Menschen ziehen mit Lärminstrumenten durch die Orte, bemalte Eier fungieren als Fruchtbarkeitssymbole, Osterlämmer werden gebacken, Zucker- und Schokoladenhasen gegossen, Osterfeuer entzündet. Wie kaum ein anderes christliches Fest hat Ostern in Baden-Württemberg die meisten Ausprägungen - und sicher auch den einen oder anderen kuriosen Brauch. Mancher hat eine jahrhundertelange Tradition.
Osterbräuchen auf der Spur
Ostern ohne bunt gefärbte Eier ist kaum vorstellbar, sie gehören zu dem christlichen Hochfest wie der Christbaum zur Weihnacht. Aber woher stammt der Brauch, kunstvoll verzierte Ostereier an den Feiertagen zu verschenken? Und warum bringt sie der Osterhase? Dies vorweg: Ostern ist ein „bewegliches“ Fest. Seit den Beschlüssen des nizäischen Konzils im Jahre 325 feiert die Christenheit den Beginn ihres höchsten und zugleich ältesten Festes immer am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond. Am Termin für Ostern orientieren sich auch alle anderen beweglichen christlichen Feiertage wie Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam.
Wie Ostern zu seinem Namen kam
Die Bezeichnung „Ostern“ geht zurück auf den angelsächsischen Begriff „eastron“, der die Morgenröte beschreibt. Mit Ostern kommt gewissermaßen neues Licht in die Welt – die Morgenröte der Erlösung. Die Lichtsymbolik ist von größter Bedeutung, denn Christus selbst wird als das Licht der Welt verstanden, das mit der Osterkerze in die Kirche hineingetragen wird.
Die Konstruktion eines heidnischen Festes zu Ehren einer (niemals nachgewiesenen) germanischen Göttin namens „Ostara“ ist längst widerlegt, taucht aber immer wieder als Erklärungsversuch verschiedener Osterbräuche auf. Das christliche Osterfest gründet vielmehr auf der jüdischen Passahfeier, woran nicht allein das Letzte Abendmahl (Gründonnertag) und das Bild des Osterlamms (Ostersonntag) erinnern.
Rätschen statt Glocken
In vielen katholisch geprägten Gemeinden im Südwesten wird zwischen Gründonnerstag und der Verkündung der Auferstehung Jesu mit Rätschen, Klappern und Rasseln zum Gottesdienst gerufen. In dieser Zeit dürfen nämlich die Glocken der katholischen Kirchen nicht läuten. Die Geräusche der hölzernen Lärminstrumente muten im Gegensatz zum Klang der Glocken sehr hart und unangenehm an. Sie stehen dadurch symbolisch für die Leiden Jesu und ahmen die Hammerschläge nach, mit denen er ans Kreuz genagelt wurde. Die Rätschen erinnern damit an das Opfer Jesu, sie rufen zur Messe und vertreiben gleichzeitig den Winter.
Im Freiburger Stadtteil Ebnet ziehen die Jungen paarweise durch den Ort und rufen mit den Rätschen zum Gottesdienst. Am Karfreitag wird bereits um 6 Uhr morgens gerätscht.
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Osterhase – der hoppelnde Eierlieferant
Ob aus Schokolade, Plüsch oder Keramik – Osterhasen tummeln sich in vielerlei Gestalt und Funktion rund ums Osterfest. Wie und warum es das Langohr zu solcher Popularität geschafft hat, darüber gibt es verschiedene Theorien. Fest steht, dass der Osterhase im Vergleich zu anderen Symbolen des Osterfestes, wie etwa dem Ei, dem Lamm oder den Sakramentalien Feuer und Wasser, ein recht junges Requisit der Osterbräuche ist. Die Vorstellung des hoppelnden Eierlieferanten kommt nicht vom Lande, sondern hat in stadtbürgerlichen Kreisen zu Beginn des 19. Jahrhunderts Verbreitung gefunden.
