Frauen verstehen nichts von Technik? Sie haben die Weltgeschichte nicht beeinflusst? Von wegen! Wir präsentieren zehn inspirierende Baden-Württembergerinnen, die bleibende Spuren in Kunst, Sport und Gesellschaft hinterlassen haben. Viele von ihnen zeigen, warum es sich lohnt, mit Konventionen zu brechen und Herausforderungen anzunehmen.

Mehr als eine Ehefrau: Bertha Benz 

Carl Benz gilt als Erfinder des Automobils. Noch heute erinnert ein Denkmal im Herzen Mannheims an den Tüftler. Jedoch nutzte Carl das Fahrzeug bevorzugt für Fahrten innerhalb seiner Heimatstadt. Es war seine Frau Bertha, die mit dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 3., die weltweit erste Langstreckenfahrt mit einem Automobil unternehmen sollte.  Gemeinsam mit ihren beiden Söhnen Eugen und Richard fuhr sie 100 Kilometer von Mannheim nach Pforzheim, um ihre Mutter zu besuchen. Getuschel oder kritische Blicke konnten der selbstbewussten Badenerin dabei nichts anhaben.

Entschlossen vollzog sie ihre Reise. Technische Probleme löste Bertha Benz mithilfe von Strumpfband und Haarnadeln und machte nebenbei die Stadtapotheke in Wiesloch zur ersten Tankstelle der Welt. Nicht nur durch ihre Fahrt unterstützte Bertha den Erfolg ihres Mannes. Auch in der heimischen Werkstatt scheute sie nicht davor zurück, anzupacken.  So soll sie, als Karl Probleme mit den Heißspulen seines Automobils hatte, die Spulen mithilfe ihrer Nähmaschine gewickelt haben.

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Bühler, Mannheim via Wiki Commons

Bertha Benz führte als erster Mensch eine Langstreckenfahrt mit dem Automobil durch.
Gemeinsam machten Sie das Automobil populär, Carl Benz durch die Erfindung desselbigen und Bertha Benz durch ihre Fahrt über 194 Kilometer.

Archiv Automuseum Dr Carl Benz.

Gemeinsam machten Sie das Automobil populär, Carl Benz durch die Erfindung desselbigen und Bertha Benz durch ihre Fahrt über 194 Kilometer.
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Die Teddy-Mama: Margarete Steiff 

Ohne sie würden heute wohl nicht so viele Plüschkameraden mit weichem Fell und runden Knopfaugen Kinderzimmer weltweit bewohnen. Die 1847 geborene Giengenerin Margarete Steiff gilt als Mutter der Teddybären. Ihr Lebensweg ist noch heute eine inspirierende Gründerinnengeschichte. Mit 18 Monaten erkrankte sie an Kinderlähmung und bleibt teilweise gelähmt.

Nach ihrem Abschluss absolvierte sie trotz körperlicher Einschränkungen eine Ausbildung zur Schneiderin und eröffnete 1877 ein Filzgeschäft. Auf dem Heidenheimer Markt verkaufte sie ihr „Elefäntle“ - ein Nadelkissen in Elefantenform. Doch besonders zum Strahlen brachten die kleinen Filztiere nicht die Augen von Hausfrauen, sondern von Kindern. Da wurde ihr bewusst, dass sie Spielzeug herstellen möchte. 1902 entwickelte ihr Neffe Richard den heute weltberühmten Teddybären mit beweglichen Armen und Beinen – der Rest ist Geschichte.

Margarethe Steiff

wikimedia Commons

Pionierin: Ihre Kinderlähmung hinderte Margarete Steiff nicht daran, ihre Ideen und Pläne zu verwirklichen.

Dichterin am Bodensee: Annette von Droste-Hülshoff 

Kaum eine berühmte Persönlichkeit hat am Bodensee solche Spuren hinterlassen wie die Lyrikerin Annette von Droste-Hülshoff. Der See war für sie dabei mehr als ein Wohnort, die abwechslungsreiche Natur der Region bot “der Droste” Inspiration für einige ihrer Werke. 1797 im Westfälischen geboren, kam Annette 1841 nach Meersburg. Der Mann ihrer Schwester Jenny hatte die alte Meersburg als Wohnraum für seine Familie gekauft. Auch Annette erhielt eigene Wohnräume in den Gemäuern, die heute für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Unter anderem befindet sich dort das Zimmer, in welchem die Dichterin lebte und auch starb.

