Tauberzell liegt ideal. Dort können Sie starten: direkt an dem romantischen Flüsschen, das sich vom Fuß der Frankenhöhe über knapp 130 Kilometer in Richtung der Mündung in den Main (in Wertheim) schlängelt. Sie können beim Wohnmobilstellplatz parken und von dort über einen auf halber Höhe verlaufenden Feldweg in den mit LT27 markierten Rundweg einsteigen. Er steht unter dem Motto „Hasennestle und keltisches Oppidum“.
Video: Kelten in Hohenlohe - eine erlebnisreiche Wanderung
Schon nach etwa einer halben Stunde wartet der erste Höhepunkt: das Alte Tor. Ab hier sind Sie quasi mittendrin in der Keltenzeit. Sie betreten das einstige Oppidum (wie die Historiker die Siedlungen aus jener Zeit nennen) quasi auf demselben Weg wie die Zeitgenossen seiner Blüte, in dem halben Jahrtausend vor Christi Geburt. Der Wall ist heute noch gut zu erkennen.
Der Schutzwall
An der strategisch günstigen Stelle am Ende des Aufstiegs knickt er auf etwa 30 Meter nahezu rechtwinklig nach innen, sodass etwaige Feinde gleich von drei Seiten unter Beschuss und „in die Zange“ geraten konnten. Der Fachausdruck „Zangentor“ kommt mithin nicht von ungefähr. Die (in Krisenzeiten verschließbare) Durchfahrt maß sieben Meter, wie Kurt Bittel 1929 bei seiner archäologischen Untersuchung feststellte. Rätsel blieben dennoch. Die Brandspuren ließen sich nicht so recht deuten: Brach das Feuer durch Unachtsamkeit aus? Oder handelt es sich um die Spuren eines kriegerischen Konflikts? Falls ja: War es eine „kelten-interne“ Auseinandersetzung? Oder steckt ein Angriff germanischer Stämme dahinter?
Oppidum Finsterlohr-Burgstall
Einmal auf der Höhe, befinden Sie sich im Oppidum Finsterlohr-Burgstall, so die heutige Bezeichnung. Es ist völlig klar, warum es gerade hier entstand: Das steil abfallende Gelände hinab zur Tauber und zu den Schluchten des Holderbachs und der Schonach erleichterte die Verteidigung ungemein, die Ansässigen waren nur noch von der Hochebene her verwundbar. Ein witziges Detail am Rande: Im Bereich des Alten Tors verläuft noch heute die Landesgrenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern entlang des Walls, den die alten Kelten aufgeschichtet haben.
So siedelten die Kelten
Mit 123 Hektar war die Siedlung, die sie damit beschützten, etwa zehnmal so groß wie das Stuttgarter Messegelände. Sogar das Cannstatter Volksfest hätte darin mehr als dreimal Platz. Das heißt natürlich nicht, dass dicht gedrängt Haus an Haus stand. Weite Teile dienten dem Ackerbau oder als Viehweiden. Wo vorhanden, gewannen und verarbeiteten die Kelten auch Bodenschätze. Vor Kurzem tauchten in Finsterlohr Funde von schlackenähnlichen Knollen auf. Es könnte also sein, dass auch hier Eisen verarbeitet wurde. Allerdings fehlen zur Bestätigung der Theorie noch weitere Zeugnisse. Unbestritten ist freilich, dass die Kelten als exzellente Metall- und Schmiedehandwerker galten und gelten. Sogar heutige Schmiede wenden die Kenntnisse im Härten und Formen weitgehend immer noch an.
Drohte Gefahr, suchten auch Menschen aus dem Umland Schutz hinter dem Wall. Besonders eindrucksvoll mutet er an der rekonstruierten Pfostenschlitzmauer an. Hier lässt sich hervorragend die Konstruktion der Verteidigungsanlage nachvollziehen: Senkrecht stehende Pfosten halten ein verkleidetes Stein-Mauer-Werk, im Inneren gestützt durch waagrecht laufende Hölzer. Eine Rampe aus Steinschutt, Erde und Lehm erhöht noch deren Widerstandsfähigkeit.
Lehrpfad von Finsterlohr
So gut sich die Kelten gegen Angriffe schützten, so offen waren sie für den internationalen Handel. Auch das stellt der Lehrpfad von Finsterlohr ganz ausgezeichnet dar. Besonders günstig dürfte sich da die Nähe zu den Salzquellen von Bad Mergentheim und Schwäbisch Hall erwiesen haben, kombiniert mit der Lage an dem uralten Fernhandelsweg zwischen dem Maindreieck bei Würzburg und dem Nördlinger Ries beziehungsweise der Donau.