Die frühesten Osterhasen-Belege gehen auf protestantische Autoren des 17. Jahrhunderts zurück und verweisen auf eine Zeit, in der es in den evangelischen Familien üblich wurde, die Ostereier zur Verschleierung ihrer Herkunft zu verstecken. Der Eierüberschuss zu Ostern gründete in den Fastenvorschriften der katholischen Kirche, ebenso wie die Weihe der gefärbten Eier. Beides lehnten die Protestanten ihrem Glauben gemäß ab, Eiergeschenke wurden allerdings auch von ihnen verteilt. Zur Erklärung konstruierte man schließlich die Geschichte vom Osterhasen, der die bunten Eier bringt und im Garten versteckt – „eine Fabel, die man Simpeln und Kindern aufbindet“, heißt es bereits in der Abhandlung „De ovis paschalibus“ (Von Ostereiern) aus dem Jahr 1682.
Eierverstecke im Garten
In dieser Dissertation eines Arztes, der bei einem Heidelberger Medizinprofessor promoviert wurde, wird der Brauch des Osterhasen unter anderem in der Pfalz, im Elsass und in angrenzenden Gebieten beschrieben. Demnach lege der Osterhase die Eier und verstecke diese im Gras oder unter Sträuchern. Dort würden sie von den Kindern gesucht, sehr zur Freude der Erwachsenen.
Der Hase war ein vertrautes Motiv aus der Volkskunst und bot sich – nicht zuletzt wegen seiner sprichwörtlichen Fruchtbarkeit – als profaner Überbringer der österlichen Eiergeschenke an.
Im 19. Jahrhundert erfuhr der Osterhase einen Aufschwung, der vermutlich in der industriellen Herstellung von günstigem Rübenzucker zu erklären ist. Hierdurch wurde die Produktion von erschwinglichen Schokoladen- und Zuckerhasen erst ermöglicht.
Zuckerhase
Bereits im 18. Jahrhundert, stärker jedoch ab dem 19. Jahrhundert verbreitete sich der meist rote Zuckerhase vor allem im süddeutschen Raum. Die österliche Schleckerei wird aus einer Masse aus Kristallzucker, Wasser, Glukosesirup und rotem Lebensmittelfarbstoff hergestellt. Die erhitzte Masse wird in zweiteilige, eingeölte Metallformen gegossen. Nach dem Aushärten werden die dünnwandigen Zuckerhasen vorsichtig aus der Form gelöst.
Die Herstellung fand meist in Bäckereien, Konditoreien oder Zuckerbäckerein statt. Auch heute noch gibt es in Baden-Württemberg vereinzelte "Hasenmütter" und "Hasenväter", welche die ausgefallene Süßigkeit herstellen.
Video: Zuckerhasen gießen - eine alte Tradition
Vom Zins-Ei zum Osterei
Die Praxis des Verzierens oder Färbens von Eiern wird seit dem 12. Jahrhundert überwiegend mit Ostern in Verbindung gebracht. Dabei hatte das Färben zunächst ganz praktische Gründe.
Der Ursprung der verzierten Ostereier ist ebenso profan wie folgerichtig: Im Mittelalter war es üblich, den Grund- oder Pachtzins in Form von Naturalien an den Grundherrn zu entrichten. Am Ende des Zinsjahres, vor Ostern, erhielt der Hühnervogt sogenannte Zinseier (auch Hubeier) als vorgeschriebene Abgabe. Eier deshalb, weil kurz vor Ostern, am Ende der 40-tägigen Fastenzeit ein enormer Eierüberschuss herrschte. Der Verzehr von Eiern, also von tierischen Produkten, war ja laut Fastengebot untersagt. Um die Zinseier bis zum Zahlungstermin haltbar zu machen, wurden sie gekocht und zur Unterscheidung von den nicht gekochten Eiern – meist mit Roter Bete – eingefärbt.
Das Osterei wird Kunstobjekt
Für Deutschland werden gefärbte Eier erstmals im frühen 13. Jahrhundert erwähnt. Waren nach der Zinsabgabe noch Eier übrig, wurden diese verziert und zur Speisenweihe am Ostersonntag in die Kirche mitgenommen. Anschließend verschenkte man die geweihten Eier an Personal, Pfründner, arme Leute und später zunehmend an Kinder. Mit der Aufhebung der Grundherrschaft und der Ablösung der Naturalien durch Geld entwickelte sich aus dem Schenkei alsbald das Osterei im heutigen Sinne. Wobei erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts Ostereier zum Gegenstand künstlerischen Interesses wurden. Verschiedene Techniken zur ornamentalen Verschönerung gingen dabei der Anfertigung künstlicher Eier aus Glas, Keramik, Porzellan und anderen Materialien voraus.