Bereits als Kind fing sie an zu schreiben und träumte von einer Zukunft als Dichterin. Zeit ihres Lebens hatte sie engen Kontakt zu anderen Intellektuellen ihrer Zeit – zu den Brüdern Grimm oder Mitgliedern der Familie Schopenhauer. Annette von Droste-Hülshoff blieb ihr Leben lang alleinstehend. In Meersburg lernte sie den 17 Jahre jüngeren Levin Schücking kennen, zu dem sie eine romantische und zugleich mütterliche Beziehung entwickelte.

Annette_von_Droste_Hülshoff_Portrait

Florian Hundt via Wiki Commons

Zu den bedeutendsten Werken von Annette von Droste-Hülshoff zählen die Judenbuche, sowie die Gedichte"Die Vergeltung"und "Der Knabe im Moor".

Späte Bestsellerautorin: Ingrid Noll 

Sie gilt als eine der erfolgreichsten Krimiautorinnen unserer Zeit. Ihre Bücher wurden bereits in 27 Sprachen übersetzt. Seit vielen Jahren lebt Ingrid Noll in Weinheim. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie dabei fernab vom „Ländle“. Im September 1935 wurde sie in Shanghai geboren, die Familie floh vor Mao in die Heimat, die für Ingrid Noll zunächst einmal fremd war. Früh übte sie sich im Schreiben, erst einmal heimlich.   

Ursprünglich wollte Noll nach ihrem Abitur Journalistin werden, verwarf diesen Traum aber wieder, heiratete einen Arzt, bekam drei Kinder und versorgte ihre Mutter bis ins hohe Alter. Erst als ihre Kinder erwachsen wurden, widmete sich Noll wieder dem Schreiben. Ihr Erstlingsroman „Der Hahn ist tot“, erschienen 1991, wurde auf Anhieb ein Bestseller. Inzwischen verfasste die Schriftstellerin mehr als 20 Werke, viele davon wurden verfilmt. Ihre Heimat, die hübschen Bergstraße, macht Ingrid Noll oft zum Schauplatz ihrer Krimis. Die Verbundenheit zur Region brachte Noll einige Auszeichnungen ein, unter anderem erhielt sie 2002 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg und sie wurde 2023 zur Ehrenbürgerin ihrer Heimatstadt ernannt. 

Ingrid Noll

jr/NM-Archiv

Im Schwetzinger Schlossgarten fühlt sich Ingrid Noll fast wie zuhause.

Wunderkind mit Schlagkraft: Steffi Graf 

Der Begriff Tennis ist in Deutschland vor allem mit einem Namen verbunden: Steffi Graf. Als einziger Sportlerin jemals gelang ihr der sogenannte „Golden Slam“: Innerhalb eines Jahres gewann sie alle vier großen Grand Slam-Turniere.  

Ihre ersten Lebensjahre verbrachte die 1969 geborene Graf jedoch fernab von Paris, Sydney oder Wimbledon. In Mannheim geboren, wuchs sie in der beschaulichen Kleinstadt Brühl in Nordbaden auf. Einheimische erinnern sich an den ehemaligen Tennisstar heute noch als bescheidene, freundliche Person. Als Jugendliche galt Graf als Wunderkind ihrer Sportart. Ihrem Vater Peter fiel bereits früh das Talent seiner Tochter auf. Mit drei Jahren hält sie erstmals einen Tennisschläger in der Hand, mit 11 ist sie in ihrer Altersklasse ohne Konkurrenz. Mit 15 steht sie erstmals im Achtelfinale der Australian Open. In den nächsten Jahren entwickelte Graf den besten Schlag im Damentennis. 1987 wurde sie bis zur bis dahin jüngsten French Open-Gewinnerin. Im Laufe ihrer Karriere gewinnt sie 22 Grand Slam-Titel.

Insgesamt führte Graf 377 Wochen lang die Weltrangliste der Tennisspielerinnen an und sollte damit eine der erfolgreichsten Sportlerinnen aller Zeiten werden. Heute lebt sie mit ihrem Mann, Tennis-Legende Andre Agassi in den USA, besucht aber auch ab und zu ihre Heimat. 

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jr

Tennis-Legende Steffi Graf besucht immer wieder ihre kurpfälzische Heimat.