Wissen ohne Worte
Da sie keine eigene Schrift hatten, beschränken sich die schriftlichen Quellen über diese Volksstämme auf das, was andere über sie festgehalten haben. Und dennoch weiß man mittlerweile viel über die Kelten, dank der Archäologen, denen die Funde aus dieser vorchristlichen Zeit auch ohne Worte heute noch viel erzählen.
Ein Verein pflegt das historische Erbe
Wie das Leben innerhalb der gewaltigen Mauern mit einer Gesamtlänge von fünf Kilometern und einer Dicke von bis zu zehn Metern genau aussah, darüber rätseln Historiker noch immer: War die riesige Fläche dauerhaft besiedelt oder diente sie nur als Fluchtburg zu Krisenzeiten? Falls Letzteres zutrifft, muss Tauberfranken damals durch gefährliche Zeiten gegangen sein. Anders konnte der aus Creglingen stammende Prähistoriker Markus Rehfeld es sich nicht erklären, warum „unzählige Menschen über mehrere Bauphasen hinweg Tausende Tonnen von Erde, Steinen und Holz bewegt haben“. Es sind nämlich bis dato kaum Siedlungsspuren aufgetaucht, abgesehen von vereinzelten Highlights wie ein paar „Regenbogenschüsselchen“ (Münzen aus keltischer Zeit) und die Reste einer Handdrehmühle. Immerhin wurde das Bauwerk „über viele Jahrzehnte sorgfältig gepflegt“.
Apropos: Heute pflegt der Verein „Keltisches Oppidum Finsterlohr-Burgstall“ das Erbe dieser historischen Epoche ebenso engagiert wie liebevoll. Die Mitglieder bauten nicht nur einen Backofen aus der Keltenzeit nach, sondern errichteten auch ein originalgetreues Keltenhaus, das archäologischen Befunden aus Manching bei Ingolstadt entspricht.
Gleich daneben findet sich ein jüngeres Gebäude, das gleichwohl auch schon fast 300 Jahre auf dem Buckel hat: Die Flachsbrechhütte ist heute ein Unikum, doch bevor sich die Baumwolle Bahn brach, stand ein solches Gebäude in fast jedem Ort. Leinen war ein enorm wichtiger Rohstoff für Kleidung oder Wäsche, und die Flachsfasern mussten vor der Weiterverarbeitung erst einmal trocknen. Das war freilich nicht ungefährlich: Die leicht brennbaren Garben gingen oft genug in Flammen auf. Etwa wenn die umgeleitete warme Luft von einer außerhalb gelegenen Feuerstelle Funken in den Trockenraum trieb.
Gewebtes Tuch aus Flachs
Deswegen standen diese Hütten außerhalb der Dörfer. Wohlweislich. Auch in Finsterlohr fanden sich Brandspuren an den Balken. Nach der Trocknung kamen verschiedene Werkzeuge zum Einsatz, um die Pflanze zu „brechen“, also Stroh und Fasern voneinander zu trennen. Aus den groben Teilen entstanden im eigenen Bauernhaus Decken, Säcke und Segel, aus den feineren Betttücher und Kleidung. Die Körner wiederum spendeten Leinöl. Das gewebte Tuch wurde schließlich auf den Feldern zum Bleichen ausgelegt.
Das Taubertal: Von lieblich bis lecker
Doch nicht nur die Hochfläche bezaubert auf dieser Wanderung. Das Taubertal trägt seinen legendären Beinamen „lieblich“ mit Fug und Recht. Hier kann das Flüsslein sich nach Herzenslust durch die Wiesen schlängeln, auf Schritt und Tritt Romantik, von Weiden gesäumt.
Werbehinweis
Bei dem alten Gebäude neben der evangelischen Kirche von Archshofen dürfte kaum jemand vermuten, dass ab 1267 an dieser Stelle für knapp 100 Jahre eine „Kommende“, also eine Niederlassung der Deutschordensritter existierte. Deren Wasserburg wich freilich 1590 einem Schloss, das im Dreißigjährigen Krieg niederbrannte und danach wieder auf- und im 18. Jahrhundert umgebaut wurde. Der einstige Schlossgarten gegenüber erzählt von der Blütezeit dieser Anlage.