Ostereier für den Zaren
Besondere Berühmtheit erlangten schließlich die prunkvollen Fabergé-Eier, die der Goldschmied Peter Carl Fabergé Ende des 19. Jahrhunderts im Auftrag des Zaren in St. Petersburg fertigte. Zar Alexander III. überreichte das erste Fabergé-Ei seiner Gattin als Ostergeschenk. Das kostbare Präsent kam bei der Beschenkten so gut an, dass sie fortan jedes Jahr zu Ostern ein weiteres Prunk-Ei aus der Manufaktur Fabergé bekam. Seltene Exemplare dieser luxuriösen Ostergeschenke können übrigens heute im Fabergé-Museum in Baden-Baden bewundert werden.
Das Ei als Fruchtbarkeitssymbol stand bereits in vorchristlicher Zeit für Geburt, Neubeginn oder Wiedergeburt. Im Christentum gilt das Ei als Sinnbild für die Auferstehung Jesu. Mit dem Aufbrechen der Schale wird das Öffnen des Grabes am Ostermorgen assoziiert.
Das Osterei-Museum in Sonnenbühl gewährt in der Zeit um Ostern Einblicke in Historie und Brauchtum rund ums Osterei. Die Dauerausstellung zeigt rund 1.000 Eier und Ei-Objekte, darunter Brauchtumseier, Natureier, Eier aus vielen Ländern der Welt sowie kunstgewerbliche Eier.
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Ostereierschurgeln
In den nordbadischen Orten Walldorf, Rot und St. Leon kannte man bis in Mitte des 20. Jahrhunderts das so genannte Ostereierschurgeln. Hierbei suchten sich die Kinder einen sandigen Abhang an den in dieser Gegend typischen Dünen. In den Hang zogen sie Furchen, in denen dann die Ostereier bergab rollen mussten. Gewonnen hatte derjenige, dessen Ei am weitesten hinunterrollte. Der Sieger bekam das Osterei des Kontrahenten. An den Ostertagen sorgte dieses eigenartige Treiben besonders bei schönem Frühlingswetter für rege Beteiligung.
Ostereierklopfen oder "Higgen"
Daneben gab es den Brauch des Ostereierklopfens. Zwei Spieler schlugen je ein hart gekochtes Ei - wahlweise mit dem spitzen oder stumpfen Ende - aufeinander. Derjenige, dessen Osterei zerbrach, musste es an seinen Mitspieler abgeben.
Im Bruchsaler Stadtteil Heidelsheim findet der Brauch eine besondere Ausprägung. Seit über 175 Jahren gibt es in der ehemaligen freien Reichsstadt das "Eier-Higgen" am Ostersonntag auf dem Marktplatz. Dabei trifft sich die Jugend zum Ostereierklopfen. Seit der Wiederbelebung dieses Brauchs im Jahr 1959 gilt die überlieferte Spielregel "Spitz auf Spitz und Arsch gegen Arsch". Der Einsatz von Brut- oder Nesteiern ist streng verboten. Wer beim Schummeln erwischt wird, kommt vor das so genannte Spinnclubgericht und wird disqualifiziert.
Osterbrunnen
In einigen Regionen des Landes findet sich die Tradition der Osterbrunnen. Vor Ostern wird der Ortsbrunnen aufwändig geschmückt. Dabei kommt als österliches Symbol überwiegend das Ei zum Einsatz. Häufig werden die Brunnen die Form einer Krone verziert. So sind sie für einige Tage die Attraktion im Ort. Herkunft dieser Tradition soll um 1909 die Fränkische Schweiz gewesen sein. In Schechingen auf der Schwäbischen Alb, in Maulbronn, in Laudenbach oder in Ihringen am Kaiserstuhl lassen sich die mit handbemalten Eiern geschmückten Osterbrunnen bestaunen.