Unerschütterliche Idealistin: Sophie Scholl 

Rebellieren, auch wenn alle anderen mitlaufen. So lehnten sich Sophie Scholl und ihr Bruder Hans gegen das NS-Regime auf. 1921 wurde Sophia Magdalena Scholl in Forchtenberg im Hohenlohischen geboren, wo ihr Vater Bürgermeister ist. 1930 zieht die Familie nach Ludwigsburg um, zwei Jahre später nach Ulm.

Ab 1934 engagiert sich Sophie wie viele Mädchen ihres Alters im Bund deutscher Mädel (BDM), der weiblichen Hitlerjugend, bei dem sie bis 1941 Mitglied blieb. Doch mit der Zeit merkte die bildungs- und kunstinteressierte Sophie, dass das Gedankengut der NSDAP mit ihren Idealen nur schwer vereinbar war. Ab 1941 studierte sie an der Universität München.

Über ihren Bruder lernte sie bald weitere Studierende kennen, die sie in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Regime bestärkten. So gründete sie schließlich gemeinsam mit Gleichgesinnten die Widerstandsgruppe „Die weiße Rose“. Im Sommer 1942 verteilten Sophie Scholl und andere Mitglieder erstmals Flugblätter in der Münchner Innenstadt. Der 18. Februar 1943 wurde zum verhängnisvollen Tag für Sophie Scholl und ihre Mitstreiter: Beim Verteilen von Flugblättern an der Münchner Uni wurden die Geschwister Scholl aufgegriffen. Nur vier Tage später wurden Sophie und ihr Bruder Hans hingerichtet.  

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Hans Scholl

Sophie Scholl lehnte sich mit anderen Mitgliedern der "Weißen Rose" gegen das NS-Regime auf.

Frauen eine Stimme geben: Clara Zetkin 

Noch bevor die ersten Frauen an deutschen Universitäten studieren konnten, machte sich Clara Zetkin für Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern stark. 1857 wurde sie in Mittelsachsen geboren, bereits ihre Mutter Josephine Eißler hatte Kontakt zu Begründerinnen der Frauenbewegung wie Louise Otto-Peters. Clara ließ sich privat zur Volksschullehrerin weiterbilden und trat 1878 der Sozialistischen Arbeiterpartei, der Vorläuferin der SPD bei.

Die damalige Regierung erschwerte ihr politisches Engagement: Wegen des sogenannten Sozialistengesetzes lebte sie 1882 in Zürich und Paris im Exil. 1890 kehrte Clara nach Deutschland zurück und ließ sich mit ihrer Familie in Stuttgart nieder, wo sie als Übersetzerin und ab 1897 als Chefredakteurin der Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“ arbeitete. Unter ihrer Führung wurde „Die Gleichheit“ mehr und mehr zur führenden Zeitschrift der Frauenbewegung. Zetkin thematisierte darin unter anderem die Ungerechtigkeit der damaligen Lohn- und Arbeitsverhältnisse. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Zeitschrift zum Massenblatt. Clara Zetkin war eine enge Vertraute Rosa Luxemburgs und von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete für die KPD. Die überzeugte Kommunistin starb 1933 im russischen Exil.

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Karl Pinkau via Wiki Commons

Clara Zetkin klärte andere Frauen über Ungerechtigkeiten auf.

Aus der Kurpfalz nach Olympia: Malaika Mihambo 

Der 2. August 2021 wird Malaika Mihambo wohl für immer in Erinnerung bleiben. In ihrem letzten Versuch im Weitsprung schafft die Leichtathletin eine Leistung von 7 Metern, sichert sich so ihre erste Goldmedaille bei Olympia. Ihre Bestleistung im Weitsprung liegt bei 7,30 Metern. Zu dieser Zeit zählte Mihambo bereits zu den Größen in der deutschen Sportszene. Im Jahr ihres Olympia-Siegs trug die Leichtathletin zum dritten Mal den Titel „Sportlerin des Jahres“. Bis 2024 gewann Mihambo zwei Weltmeisterschaften und wurde siebenmal deutsche Meisterin.

Geboren ist Malaika Mihambo 1994 in Heidelberg, ihren Heimatort, das beschauliche Oftersheim, vergisst sie trotz aller Erfolge nicht. Ihre sportliche Karriere startete sie mit acht Jahren bei der LG Kurpfalz, wo sie bis 2020 trainierte.  In ihrem 2023 erschienenen Buch „Spring dich frei“ erzählt sie von ihrer schwierigen Kindheit und dem Umgang mit Sieg und Niederlage im Sport. 2020 gründet sie den Verein „Malaikas Herzsprung“. Dieser soll Rahmenbedingungen schaffen, dass Grundschulkinder auch außerhalb des Schulsports sportlich aktiv sind.