Start und Ziel in Tauberzell
Tauberzell, der Start- und Zielpunkt unserer Tour, ist wiederum sichtlich stolz auf seine reiche Weinbau-Tradition. „Der Schultheiß von Tauberzell gibt von seinem Amt 6 Eimer Wein und zwei Pfund Heller“, so vermerkt anno 1288 im Amtsbuch des damaligen Klosters Herrieden im Bistum Eichstätt. Damals wuchs hier lediglich Riesling, wie der Tauberzeller Ralf Hahn in einer ausführlichen Arbeit darlegte. Später kamen der Muskateller aus der Wachau und der Junker vom Balkan hinzu. Über knapp dreieinhalb Jahrhunderte boomte der Weinbau und erreichte vor 500 Jahren mit 301 Morgen Rebfläche seinen Höhepunkt.
Doch Bauernkrieg und Dreißigjähriger Krieg hatten auch für die Weinberge verheerende Folgen. Fast alle verwilderten. Eine Erholung gelang zwar, doch es folgten Nutzungskonflikte zwischen den Winzern und jenen Nachbarn, die lieber Ackerbau betreiben wollten. Mit der Industrialisierung setzte auch noch die Abwanderung ein. Der Tiefpunkt war während der Weimarer Republik mit lediglich 10 Hektar Reben noch nicht mal erreicht: 1973 existierten nur noch 0,6 Hektar, fast alle Weinbergterrassen waren verödet.
Hervorragende Tropfen & fränkische Küche
Mit der Flurbereinigung gelang indes die Trendwende. Nun wachsen auf 14 Hektar wieder ganz hervorragende Tropfen: Müller-Thurgau und Bacchus, Riesling und Silvaner als weiße, Schwarzriesling und Regent als rote Sorten.
Zwei Hektar davon bewirtschaftet Lars Zwick, der mit seiner Frau den „Falken“ im ehemaligen Tauberzeller Amtshaus aus dem Jahre 1604 führt. Der Amtmann erfreute sich damals auch eines Zusatzverdienstes als Wirt. So reichen die Wurzeln der Gastronomie in diesem denkmalgeschützten Gebäude schon mehr als 400 Jahre zurück. Kein Wunder, dass sich Lars Zwick der „traditionellen ehrlichen fränkischen Küche“ verschrieben hat.
Bratwurst nur ohne Senf
Neue Moden haben bei ihm keine Chance, Presssack und Blutwurst haben bei ihm noch ihren Platz. „Wir verarbeiten alles von unseren Schlachttieren. Ich wehre mich gegen den Begiff ,Edelteile‘. In der schwäbisch-fränkischen Küche hat man schon immer alles gegessen.“ Allerdings: Eine Bratwurst mit Senf serviert er nicht. „In einer guten fränkischen Bratwurst sind alle guten Gewürze schon drin.“ Deren Feind ist der Senf, dessen Geschmack alles überdeckt. „Slowfood“ ist für Lars Zwick spürbar mehr als ein Schlagwort.
Regionalität steht an oberster Stelle, seine Lieferanten kennt er persönlich. Und er selbst ist nicht nur Koch und Weinbauer, sondern auch Imker: 100 Völker liefern ihm Raps-, Blüten-, Waldblüten-, Linden-, Fenchel- und Kastanienhonig (und diese Liste ist noch nicht mal vollzählig). Eine Besonderheit auf seiner Speisekarte sind sicher die Leindotterspätzle. Der Name hat aber nichts mit Eiern zu tun, sondern mit einer Pflanze, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist und schon in vorchristlicher Zeit hier in der Region angebaut wurde. Und so kann sich am Ende der Wanderung der Kreis zu den Kelten auch kulinarisch schließen …
Hasennestle und keltisches Oppidum
Start und Ziel: Parkplatz an der Tauberbrücke Tauberzell
(GPS 49.446506, 10.119983)
Strecke: 16 km
Höhenunterschiede: je 220 m Auf- und Abstieg
Gehdauer: ca. 5 Stdn.
Schwierigkeitsgrad: mittel
Noch mehr Tipps in der Region:
► Von Schloss zu Schloss - Zu Fuß durch die Weltgeschichte
► Großrinderfelder Panorama-Tour: Schritte ums Dorf
► Ganzheitlicher Gesundheitsurlaub in Bad Mergentheim
► Stille Schritte: Meditationswanderung im Taubertal
► Tauberbischofsheim – fränkische Lebensart im Nordosten