Über den Hintergrund des Brauchs streiten sich die Geister. So war man lange davon ausgegangen, dass damit die Bedeutung des Wassers beziehungsweise der Quelle für Mensch und Tier hervorgehoben werden sollte. Auch in vielen Untersuchungen konnten keine Belege für diese Theorie oder einen älteren Ursprung des Brauches gefunden werden.
In der christlichen Liturgie werden Wasser und Feuer durch die kirchliche Osterweihe zu Sakramentalien erhoben, deren Besitz Schutz für Leib und Seele verspricht.
Osterfeuer
Einer der bekanntesten Osterbräuche dürften die Osterfeuer sein. Sie werden in verschiedenen Regionen Deutschlands an Karfreitag oder am Ostersonntag entzündet. Hierfür werden auf Feldern oder Bergkämmen möglichst hohe Holz- und Reisigstapel errichtet, so dass ihre Flammen weithin zu sehen sind. Im Südwesten gibt es diese Tradition beispielsweise in Orten am Bodensee, im Schwarzwald oder im Badischen Odenwald.
Glühende Osterschwämme
Eine ganz besondere Variante des Osterfeuers wird in der Schwarzwald-Gemeinde St. Peter zelebriert: Kinder und Jugendliche ziehen dort durch den Wald und sammeln eine bestimmte Baumpilzart. Diese "Schwämme" werden am Ostersonntag im Gottesdient gesegnet und anschließend in einem Feuer zum Glühen gebracht. Mit den glimmenden Pilzen ziehen die jungen Leute dann von Haus zu Haus. Bei jedem Haus bleibt jeweils ein Stück des Schwammes zurück, als segenbringendes Osterfeuer.
Der über 100 Jahre alte Brauch geht auf die frühere Knappheit von Kerzen zurück. Damals nutzten die Menschen die zahlreich vorhandenen Baumpilze als Lichtquelle.
Osterlamm
Im Christentum steht das Lamm für die Auferstehung Christi. Das führte zum Backen von Gebildbrot in Form von Osterlämmern. In das Symbol für den Sieg über den Tod wird die Fahne der Auferstehung gesteckt. Im Gottesdienst wird das "Lamm Gottes", das "Agnus Dei" geweiht und neben anderen Speisen zum Osterfrühstück verzehrt. Dabei geht diese Tradition auf den alten Brauch im Judentum zurück, zu Pessach (Passahfest) ein Lamm zu schlachten und zu verspeisen. Auch Jesus hatte wenige Tage vor seinem Tod noch das Passahfest gefeiert.
Osterzopf
Ein frischer Hefezopf gehört für viele Menschen im Schwäbischen zum Osterfrühstück wie die Ostereier. Der Osterzopf besteht aus geflochtenen Hefezopfsträngen. Bestreut wird das Gebäck wahlweise mit Rosinen, Mandeln, Nüssen oder Hagelzucker. Diese Tradition geht, ebenso wie beim Osterlamm, vermutlich auf das jüdische Fest Pessach zurück.
► Was es mit den schwäbischen "Apostelbrocken" auf sich hat, erfahren Sie hier
Ostern in den Schlossgärten
Wer den flinken Osterhasen treffen will, sollte am Ostersonntag den Schlossgarten Schwetzingen besuchen. Der Frühlingsbote ist hier unterwegs und versteckt die bunten Leckereien. Dabei ist der Hase gar nicht scheu, sondern lässt sich auch gerne zu einem Selfie überreden. Die Kinder sind eingeladen, zwischen den Blumen und Sträuchern nach Ostereiern zu suchen.
Im Blühenden Barock beim Residenzschloss Ludwigsburg wird zum Frühlingserwachen der Schlossgarten österlich geschmückt. Dort überraschen riesige Ostereier, die mit echten, kunstvoll verzierten Eiern behängt sind. Dazu gibt es einen besonderen Osterbrunnen. Besucher können zudem in einem Eierlauf-Parcours ihre Geschicklichkeit beweisen.