Malaika Mihambo

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Weitspringerin Malaika Mihambo beim Empfang in ihrem Heimatort Oftersheim nach ihrem Medaillenerfolg in Tokio 2021.

Revolutionärin im Hörsaal: Johanna Kappes

Heute besuchen in Deutschland Millionen junge Frauen die Universität.  Etwa 64 % der Studierenden im Fach Humanmedizin sind weiblich. Doch vor gerade einmal 120 Jahren war dies kaum vorstellbar. 1899 sollte Johanna Kappes sich als erste Frau an einer deutschen Universität einschreiben. Zu einer Zeit, als der Prorektor der Uni Freiburg, Alban Stolz, noch die Ansicht vertrat, es wäre "eine Unnatur, wenn ein Weib in Kunst oder Wissenschaft etwas leistet”.  Johanna Kappes gehörte zu den vier Abiturientinnen ihres Jahrgangs am Mädchengymnasiums Karlsruhe.

Trotz der erschwerten Umstände kämpfte die junge Frau für ihren Traum Ärztin zu werden. Sie bat Professoren der Uni Freiburg um ihre Gnade studieren zu dürfen, konnte so zunächst Vorlesungen besuchen, aber kein Examen ablegen. Der Verein „Frauenbildung - Frauenstudium" animierte Johanna Kappes sich für ihre Rechte starkzumachen. Seine Vorsitzende: Adelheid Steinmann, die Frau des Prorektors. Mit der Unterstützung des Vereins im Rücken, formulierte Kappes eine Petition an die Regierung in Karlsruhe. Diese sollte für einen Meilenstein im Kampf für Frauenrechte sorgen:  Am 28. Februar 1900 wurden die deutschen Universitäten für Frauen geöffnet. 

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Stadtarchiv Nürnberg

Johanna Kappes schrieb sich als erste Frau an einer deutschen Universität ein.

Aufgeklärt und unverblümt: Lieselotte von der Pfalz 

Am 27. Mai 1652 wird Elisabeth Charlotte, Prinzessin von der Pfalz in Heidelberg geboren. Rufname: Liselotte. Sie war die älteste Tochter von Kurfürst Karl I. Ludwig und Charlotte von Hessen-Kassel. Mit ihrer Ehe zu Philippe I., Herzog von Orleans, wurde sie zur Schwägerin von Ludwig XIV. - dem Sonnenkönig. Liselotte ist auch deswegen eine besonders interessante Figur ihrer Zeit, da ihr Briefwechsel, in dem sie recht unverblümt vom Leben auf dem französischen Hofe berichtet, zu den bekanntesten Werken der Barockzeit zählt.

1688 nahm ihr Schwager ihre Ehe zum Anlass für den Pfälzischen Erbfolgekrieg, in dem zu Liselottes Verzweiflung die Kurpfalz mehrfach verwüstet wurde. Nach dem Tod des Königs 1715 wurde ihr Sohn Philippe II. von Orléans zum Regenten von Frankreich bis 1723, sie selbst zur Ahnin zahlreicher europäischer Königshäuser, sodass man sie auch den „Bauch Europas“ nannte: Sie war Großmutter des römisch-deutschen Kaisers Franz I. Stephan, Mann von Maria Theresia, und Urgroßmutter der Kaiser Joseph II. und Leopold II. sowie der französischen Königin Marie-Antoinette.

„Madame hatte in jeder Hinsicht eher die Natur eines Mannes”, schrieb einer ihrer Bekannten, Herzog Saint-Simon, über Liselotte. Sie und Herzog Philippe bekamen drei Kinder, was keinesfalls selbstverständlich war, da ihr Ehemann homosexuell war und dies recht offen auslebte. Die Art, wie sich Lieselotte in Briefen mit der Sexualität ihres Mannes auseinandersetzt, zeigt, dass sie für Zeit eine außergewöhnlich aufgeklärte Frau war.

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wikimedia Commons

Liselotte von der Pfalz´ Briefe zählen zu den spannendsten Textwerken aus der Barockzeit.

Am 8. März ist Weltfrauentag

Weiteres zum Weltfrauentag finden Sie hier.