Auf rund 100 Kilometern Länge durchfließt die Tauber den Landstrich zwischen Wertheim am Main und Rothenburg o. d. T. Das malerische Flusstal ist gesäumt von alten Städten, Dörfern, Kirchen und Bauernhöfen. Stetiger Begleiter der Tauber sind die hügeligen Uferlagen und die Weine, die dort wachsen: Überwiegend weiße, aber auch rote Sorten werden hier angebaut, am bekanntesten ist der Silvaner.

Das Taubertal – Für alle etwas dabei

Video: Der Württemberger Weinradweg

Hier, im Grenzgebiet zwischen Bayern, Baden und Württemberg beginnt der Württemberger Weinradweg. Es ist die Gegend, in der nicht nur zwei Bundesländer aneinanderstoßen, sondern auch die Territorien der badischen und württembergischen Weinländer: Ist man in Wertheim und Tauberbischofsheim noch auf altbadischem Gelände unterwegs, beginnt in Bad Mergentheim und Weikersheim das Reich der Württemberger Weine.

Württemberger Weinstraße

Über die Hohenloher Ebene

Am Kirchplatz von Niederstetten gestartet, führt die Tour nach ein paar Steigungen zunächst durchs Taubertal, vorbei an Schloss Weikersheim mit seinem berühmten Schlossgarten. Der Weg zu Kocher und Jagst geht fröhlich auf und ab, die Hohenloher Ebene ist eben keineswegs so eben, wie ihr Name behauptet. Dafür belohnt sie den Gast mit schönen Landschaften, urigen Dörfern und Menschen, die ihr ganz eigenes Selbstverständnis haben: Einen Hohenloher sollte man tunlichst nicht als Schwaben bezeichnen, die Zugehörigkeit zu Württemberg ist ein Ergebnis der napoleonischen Kriege und der Auflösung der einst selbstständigen Fürstentümer.

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Weinort Ingelfingen in Hohenlohe

MEIN LÄNDLE/Wolfgang Ellsässer

Hohenloher Weinort Ingelfingen: Auch im Tal des Kocher reifen gute Tropfen

Heute sind die Hohenloher bekannt für ihre besondere Mischung aus bäuerlichen Traditionen und industrieller Spezialisierung. Kaum irgendwo anders gibt es auf so engem Raum so viele Weltmarktführer und findige Unternehmer. Die treten immer wieder auch touristisch in Erscheinung, zum Beispiel durch Restaurants wie die Jagstmühle in Heimhausen, betrieben von der Familie Sturm der ebm-papst Gruppe. Oder als Bauherr des zweitgrößten Holzfasses in Europa: Ins Leben gerufen von GEMÜ-Chef Fritz Müller, steht es mitten in den Weinbergen von Ingelfingen und beherbergt ein Weinbaumuseum.

Im Heilbronner Weinland

Wer Hohenlohe mit dem Fahrrad überwunden hat, ist fürs Erste buchstäblich „übern Berg“. Bald beginnt das Heilbronner Weinland. Rebenbedeckte Hügel säumen den Weg, auf deren Spitzen Wald wächst. Überall blühen Rosen, sie sind ständige Begleiter in den Weinbergen, eine Augenweide und ein Frühwarnsystem für Rebkrankheiten. Wer sich ein wenig Zeit nimmt, kann viel lernen auf dem Württemberger Weinradweg, zum Beispiel, dass die rote Clevner-Traube eine alte Burgundersorte ist und die Weinbergschnecke bis zu 30 Jahre alt werden kann. Immer wieder verführen Weinerlebnispfade zu einem Abstecher, wie der in Obersulm-Affaltrach, wo ein rebenumrankter Pavillon zur Rast einlädt.

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Fahrradpause am Weinerlebnispfad Affaltrach

MEIN LÄNDLE/Andreas Steidel

Mach mal Pause: Am Weinerlebnispfad in Obersulm-Affaltrach kann man obendrein auch noch etwas lernen

Fast immer ist die Strecke eben und gut asphaltiert, führt durch Fachwerkdörfer wie Sülzbach, vorbei an Wiesen, auf denen im Sommer Heu gewendet wird, hin zu alten Burgen, die auf Weinbergen thronen. Ist das da oben nicht die bekannte Ruine Weibertreu? Erhaben liegt sie über der Altstadt von Weinsberg, umzingelt von fächerförmig angeordneten Rebzeilen. Kaum eine Stadt in Deutschland besitzt so viele Rebflächen wie Heilbronn, die Hauptstadt des württembergischen Rotweins. 6000 Hektar gibt es im Heilbronner Land, und nicht wenige davon direkt um die Stadt. Einem Amphitheater gleich liegen sie über dem Zentrum.

