere 6
do wohnt der Schlegele Beck.
Der schtreckt sin Asch zum Fenschter naus,
me monnt, es wär en Weck.
Es isch kon Weck, es isch kon Weck,
es isch de Asch vum Schlegele Beck.
Do kunnt e Fraule glaufe
und will des Weckle kaufe.
Do set de Schlegele Beck:
Min Asch isch doch kon Weck.
Es isch kon Weck, es isch kon Weck,
es isch de Asch vum Schlegele Beck.
Die Krönung aber ist die Kür, wo zu einem freien Rhythmus sehr virtuos gekleppert wird. Die beiden Besten werden dann Klepperlekönig und Klepperlekönigin oder auch Klepperleprinz und Klepperleprinzessin. Ihre Insignien sind eine kleine Krone, ein Festmantel und jeweils ein Thronsessel, der aus einer Toilettenschüssel gebaut ist. Ihre Salbung erfolgt mit Schlagsahne. Deftig. Deftig sind im Übrigen auch die Liedle zur Klepperlebegleitung.
Historie: Einst Warnung vor den „natürlichen“ Narren
Der Ursprung der Klepperle liegt im Dunkeln. Vermutlich mussten Aussätzige im 15. und 16. Jahrhundert mit einem Instrument auf sich aufmerksam machen, um die gesunde Bevölkerung mit den „Siechenklappern“ vor sich zu warnen. Aussätzige und Behinderte galten seinerzeit als „Narren“, denn sie entsprachen nicht dem Ebenbild Gottes. Kein Wunder also, dass die Klepperle in Südwestdeutschland an der Fastnacht vorkommen und ein närrisches Rhythmusinstrument sind.
Im 19. Jahrhundert finden sich Nachweise vor allem in Karlsruhe. Dort gab es seit den 1850er-Jahren einen Fastnachtsumzug, für den Schuljungen eine Klepperlegarde stellten. Sie war viele Jahre vertreten, bis sich der Brauch in der Nachkriegszeit verlor. In Mainz gibt es heute noch eine Kleppergarde, die mit schmalen, 20 Zentimeter langen Kleppern Krach macht und einen Wettbewerb ausrichtet.
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