Ruderer auf dem Neckar entlang der Reben-Steillagen am Ufer

MEIN LÄNDLE/Deutsches Weininstitut

Wein und Wasser: Ruderpartie entlang der Steillagen am württembergischen Neckarufer

Daheim beim Katzenbeißer …

In Heilbronn ist man auch gleich am Neckar und radelt auf einer schattigen Platanenallee am Wasser entlang. Das südlich der Stadt gelegene Naturschutzgebiet „Altneckar Horkheim“ nimmt den Radfahrer in seine Mitte. Dann Seitenwechsel! Hinüber nach Nordheim, wo nun wieder der Weinbau die Hauptrolle spielt. An einem steilen Hang steht ein kunstvoll verziertes Steinhäuschen. Es wird nicht ohne Grund „Weinbergschlössle“ genannt. Und dann ist es Zeit für eine Einkehr: Lauffen am Neckar bietet sich dafür an. In einer gemütlichen Gaststätte am Flussufer heißt es, Platz nehmen und einen Schluck probieren. Der Lauffener Katzenbeißer ist legendär, ein Rotwein oder Rosé, der hier überall ausgeschenkt wird und – maßvoll genossen – den Radler nicht gleich aus dem Sattel hebt.

Fachwerkhäuser in Besigheim

MEIN LÄNDLE/Deutsches Weininstitut

Fachwerk wie aus dem Bilderbuch: Besigheim gehört zu den vielen malerischen Weinorten entlang der Strecke

Der Radweg bis Stuttgart verläuft überwiegend flach. Er folgt dem Lauf des Neckars, führt in Marbach am Schillermuseum vorbei und in Besigheim an den berühmten Felsengärten, deren Name sich auf manchem Trollinger und Lemberger wiederfindet. Die Gegend zwischen Heilbronn und Ludwigsburg ist auch die Heimat des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss, der aus der Lemberger-Hochburg Brackenheim stammte und in seiner Dissertation den Wein als „König aller Getränke“ bezeichnete.

Video: Felsengartenkellerei Besigheim

Stuttgart: Großstadt mit eigenem Weingut

Auf königlichen Spuren unterwegs ist auch, wer dem Weinradweg durch die Landeshauptstadt folgt. Die Grabkapelle auf dem Württemberg thront inmitten ausgedehnter Weinberge. Unmittelbar darunter, im Ortsteil Uhlbach, wartet das Weinbaumuseum Stuttgart in der Alten Kelter auf Besucher. In Stuttgart ist der nächste Weinberg nie weit, es ist die einzige Großstadt Deutschlands, die ein eigenes städtisches Weingut besitzt.

„Schdurgert“ im Rücken, braucht der Radfahrer nun wieder etwas Kondition: Auf den Wegen durchs Remstal steigt das Gelände immer wieder an. Die Weine der Rems genießen längst überregionalen Ruf, die Rieslinge, die hier angebaut werden, finden sich auf den Speisekarten so mancher Sterne-Restaurants wieder.

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Das Prickeln in Esslingen

In Esslingen begegnet der Radler wieder dem Neckar sowie einer Stadt, in der es lohnt zu verweilen. Sie wird gesäumt von schönen Weinlagen unterhalb ihrer „Burg“, die in Wahrheit ein Stück pittoreske Stadtmauer ist. Die älteste Sektkellerei Deutschlands, Kessler, verarbeitet die Reben auch zu prickelnden Schaumweinen.

Alte Kelter in Metzingen

MEIN LÄNDLE/Public Domain/Wamito

Wahrzeichen: eine der sieben Keltern in Metzingen

Irgendwann ist der Fuß der Schwäbischen Alb erreicht. Ein ausführlicher Stopp lohnt sich in Metzingen. Das besteht nicht nur aus Outlet-Stores. Tatsächlich gehört die Stadt noch immer zu den bedeutendsten Weinbaugemeinden in Württemberg: Sieben historische Keltern stehen im Zentrum, ein denkmalgeschütztes Ensemble, zu dem auch ein sehenswertes Weinbaumuseum gehört.

Tübingen für Träumer

Dann führt der Weg noch einmal ein schönes Stück am Neckar entlang: Die alte Universitätsstadt Tübingen wartet mit ihren malerischen Häuserfronten und der Platanenallee.

Wurmlinger Kapelle auf der Anhöhe

MEIN LÄNDLE/Jörg Batschi

Die weithin sichtbare Wurmlinger Kapelle – bekannt durch das Uhland-Gedicht "Droben stehet die Kapelle, schauet still ins Tal herab ..."

Am Ende der Tour steht Rottenburg am Neckar, eine katholische Bischofsstadt im einst ganz protestantischen Württemberg. Früher einmal gehörte Rottenburg zu Vorderösterreich, zum Reich der Habsburger, und fiel erst 1805 an Württemberg. So ist der Weg durch die Württemberger Weinberge nicht nur eine Reise durch die vielfältigen Regionen des schwäbischen Weinbaus, sondern auch durch die wechselvolle Geschichte des Landes.

Karte vom Württemberger Weinradweg

MEIN LÄNDLE/PNG Datei

Karte zum Württemberger Weinradweg

Der Württemberger Weinradweg

Start: Niederstetten
Ziel: Rottenburg am Neckar
Gesamtstrecke: 353 km
Höhenmeter: 2070 m Aufstieg, 2030 m Abstieg
Fahrzeit: 5–8 Tagesetappen
Schwierigkeit: mittel bis ­anspruchsvoll

Weitere Infos finden Sie hier

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